Caroline Fetscher ist Redakteurin des Berliner "Tagesspiegel". Zu ihren Themen gehören gesellschaftliche Debatten in den Bereichen Kultur und Politik, insbesondere Menschenrechte und Kinderschutz.
Themen im Schatten der Aufmerksamkeit
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Jedes Jahr wählt die "Initiative Nachrichtenaufklärung" aus, welche Themen in den Medien am stärksten vernachlässigt wurden. Auf den ersten Platz kam das Freihandelsabkommen der EU mit Japan, das auch unser Studiogast Caroline Fetscher nicht im Blick hatte.
Das Freihandelsabkommen der EU mit Japan gehört zu den Themen, die aus Sicht der "Initiative Nachrichtenaufklärung" in den Medien stark vernachlässigt wurden. Eine Jury aus Wissenschaftlern und Journalisten wählte das zu Beginn des Monats in Kraft getretene Jefta-Abkommen zur wichtigsten "vergessenen Nachricht" des Jahres.
Sie habe die Abkürzung Jefta auch nicht sofort zuordnen können, sagte unser Studiogast, die Tagesspiegel-Journalistin Caroline Fetscher im Deutschlandfunk Kultur. "Es ist offenbar nicht so politisiert worden", sagte sie. Das Wort Freihandel klinge auch erst einmal schön. "Klingt ja nach Offenheit und Austausch, großen Häfen und Flughäfen." Es könne auch sein, dass es in Tokio nicht so viele japanisch sprechende Auslandskorrespondenten gebe.
Mahlstrom der Nachrichten
Sie beobachte als Journalistin über die Jahrzehnte, dass es "Megathemen" gebe, die über Wochen alles dominierten, sagte Fetscher. "Alle rennen hinter diesen Megathemen her." Sie würden oft viel größer gemacht, als sie seien. "Unter dem Mahlstrom dieser Nachrichten, da werden so ein paar kleinere oder weniger wichtiger erscheinende Nachrichten zermahlen, zerrieben."
Falsche Medikamente für Senioren
Auf Platz zwei der Liste, die die Initiative gemeinsam mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks vorgestellt hat, steht die Sammlung von Fluggastdaten bei Reisen in der Europäischen Union. Als weiteres vernachlässigtes Thema wird eine falsche Medikation vieler Senioren genannt. Fetscher sagte dazu, ein Arzt in ihrem Bekanntenkreis habe bei seiner alten Mutter dreiviertel aller Medikamente weggeräumt, die sie aus Gewohnheit immer noch verschrieben bekommen habe. Dabei war die ursprüngliche Diagnose längst nicht mehr gegeben. Es wäre ihrer Ansicht nach wichtig, dass Hausärzte eine geriatrische Fortbildung machten, sagte die Journalistin.
Die Initiative Nachrichtenaufklärung ruft die Öffentlichkeit auch für das laufende Jahr auf, Themen vorzuschlagen, über die in den Medien unzureichend berichtet wird. Die Liste der diesjährigen vernachlässigten Themen finden Sie hier:
(gem)