Tomi Adeyemi, "Children of Blood and Bone. Goldener Zorn"
Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018
624 Seiten, 18,99 Euro
Fantasy mit politischer Botschaft
Die US-Autorin Tom Adeyemi gilt als Fantasy-Shooting Star. In "Children of Blood and Bone" will Teenagerin Zélie ihr Volk in einem Westafrika nachempfundenen Land retten. Ein Buch, in dem sich schwarze Teenager wiederfinden und das neue Perspektiven eröffnet.
Tomi Adeyemi ist der neue Star am Fantasy-Himmel. Ihr Debüt-Roman "Children of Blood and Bone" schoss in diesem Frühjahr sofort auf Platz Eins der Young Adult New-York-Times-Bestsellerliste. Der Film zum Buch ist schon in Arbeit, zwei weitere Bücher sollen folgen, um die in der Fantasy fast schon obligatorische Trilogie perfekt zu machen. Und das, obwohl die Amerikanerin mit nigerianischen Wurzeln gerade einmal 24 Jahre alt ist.
Standard-Ware nur auf den ersten Blick
Wie kommt es zu diesem Erfolg? Auf den ersten Blick scheint "Children of Blood and Bone" den Standard-Regeln des Genres zu folgen. Die Protagonistin ist der Teenager Zélie. Sie gehört den Maji an, einer Bevölkerungsgruppe, die eigentlich magische Fähigkeiten haben. Aber der König des Landes Orïsha hat fast alle Maji umgebracht und dabei ihre Magie zerstört. Die Überlebenden fristen ein Sklaven-Dasein. Als Zélie zufällig ein magisches Artefakt in die Hände fällt, hat sie die Chance, die Magie wieder zurückzubringen und alle Maji zu retten. Eine Heldenreise beginnt - die klassische Quest.
Der Unterschied ist nur: Diesmal ist der Held eine Heldin, diesmal sind, bis auf eine Ausnahme, alle Protagonisten schwarz. Das Ganze spielt auch nicht in einer Art mittelalterlichem Europa oder in den zeitgenössischen USA, sondern in einem Land, das von Westafrika inspiriert ist. Und sämtliche Gewalttaten, die den unterdrückten Maji widerfahren und die einem als weißem Leser auf den ersten Blick unrealistisch-dystopisch vorkommen, entspringen nicht etwa Adeyemis Fantasie, sondern sind reale Verbrechen, die exakt so an Schwarzen verübt wurden.
Ausdruck einer revolutionären Bewegung
Dieses Buch ist Teil einer revolutionären Bewegung, die wir gerade erleben: Junge Frauen wollen endlich die Rassismen, Sexismen und alten Privilegien im Literaturbetrieb, der Filmwirtschaft und der Gesellschaft überwinden und finden zum ersten Mal Gehör. Mit eine ungeheuren Kraft, abgeklärt wie eine Autorin, die seit Jahrzehnten Bestseller veröffentlicht, treibt Adeyemi ihre Geschichte vorwärts. Sie will schwarzen Teenagern endlich Lesestoff bieten, in dem sie sich wiederfinden, und weißen Teenagern eine neue Perspektive.
Es scheint, als habe Tomi Adeyemi sich ganz allein die Last der Black-Lives-Matter-Bewegung auf ihre jungen Schultern geladen. Wird sie dem Druck, den eine Bestseller-Trilogie mit sich bringt, tatsächlich Stand halten können? Nach etwas mehr als 400 Seiten kommt Zélie auf ihrer Reise kurz zur Ruhe. Als abgeklärter Fantasy-Leser will man das Buch schon fast zur Seite legen. Was soll noch kommen? Sie wird das Böse besiegen, die Magie zurückbringen, ihr Volk retten und nebenher noch ihre große Liebe kennenlernen – es ist schließlich ein Buch für Teenager. Ende gut, alles gut. Hatten wir das nicht alles schon mal?
Abgang mit Cliffhänger
Tomi Adeyemi weiß, wenn sie nicht ein großartiges Fantasy-Abenteuer liefert, dann werden ihre politischen Botschaften verpuffen. Also setzt sie zu einem Ende an, das mit den ungeschriebenen Gesetzen des Genres bricht. Nichts ist gut: Zentrale Charaktere gehen über Bord und der Leser wird mit einem starken Cliffhanger zurückgelassen.