Filme, die Hoffnung machen

Was kommt, wenn nichts mehr geht?

05:47 Minuten
Filmszene mit ELLAR COLTRANE als Mason in Boyhood von Richard Linklater. Der Film erzählt das Leben eines jungen Mannes, Mason, im Alter von 5 bis 18 Jahren, der buchstäblich auf der Leinwand vor unseren Augen erwachsen wird.
Eine radikal einfache Geschichte: Ellar Coltrane spielt Mason in "Boyhood" von Richard Linklater. © imago / ZUMA Wire / IFC Films
Von Hartwig Tegeler |
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Kino muss auch Trost und Hoffnung spenden. Viele Filmemacher haben sich diese Botschaft zu eigen gemacht. Kein plattes Happy End ist gemeint, sondern etwas, das in die Zukunft weist. Filme, wie geschaffen für die Pandemie. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt.
In Zeiten wie diesen muss der Film viel leisten. Die Leute sind daheim oder mit Abstand im Kino. So richtig viel geht nicht. Die Zeiten von Corona sind trübe - wie auch die Hoffnung. Was einem bleibt, ist der Glaube an ein "Danach". Mindestens fünf Filme helfen dabei, die Hoffnung winken zu sehen.

Platz 5 – „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin (1940)

Diese Satire über den Nationalsozialismus gipfelt in der Propagandarede eines Goebbels-Verschnitts, durch die – von heute aus gesehen – die Sprache zeitgenössischer Rechtsradikaler durchscheint: "Begriff wie 'Demokratie', 'Gleichheit' und 'Freiheit' sind nur dazu da, um das Volk zu betrügen."
Doch Charlie Chaplin als kleiner Friseur, mit dem Diktator Hynkel verwechselt, steht nun vor dem Mikrofon, um die Einwohner des überfallenden Nachbarlandes auf ihr demokratiefreies Leben einzunorden. Seine Rede beginnt zaghaft, wird dann zum flammenden Appell: "Ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe ist unser Dasein nicht lebenswert. Die Männer, die heute die Menschlichkeit mit Füßen treten, werden nicht immer da sein. Ihre Grausamkeit stirbt mit ihnen. Und auch ihr Hass."
Es bleibt die Hoffnung, dass der kleine Mann den grausamen Herrscher mit Zivilcourage und entlarvendem Witz besiegt. Chaplins „Der große Diktator“ spielte auch einen wichtigen Beitrag für den Kriegseintritt der USA gegen Nazi-Deutschland. Das ist keine "andere Geschichte".

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Platz 4 – „Mr. Deeds geht in die Stadt“ von Frank Capra (1936)

Ein Millionenerbe ist so enttäuscht von seiner großen Liebe, dass er sein Vermögen an arbeitslose Bauern verschenken will. Bei der anschließenden Gerichtsverhandlung, in der sein Wahnsinn bescheinigt werden soll, holt Gary Cooper alias Longfellow Deeds aus: "Und ich finde, die Burschen, die es bis nach oben schaffen, sollen mal anhalten und denen helfen, die es nicht schaffen.“
Der "Mr. Deeds geht in die Stadt"-Film ist gedreht in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre. Roosevelt will mit dem New Deal das Land wieder aus der Depression führen. Frank Capra erzählt vom einfachen Mann, der darauf beharrt, dass Menschlichkeit nicht zur Disposition steht. Capra war immer davon überzeugt, dass die Menschen das Recht haben, im Kino auch Hoffnung zu schöpfen.

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Platz 3 - „Das Piano“ von Jane Campion (1993)

Wenn das Leid, durch das sie gegangen ist, vollendet ist, dann darf ein gutes Ende kommen. Ja, wir akzeptieren es. Ada (Holly Hunter) landet mit ihrer Tochter in Neuseeland, von ihrem Vater mit einem Briten verheiratet. Doch sie wird sich voller Verzweiflung, Lust und Glück dem Nachbarn George (Harvey Keitel) zuwenden, sie wird einen Finger verlieren, den ihr ihr Ehemann abhackt, aber schließlich werden sie, ihre Tochter und George Neuseeland verlassen.
Von dem Piano, von dem Ada will, dass die Männer es ins Meer werfen, wird sie auch in die Tiefe gezogen, bis sie bereit ist, wieder aufzutauchen: "Mein Wille hat sich für das Leben entschieden!" Ada, stumm, Pianistin, sensibel, sinnlich, hat am Ende ihrer Heldinnenreise zu einer großen inneren Ruhe gefunden. Was für eine Hoffnung: im Anderssein ganz zu werden.

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Platz 2 - „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ von Steven Spielberg (1977)

Am Ende landen die Aliens als Emanationen unserer Sorgen und Ängste, Wünsche und Träume oder Albträume. Begegnung findet statt, der kleine Junge, den sie für eine Weile entführt hatten, ist traurig, dass sie wieder wegfliegen. Aber die Außerirdischen nehmen auf ihrer interstellaren Reise ein paar von uns mit. Einer von ihnen ist der Elektriker Roy Neary (Richard Dreyfuss), dem François Truffaut als leitender Wissenschaftler hinterherruft: "Monsieur Neary, ich beneide sie."
Die Hoffnung, episch inszeniert wie große Oper im Finale von "Unheimliche Begegnung", liegt darin, dass die Kommunikation mit dem Unbekannten, dem Fremden, den anderen gelingt und gelingen kann. Größer gehts nicht. Oder?

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Platz 1 – „Boyhood“ von Richard Linklater (2014)

Es geht viel größer und radikal einfacher in dieser Geschichte vom Jungen, der heranwächst. Zwölf Jahre hat Richard Linklater mit denselben Schauspielern immer wieder Szenen gedreht. Vom kleinen Jungen, der im Gras liegt, bis zum Achtzehnjährigen, der das Zuhause verlässt. Die Mutter hat Tränen in den Augen. Im Big-Bend-Nationalpark sitzt Mason mit einer Freundin auf einem Felsen. Sie reflektieren über die Zeit, ihr unabänderliches Vergehen.
"Ja, ich weiß, es ist unveränderlich. Der Moment, das ist doch immer genau das Hier und Jetzt.“ Das tatsächlich zu leben, diesen Moment beinhaltet die Hoffnung, irgendwann an diesen Punkt von Glück zu kommen. In der Einfachheit dieser letzten Bilder von "Boyhood" liegt eine übermächtige Magie.

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