Toller Band, steinalte Übersetzung
Wer Faulkner entdecken will, kann das mit seinen - neu aufgelegten - Meistererzählungen wunderbar tun. Der Wermutstropfen dabei: Die aus den 1950er-Jahren stammende Übersetzung trübt das Leseerlebnis doch sehr.
William Faulkner (1897 bis 1962) war vielen, vielen Autoren der Welt ein großes Vorbild; nicht zuletzt die Magischen Realisten Lateinamerikas, wie García Marquez, haben von ihm gelernt – wie eigentlich alle, die mit den Instrumenten der literarischen Moderne die Abgründe menschlichen Verhaltens sondierten und beschrieben.
Faulkner schuf zu diesem Zweck sein berühmtes erzählerisches Paralleluniversum, das fikitve Yoknapatawpha County, gestaltet nach der Gegend im Staat Mississippi, in der er aufgewachsen war und fast sein Leben lang blieb.
Hier spielen auch die Erzählungen in dem nun wieder neu aufgelegten Band; zwei davon hat Faulkner später in den Roman "Stadt" seiner "Snopes-Trilogie" integriert.
"Eine Rose für Emily", die Titelgeschichte aus dem Jahr 1930, bietet alles, was als typisch Faulkner gilt: Die staubige Kleinstadt, das Gerede und die Gedanken der Bewohner über eine einsame und unverständliche Person, den Niedergang einer großen Südstaaten-Familie, das versteckte, aber doch für alle irgendwie offenkundige sexuelle Leben einer Frau – und die verschachtelten, verschiedenen Zeitebenen, aus denen sich nach und nach das Ereignis zusammensetzen lässt.
Der ganze vorliegende "Emily"-Band ist eigentlich ein perfekter Einstieg in das nicht ganz einfache Unternehmen, Faulkner zu lesen. Versammelt sind hier sämtliche frühe Erzählungen, die Faulkner später in seinen preisgekrönten Band "Collected Stories" aufgenommen hat; und sie geben einen wunderbaren Einblick in die Yoknapatawpha-Welt: mit ihrer Atmosphäre des in Kleinstadtstraßen und unzugänglichen Häusern jahrzehntelang brütenden Wahns, mit den gebrochenen Mythen des "Großen alten Südens", mit der unerbittlichen emotionalen Logik ihrer Figuren. Die Wechselwirkung und die Widersprüchlichkeit zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen sozialen Rollen und eigenem Getriebensein hat kaum ein anderer Erzähler der Moderne so tiefgründig und vielschichtig gestaltet wie Faulkner.
Der Diogenes Verlag hat den 50. Todestag des Nobelpreisträgers zum Anlass genommen, wieder ein schön gestaltetes, handliches Büchlein auf den Markt zu bringen: eine wunderbare Gelegenheit, Faulkner wieder einmal neu zu entdecken. Aber die aus den 1950er Jahren stammende Übersetzung von Elisabeth Schnack mit ihrer ausgesprochen ungelenken Wiedergabe des schwarzen Slangs und der amerikanischen Umgangssprache trübt das Leseerlebnis entscheidend. Schade. Jammerschade.
Besprochen von Katharina Döbler
William Faulkner: Eine Rose für Emily und andere Meisterzählungen
Aus dem Englischen von Elisabeth Schnack
Diogenes, Zürich 2012
448 Seiten, 22,90 EUR
Faulkner schuf zu diesem Zweck sein berühmtes erzählerisches Paralleluniversum, das fikitve Yoknapatawpha County, gestaltet nach der Gegend im Staat Mississippi, in der er aufgewachsen war und fast sein Leben lang blieb.
Hier spielen auch die Erzählungen in dem nun wieder neu aufgelegten Band; zwei davon hat Faulkner später in den Roman "Stadt" seiner "Snopes-Trilogie" integriert.
"Eine Rose für Emily", die Titelgeschichte aus dem Jahr 1930, bietet alles, was als typisch Faulkner gilt: Die staubige Kleinstadt, das Gerede und die Gedanken der Bewohner über eine einsame und unverständliche Person, den Niedergang einer großen Südstaaten-Familie, das versteckte, aber doch für alle irgendwie offenkundige sexuelle Leben einer Frau – und die verschachtelten, verschiedenen Zeitebenen, aus denen sich nach und nach das Ereignis zusammensetzen lässt.
Der ganze vorliegende "Emily"-Band ist eigentlich ein perfekter Einstieg in das nicht ganz einfache Unternehmen, Faulkner zu lesen. Versammelt sind hier sämtliche frühe Erzählungen, die Faulkner später in seinen preisgekrönten Band "Collected Stories" aufgenommen hat; und sie geben einen wunderbaren Einblick in die Yoknapatawpha-Welt: mit ihrer Atmosphäre des in Kleinstadtstraßen und unzugänglichen Häusern jahrzehntelang brütenden Wahns, mit den gebrochenen Mythen des "Großen alten Südens", mit der unerbittlichen emotionalen Logik ihrer Figuren. Die Wechselwirkung und die Widersprüchlichkeit zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen sozialen Rollen und eigenem Getriebensein hat kaum ein anderer Erzähler der Moderne so tiefgründig und vielschichtig gestaltet wie Faulkner.
Der Diogenes Verlag hat den 50. Todestag des Nobelpreisträgers zum Anlass genommen, wieder ein schön gestaltetes, handliches Büchlein auf den Markt zu bringen: eine wunderbare Gelegenheit, Faulkner wieder einmal neu zu entdecken. Aber die aus den 1950er Jahren stammende Übersetzung von Elisabeth Schnack mit ihrer ausgesprochen ungelenken Wiedergabe des schwarzen Slangs und der amerikanischen Umgangssprache trübt das Leseerlebnis entscheidend. Schade. Jammerschade.
Besprochen von Katharina Döbler
William Faulkner: Eine Rose für Emily und andere Meisterzählungen
Aus dem Englischen von Elisabeth Schnack
Diogenes, Zürich 2012
448 Seiten, 22,90 EUR