Ein Unkonventioneller wird Ehrenlegionär
Kinderbücher, Werbeplakate, Erotisches − das Werk Tomi Ungerers ist wahrlich facettenreich. Besichtigen kann man es am besten im Musée Tomi Ungerer in Straßburg. In der Stadt im Elsass wurde der 86-Jährige geboren, der heute zum "Kommandanten der Ehrenlegion" ernannt wird.
Die Haltestelle der Straßenbahn trägt seinen Namen, seit 2011 heißt sie "République - Tomi Ungerer". Direkt vor der alten Villa Greiner im deutschen Kaiserviertel, die das Musée Tomi Ungerer beherbergt, hält die Tram. Hinter dem verschnörkelten Eisentor, an der Seite der Villa, führt ein geschwungener Steg über den mit Moos und Efeu bewachsenen, verwunschen wirkenden Vorgarten zu einer kleinen Tür.
Schon der Eingang zum Musée Tomi Ungerer ist so unkonventionell wie das Museum selbst. Auf drei relativ kleinen, verwinkelten Etagen kann der Besucher die Vielfältigkeit des Künstlers Tomi Ungerer entdecken: von der erotischen Satire über Illustrationen für Bilderbücher bis hin zu seinen Werbeplakaten:
"Die Räume dieser Villa sind uns sehr entgegengekommen", sagt Kuratorin Thérèse Willer.
"Sie tragen dazu bei, dass das Museum sehr intim ist. Damit die Zeichnungen wirken, ist dieser kleine, gemütliche Rahmen wichtig. Das ist anders als bei berühmten Gemälden, die in großen Museen hängen."
Zu viel für einen Besuch
Ungerer selbst ist es wichtig, dass seine Werke angeschaut und nicht nur zur Kenntnis genommen werden. Der nachfolgende Ratschlag aus dem Flyer für den ersten Besuch könnte deshalb auch gut vom Künstler selbst stammen:
"Bei Ihrem ersten Rundgang sollten Sie bei den Werken verweilen, die Sie besonders ansprechen. Man kann nicht alles ansehen!"
"Ich habe die Anleitung aufgemacht und gefunden: Mann, ihr seid so toll. Die Anweisung, schau dir das genau an und schau, wie es gemacht ist, fand ich toll", erzählt die Schweizer Besucherin Madeleine. Sie steht im Erdgeschoss des Museums vor einem Bild aus Tomi Ungerers berühmtestem Kinderbuch "Die drei Räuber".
Diese komplette Etage ist Tomis Helden gewidmet, seinen Zeichnungen und Illustrationen für Bilderbücher. Bilder aus "Zeraldas Riese" oder aus dem großen Liederbuch hängen an den weißen Wänden:
"Wir haben versucht, das Werk von Tomi Ungerer so zu inszenieren, dass es für die Besucher leicht zugänglich ist, nicht so, dass es sie erschlägt. Deshalb hatten wir die Idee, das ganze Museum weiß zu streichen. Denn auf dem Weiß erstrahlen die Farben der Zeichnungen."
Plakatwerbung für Bonduelle-Dosengemüse
Das gesamte Museum ist in diffuses Licht getaucht. Vor den Fenstern sind die Jalousien heruntergelassen. Aus dem einfachen Grund, die Originalzeichnungen vor dem Sonnenlicht zu schützen.
Jede der drei Etagen widmet sich einer Facette von Tomi Ungerer. Im Keller, den man mit dem Aufzug erreicht und der so auch für Familien mit Kindern leicht zu umgehen ist, hängen die oft derben erotischen Satirezeichnungen, Originale aus "Babylon" oder dem "Kamasutra der Frösche". Im ersten Stock Ungerers Werbeplakate: Plakatkampagnen für die New York Times oder auch die Straßburger Stadtwerke.
"Er hat auch Karriere als Werbezeichner gemacht. In Deutschland wurde er damit vor allem in den 70er-Jahren bekannt. Da hat er die Plakate für das Dosengemüse von Bonduelle gezeichnet. Allerdings nur für Bonduelle Deutschland."
Die Kuratorin Thérèse Willer kennt fast jede der 14.000 Zeichnungen, die Tomi Ungerer der Stadt Straßburg für das Museum geschenkt hat, und sie kennt Tomi Ungerer seit über 40 Jahren. Von Zeit zu Zeit schaut er auch selbst in seinem Museum vorbei, dann, wenn er aus seiner Wahlheimat Irland auf Besuch in seiner Geburtsstadt Straßburg ist.