Die Stimmen der Welt
Vor exakt 100 Jahren, am 27. Oktober 1915, wurde die Königlich Preußische Phonographische Kommission unter strengster Geheimhaltung gegründet. Von diesem Zeitpunkt an nahmen deutsche Wissenschaftler in Brandenburger Kriegsgefangenenlagern die Sprache und die Musik verschiedenster Ethnien auf.
"Hier ist sozusagen Forschung pragmatisiert worden. Sonst musste man um die Welt reisen, sehr viel Geld, sehr viel Zeit, sehr viel Logistik aufwenden. All das war natürlich nicht einfach. Im ersten Weltkrieg in Deutschland dann bedeutend einfacher als um die Welt zu reisen."
Vor exakt 100 Jahren, am 27. Oktober 1915, wurde die Königlich Preußische Phonographische Kommission unter strengster Geheimhaltung gegründet. Von diesem Zeitpunkt an nahmen deutsche Wissenschaftler in brandenburger Kriegsgefangenenlagern die Sprache und die Musik verschiedenster Ethnien auf. Der berliner Sprachwissenschaftler Wilhelm Doegen träumte von einem Museum der Stimmen der Völker, die deutschen Militärs vom Einsatz von Kolonialtruppen in Europa. Geblieben ist eine einzigartige akustische Sammlung vieler Kulturen der Welt. Und Spuren der Biographien sind heute noch auffindbar. Susanne Arlt nahm sich des interessanten Themas an.
Das ist Jasbahadur Rai. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme ist er gerade mal 23 Jahre alt. Jasbahadur Rai stammt aus Indien, genauer gesagt aus der Provinz Darjeeling. Er ist ein Gurkha - ein nepalesischer Soldat im Dienst der britischen Armee.
"Jeder Regentropfen fällt in das überlaufende Meer. Wir kamen auf Befehl der Briten nach Deutschland. Hört, hört, nun hört, wir kamen auf Befehl der Briten. Drei Wasserströme in einem Dorf in Nepal. Wasser fließt ohne Pause. Wir sterben nicht, aber selbst lebendig leben wir nicht. Die Seele schreit auf."
Sensibel und schmerzerfüllt
Die Gurkhas gelten als hartgesotten, als furchtlos und geschickt. Angeblich ziehen sie in jeden Krieg mit dem Schlachtruf: Lieber sterben, als ein Feigling sein. Doch was der 23-jährige an diesem heißen Sommertag im Juni 1916 in den Schalltrichter des Aufnahmegeräts der Phongraphischen Kommission spricht, klingt nicht furchtlos. Schon gar nicht hartgesotten. Es klingt sensibel und schmerzerfüllt.
Der Zehrensdorfer Ehrenfriedhof in Wünsdorf liegt gut 40 Kilometer südlich von Berlin. Die Kriegsgräberstätte wirkt auf den ersten Blick wie eine von vielen. Ein grüner Metallzaun umschließt das Gelände. Mächtige Buchen, Kiefern und Kastanien wachen über die Toten.
In der Mitte des Ehrenfriedhofs befindet sich eine kleine Anhöhe. Ein schmaler Kiesweg führt hinauf, eine drei Meter hohe, sechseckige Bronze-Stele ragt aus der Erde. Hunderte Namen wurden in das Metall eingraviert. Menschen, die im ersten Weltkrieg hier ihr Leben verloren. Dabei ist Zehrensdorf nie Kriegsschauplatz gewesen. Die Fronten verliefen viel weiter östlich und westlich. Unter den Toten sind kaum deutsche, dafür indische und vor allem afrikanische Namen. Bura Gang Singh, Mohamed Jeffer Ullah, Mohamed Allahelad.
"Hier auf diesem Friedhof sind noch einige wenige Zehrensdorfer begraben, ansonsten aber über 900 Kriegsgefangene, die während des ersten Weltkriegs hier in den beiden großen Gefangenenlagern, Halbmondlager, Weinberglager untergebracht waren und die in dieser Zeit gestorben sind. Also Tataren, Araber und Inder."
"Ich unterstütze die Feinde meines Feindes"
Sagt Heike Liebau. Die Wissenschaftlerin arbeitet am "Zentrum Moderner Orient" in Berlin, lebt aber in Zossen. Dort und im benachbarten Wünsdorf ließen die Deutschen im Ersten Weltkrieg zwei große Gefangenenlager errichten. Vorzugsweise für muslimische Kolonialsoldaten, erzählt Heike Liebau. Es waren aber auch Inder, Sikhs, Hindus und vereinzelt auch Christen interniert. Die Deutschen wollten sie umdrehen. Sie dazu bewegen, sich auf ihre Seite, die Seite des Feindes zu schlagen. Ihre Gegner - Franzosen, Briten, Russen und Belgier - schickten die Kolonialsoldaten gerne als Kanonenfutter an die vorderste Front. Viele von ihnen kamen um. Überlebende wurden in Kriegsgefangenlager gebracht. Im Deutsche Reich gab es etwa 175 dieser Lager. Den beiden in Wünsdorf und Zossen kam eine besondere Bedeutung zu, hier sollte Propaganda gemacht werden.
"Deshalb auch die Moschee, die in der heutigen Moscheestraße hier gestanden hat. Die als Moschee für die Kriegsgefangenen gedient hat zur Religionsausübung. Aber eben auch als Vorzeigeobjekt, um nach außen zu demonstrieren, erstens die Gefangenen hier gut behandelt wurden, dass sie die Möglichkeit hatten, ihre Religion auszuüben und nach innen, um Gefangene auch zu überzeugen, die Seiten zu wechseln und für die Deutschen zu kämpfen."
Im Herbst 2015 schallte der Ruf des Muezzin fünf Mal am Tag durch die Mark Brandenburg. Den Einwohnern in Wünsdorf und Zossen blieb nichts anderes übrig als sich daran zu gewöhnen. Schließlich sollte die so genannte Revolutionsstrategie der Deutschen Erfolg haben. Sie sah vor, langfristig Aufstände in den kolonialen Gebieten der Gegner zu schüren.
"Das Schema war immer, ich unterstütze die Feinde meines Feindes."
Die inhaftierten Männer gehörten den verschiedensten Ethnien an. Sie stammten aus Afrika, Asien und Ozeanien - und weckten darum nicht nur das Interesse deutscher Militärpropagandisten. Sprachwissenschaftler, Musikforscher, Ethnologen und Anthropologen witterten Morgenluft, sahen in ihnen und eine willkommene Alternative zur klassischen Feldforschung. Auf Betreiben des Sprachwissenschaftlers Wilhelm Doegen setzte das Preußische Kultusministerium vor 100 Jahren die "Königliche Preussische Phonographische Kommission" ein. Aufgabe des 30-köpigen Gremiums: Sprachen, Dialekte und Gesänge fremder Völker systematisch auf Lautplatten aufzunehmen. So wie die des 23-jährigen Gurkha-Kämpfers Jasbahadur Rai.
"Hier ist sozusagen Forschung pragmatisiert worden. Sonst musste man um die Welt reisen, sehr viel Geld, sehr viel Zeit, sehr viel Logistik aufwenden. All das war natürlich nicht einfach. Im ersten Weltkrieg in Deutschland dann bedeutend einfacher als um die Welt zu reisen. Ich denke nicht verkennen darf man, dass daran auch bestimmte Karriereabsichten gebunden waren auf Seiten der deutschen Wissenschaftler. Nicht zuletzt Wilhelm Doegen wird sich davon einen enormen Prestigezugewinn versprochen haben."
Wilhelm Doegen wollte ein Stimmenmuseum schaffen. Eine vollständige Sammlung aller Sprachen und Dialekte der Welt. Die Gefangenen mussten den deutschen Wissenschaftlern Lieder aus ihrer Heimat vorsingen, Gedichte oder selbstgeschrieben Geschichten vortragen, Märchen erzählen oder einfach nur das Alphabet aufsagen oder eine Zahlenreihe in ihrer Landessprache. Als Kulturwissenschaftlerin Britta Lange zum ersten Mal eine der Aufnahmen hörte, hatte sie das Gefühl, jemand spricht zu ihr. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit den unter Zwang und in Gefangenschaft entstandenen Tondokumenten. Die Kommission hatte zwar geplant, für alle Aufnahmen eine schriftliche Dokumentation zu gewährleisten, doch bei den meisten ist sie nicht vorhanden.
"Auf ganz vielen Schellackplatten steht Erzählungen, und eine Erzählung kann eigentlich alles sein. Es kann eine traditionelle Erzählung sein, es kann eine biographische Erzählung sein und das war ja die große Überraschung an dem Archiv, dass eben autobiographische Erzählungen drin sind. Ob die nun wahr sind oder nicht, das ist eine völlig andere Frage."
Auch eine bengalische Tierfabel ist archiviert
Britta Lange hat vor allem über die indischen Gefangenen geforscht. In ihren Erzählungen sucht sie immer auch nach Persönlichem. Und findet es, wenn auch zufällig.
So die Geschichte von der Möwe. Es ist eine der wenigen bengalischen Aufnahmen. Anfangs dachte sie, es muss sich um eine Tierfabel handeln. Als sie die Geschichte von der Möwe übersetzen ließ, war die Überraschung groß. Der 50-jährige Mohammed Hossin, ein Sikh aus Kalkutta hatte anderes im Sinn, als er am zweiten Februar 1918 im Wünsdorfer Lager in den Grammophontrichter sprach:
"Hört, ihr Seeleute. Wir sind in Gefahr. Im Jahr 1916, Sonntag, 16. Januar abends um 7 Uhr erschien ein deutscher Kreuzer mit dem Namen Möwe längsseits, grüßte durch das Megaphon und fragte: Wie ist der Name eures Schiffes?"
"Und dann stellte sich eben raus, dass das eine Aufnahme ist von einem officers boy, also einem Adjutant, der auf einem britischen Schiff mitgefahren ist. Und dieses Schiff wurde von dem deutschen Kriegskreuzer Möwe angegriffen."
"Als Captain Oliver erfuhr, dass es sich um einen deutschen Kreuzer handelte, ließ er zwei Salven Kanonenschüsse auf den Kreuzer abfeuern. Der unter Beschuss genommene Kreuzer schoss fünf Kanonenkugeln zurück."
"Die gesamte Mannschaft wurde dann gefangen genommen, auf die Möwe überführt und von der Möwe ins Deutsche Reich als Kriegsgefangene gebracht."
"Wir sagten, wir seien Muslime aus Indien, aber dass wir nur eines wünschten. Wir möchten zurück nach Indien."
"Das war tatsächlich eine wahnsinnige Überraschung und auch die Erkenntnis, dass in diesen Aufnahmen des Archivs tatsächlich auch zeithistorische Berichte drin sind. Wie viele wissen wir nicht, aber es sind welche da und das sind natürlich unglaubliche Zeugnisse für eine Geschichte zum ersten Weltkrieg, die nicht als solche aufgenommen worden sind."
Ob dies den Wissenschaftlern der Kommission bekannt war, sie geflissentlich darüber hinweg-gehört haben, weil sie sich nur für die bengalische Phonetik interessierten, lässt sich heute schwer sagen. In den Texten der Wissenschaftler lassen sich auch nur sehr versteckt Hinweise finden, dass ihnen die Umstände der Aufnahmen durchaus bewusst waren.
"Das findet sich in den offiziellen Quellen nicht. Und wenn man sich überlegt, dass diese Form der Forschung in Lagern auch eine Vorgeschichte haben, nämlich die Forschung in Kolonialgefängnissen, dann ist auch klar warum diese Kriegsgefangenenumstände nicht unbedingt wert waren, aus moralischer oder ethischer Sicht thematisiert zu werden. Weil es einfach eine Tradition der wissenschaftlichen Forschung in Lagern gab, die als legitim galt."
Die Arbeit der Wissenschaftler der Phonographischen Kommission endete mit der Niederlage des Ersten Weltkriegs. Die letzte Aufnahme entstand im Dezember 1918, mehr als einen Monat nach Kriegsende. Am Ende hatten Wilhelm Doegen und seine Kommission 1.650 Grammophon-Platten mit Sprachaufnahmen und 1.030 Wachswalzen mit Musik-, Gesangs- und Instrumentalproben gesammelt. Darauf waren mehr als 200 Sprachen und Dialekte gebannt. Stimmen von Kolonialsoldaten aus 30 deutschen Kriegsgefangenenlagern.
Auf der letzten Aufnahme ist Kedi Bangura aus Guinea zu hören - und ein unbekannter Souffleur, der dem Analphabeten den Text zuflüstert. Zwei Jahre später wurde die Kommission aufgelöst. Die Aufnahmen wurden in die neu geschaffene Lautabteilung an der Preußischen Staatsbibliothek überführt. Später gingen sie an die Humboldt-Universität über, fristete dort ab den 50er Jahren ein Schattendasein. Erst in den 90er Jahren wurde diese sensible Sammlung wiederentdeckt.
Das Lautarchiv der Humboldt-Universität in Berlin-Mitte liegt versteckt im Hinterhof des Musikwissenschaftlichen Seminars. Im Seitenflügel führt eine schmale Holztreppe hinauf in den ersten Stock. In dem schmalen, langgestreckten Raum stehen an der rechten Wand grüne Metallschränke. Darin lagern die kostbaren, einzigartigen Schellack-Sprachaufnahmen. Auch die von Mohammed Hossin oder Jasbahadur Rai.
Zehntausende starben an Typhus, Tuberkulose oder Mangelernährung
Kulturwissenschaftlerin Irene Hilden betreut die Sammlung stundenweise.
"Es gibt hier den Schrank mit den Aufnahmen und darin befindet sich auch die Aufnahme ... hier, das ist die Schellackplatte."
"Akustische Quellen sind sehr rar und sehr persönlich und dadurch so interessant für mich."
Die 26-jährige hat ihre Masterarbeit über die Aufnahmen aus deutschen Kriegsgefangenenlagern während des ersten Weltkriegs geschrieben. Die Phonographische Kommission sei ziemlich akribisch vorgegangen, erzählt sie. Vor jeder Aufnahme wurde ein Personalbogen ausgefüllt, der Auskunft gab über die Herkunft und den sozialen Hintergrund des Sprechers. So erfahren wir über Mohammed Hossin, dass er schon mit zehn Jahren zur See fuhr, davor eine bengalische Volksschule besucht hatte und darum lesen und schreiben kann. Er spricht Bengali und Hindustani und versteht etwas Englisch, steht auf seinem Bogen mit der Nummer 1150. Und er gehörte dem Volksstamm der Sikh an.
"Was an diesen Personalbögen interessant ist, ist das Urteil des Fachmanns. Und hier steht, leise schwache Stimme mit geringer Konsonanz. Und das ist der Wissenschaftler zu dem ich auch geforscht habe, Dr. Lüders und eben der Aufnahmeleiter Wilhelm Doegen."
Es sind vor allem diese Personalbögen, die erahnen lassen, in welcher Atmosphäre die Aufnahmen entstanden sind. Ganz sicher nicht auf Augenhöhe. Auch wenn die Kolonialsoldaten ihre Religion in den Moschee in Wünsdorf und Zossen frei ausüben konnten, Sport treiben und sich künstlerisch betätigen durften, so blieben sie doch Gefangenen. Zehntausende starben in der Fremde. An Typhus, Tuberkulose oder Mangelernährung. Irene Hilden hat sich in ihrer Masterarbeit vor allem mit nepalesischen Aufnahmen beschäftigt. Als sie den Nachlass des Indologen Heinrich Lüders durchforstete, wurde sie auf ein Lied aufmerksam mit dem Titel: Gefangenenklage.
"Unsere Jugend ist dahin gegangen, indem wir in den Drahtzäunen wohnten. Wird der abgehauene larikuri an dem Gartenhaus wieder ausschlagen oder nicht? Der abgehauene Zweig schlägt wieder aus; das Herz schlägt nicht wieder aus. ... Und das lässt sich natürlich auf die Situation in den Kriegsgefangenenlagern übertragen. Auch wenn das trotzdem meine heutige subjektive Interpretation bleibt, aber ich muss bei Drahtzäunen natürlich an ein Gefangenenlager denken."
Zum Zeitpunkt der Aufnahme ist Him Bahadur 31 Jahre alt. Fast zehn Jahre älter als Jasbahadur Rai, der furchtlose, sensible Kämpfer aus Darjeeling. Vielleicht kannten sich die zwei Männer. Sie waren beide im Wünsdorfer Lager interniert, hatten als Gurkha-Soldaten an der Seite der Briten gekämpft. Doch am Ende trennte sie ihr unterschiedliches Schicksal in der Fremde.
"Jetzt sind wir auf dem indischen Friedhof in Zehrensdorf, das ist ein spezieller Teil des Zehrendorfer Friedhofs, in dem die Gräber der hier Gestorbenen südasiatischen Gefangenen sind. Das sind über 200 Grabsteine."
Muslime, Hindus, Sikhs liegen begraben
Auf der gepflegten Rasenfläche stehen vier lange Grabsteinreihen, wie weiße Dominosteine. Es sind Nachbildungen. Nach fast 100 Jahren waren die ursprünglichen steinernen Male zu verwittert. Auf jeder Tafel sind Name und Todestag eines indischen Soldaten eingraviert. Darüber prangt das Emblem seiner Einheit. Die indische Armee hatte über 160.000 ausgebildete Soldaten. Muslime, Hindus, Sikhs liegen hier begraben. Diesen Teil des Zehrensdorfer Ehrenfriedhofs betritt man durch ein weißes Portal, getragen links und rechts von zwei Säulen. In eine ist ein kleines Kästchen eingelassen.
Ein Hefter hält die Zettel zusammen. Die Namen der hier verstorbenen Inder wurden fein säuberlich notiert. Liegt hier vielleicht eine vertraute Stimme begraben? Heike Liebau glaubt nicht, ihr Zeigefinger wandert langsam über die Listen, plötzlich hält sie inne.
"Hier, der hier Moment, Jasbahadur Rai war das nicht der? 3. Januar 1917. Na das ist ja interessant... Sollen wir mal abschreiten? Also ich glaube hier hinten sind eher muslimische."
Die Wissenschaftlerin packt die Neugier. Langsam schreitet sie die Gräberreihen ab, beugt sich zu jedem weißen Stein hinab. Nach wenigen Minuten hat sie das Grab von Jasbahadur Rai entdeckt.
"This hindu soldier oft the indian army is honored here. Also das ist hier der Grabstein Jasbahadur Rai. Gestorben am 3. Januar 1917, Angehöriger des 8. Gurkha-Regiments."
Mehr erfahren wir über diesen jungen Mann leider nicht. Auch nicht unter welchen Umständen er gestorben ist. Und doch ist etwas sehr Persönliches von ihm bis heute erhalten geblieben. Seine anklagende, schmerzerfüllte Stimme.
"Der Ausbruch des Kriegs im 14. Jahr, die Welt ist schockiert bei diesem Ereignis. Es war Sommer damals und auch die Stimmung war erhitzt. Ich möchte nicht in Europa leben, bitte bringt mich nach Indien. Wir nutzen dem König von Belgien nicht, weder lebendig noch tot."
Erzählungen wie diese gehen unter die Haut. Wie viele solcher zeithistorischer Berichte sich noch in den grünen Metallschränken im Lautarchiv befinden, ist unklar. Für weitere Forschungen fehlt derzeit das Geld. Dabei hat das Thema durchaus Relevanz. In Wünsdorf wird gerade ein Containerdorf errichtet. Nicht für Kriegsgefangene. Aber die 1.700 Flüchtlinge, die hier in der neuen Erstaufnahmeeinrichtung Unterkunft finden sollen, kommen ebenfalls nicht freiwillig. Heike Liebau findet jedenfalls.
"Ich finde es wichtig, dass man darüber spricht, dass man denen erzählt, dass hier vor 100 Jahren schon mal Menschen aus Regionen, aus denen teilweise die Flüchtlinge ja heute auch kommen, untergebracht waren. Damals aber als Gefangene des Deutschen Reiches und heute als Menschen, die vor Terror, Gewalt und Krieg fliehen und hier Hilfe suchen. Das hat schon Symbolkraft."