Tornados in den USA

Stürmische Zeiten

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Um Wetterextreme besser vorhersagen zu können, sucht das "National Weather Center" nach neuen Wegen © picture alliance / dpa
Von Andreas Horchler |
In Oklahoma wüten das ganze Jahr Tornados. Das "National Weather Center" sucht jetzt nach Wegen, Wetterextreme besser vorhersagen zu können. Denn der Klimawandel kommt nicht, er ist längst im Gange.
Norman, Oklahoma, das "National Weather Center". 6. Stockwerk. Ein halbrunder Konferenzraum, Teppichboden, Farbe nicht definierbar, halbrundes Panzerglas. Der Blick geht nach Süden und Südwesten, in die Prärie, ein paar Kühe, schwarze Ölpumpen mitten in den Feldern, dahinter eine Ahnung der Arbuckle Mountains, die zum Red River hinab fallen, zur Grenze nach Texas. Die Gegend hier hat einen Spitznamen: Tornado Alley. Die Sturmgasse. Hier weht immer Wind, dann ist es heiß und trocken, dann bitter kalt. Warum leben Menschen in diesem unwirtlichen Land?
Tornados wüten das ganze Jahr in diesem rauen Land. Jerry Brotzge, Direktor des Zentrums für Analyse und Vorhersage von Stürmen an der Universität von Oklahoma ist begeistert.
"Das ist das Mekka für Tornados und große Stürme, das ist, warum wir hier sind und das Labor ist genau hier draußen."
Immer, wenn es eine Sturmwarnung gibt, versammeln sich Meteorologen, Physiker, Mathematiker, die in Norman versuchen, den Stürmen wissenschaftlich auf die Schliche zu kommen, hier oben. Alle wollen die berüchtigten Windstrudel sehen, wenn sie über das Land rollen, wenn sie Felder verwüsten, Bäume entwurzeln, Autos in die Luft wirbeln, Häuser zerstören.
US-Präsident Barack Obama hält eine Rede im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington.
"Wir müssen uns davon verabschieden, Umweltkatastrophen als Phänomen der Zukunft zu betrachten", so Obama.© dpa picture alliance / Olivier Douliery
Der nationale Klimabericht von Barack Obama aus dem fernen Washington wird in Norman mit höchstem Interesse verfolgt. Denn der Präsident macht klar: Der Klimawandel ist kein Thema der Zukunft, sondern der Gegenwart:
"Die traurige Wahrheit ist: Auch, wenn wir gegen den Klimawandel vorgehen, hat sich Verschmutzung unserer Atmosphäre durch Kohlenstoff jahrzehntelang aufgebaut. Der Planet wird sich langsam und für eine lange Zeit aufwärmen. Wir müssen damit beginnen, uns auf sie vorzubereiten, sie vorherzusehen, eine neue Infrastruktur zu errichten, neue Pläne zu entwickeln, die Grundlage neu bemessen, auf der sich unser Handeln begründet."
Obamas Klima-Schwerpunkt ist nicht nur eine Trendwende weg von Kohlekraftwerken, emissionsintensiver Industrie und spritfressenden Autos auf Amerikas Straßen, sondern besonders auch die technische Seite: Wie kann sich Amerika auf Dürren, sintflutartige Regenfälle, steigende Meeresspiegel, die durch schmelzendes Eis vor allem am Südpol alles bis her errechnete in den Schatten stellen könnten und Stürme, die das Land immer häufiger heimsuchen, einstellen?
Die Wissenschaftler, Politiker und Interessensvertreter, übrigens auch aus der Ölindustrie, warnen für amerikanische Verhältnisse erstaunlich laut: Eine Klimagesetzgebung muss her, der langjährige CO2-Weltmeister USA muss seine Emissionen drastisch reduzieren, die Beweise für die Folgen des Klimawandels sind erdrückend.
Aber Obama ist in der Zwickmühle. Der Präsident hat keine parlamentarische Mehrheit. Nach wie vor tingeln selbst ernannte Klimarealisten wie Marc Morano durch die konservativen Talkshows und streiten ab, was längst nicht mehr zu leugnen ist.
"Es besteht die Frage nach dem Einfluss von CO2 auf das Wetter und auf den Klimawandel. Wenn wir uns nun den geologischen Bericht anschauen, hatten wir wärmere Perioden mit niedrigerem CO2 und wir hatten kältere Perioden mit höherem CO2 Gehalt. Das ist nicht gefährlich. Sehen Sie: Schlecht-Wetter Perioden passieren ständig und dann sagen die Leute, hier ist schlechtes Wetter, ein weiterer Beweis, doch Tatsache ist, dass seit den 1950er-Jahren die großen Tornados weniger geworden sind, wir erleben gerade die längste Periode ohne Hurricanes der Kategorie 3 in den USA. Außerdem hat eine neu veröffentlichte Studie in der Zeitschrift 'Nature' gezeigt, dass es keine Veränderung der Trockenheit in den USA in den letzten 50 Jahren gegeben hat. Punkt."
Jobs zählen mehr als Klimaschutz
Leute wie Morano finden immer noch Gehör. Viele Amerikaner wollen nicht auf ihren stinkenden Pick-up verzichten und denken, der Strom kommt aus der Steckdose.
Obama muss nicht nur das übliche Kreuzfeuer der Republikaner ertragen, sondern auch Senatoren und Kongressabgeordnete aus der eigenen, Partei bei Laune halten, die bei den Zwischenwahlen im November für demokratische Mehrheiten sorgen sollen. Und in den Bundesstaaten und Wahlbezirken zählt die Währung Jobs, eben auch Jobs in Kohle und -Frackingrevieren, weit mehr als Klimaschutz.
Der Präsident selbst präsentiert sich janusköpfig, macht die Klimapolitik zur Chefsache und lobt, manchmal in ein und derselben Rede, den Segen der neuen Methoden bei der Ausbeutung fossiler Brennstoffe. Bleibt nur: Was nicht verhindert werden kann, muss bekämpft werden.
Professor Berrien Moore III; der sich als Erdwissenschaftler bezeichnet, kommt auch in den sechsten Stock in Norman, wenn sich ein Tornado bildet. Der Direktor des Nationalen Wetterzentrums hatte im letzten Jahrzehnt das Abschlusskapitel des dritten Weltklimaberichts geschrieben und zusammen mit weiteren Wissenschaftlern und dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore den Friedensnobelpreis erhalten. Es geht dem Klima -und Wetterexperten nicht darum, mögliche letzte Zweifel am Zusammenhang von Wetterereignissen und Klimawandel auszuräumen, sondern vielmehr darum, Muster zu erkennen.
"Können wir den Supersturm Sandy mit dem Klimawandel in Verbindung bringen, können wir den vergangenen kalten Winter mit der globalen Erwärmung erklären? Das wäre ja interessant ... Wir wissen jedenfalls, dass sich die Muster beim Wetter verändern. Wir haben die Kausalitäten noch nicht beieinander, aber wir wissen mit Sicherheit, dass die durchschnittlichen Temperaturen Jahrzehnt für Jahrzehnt steigen. Heißt das, es wird jedes Jahr gleichmäßig wärmer? Natürlich nicht! Es wird Unterschiede geben. Und die Wetter-Muster werden einiges darüber zeigen, wie komplex die Angelegenheit ist."
Was nicht verhindert werden kann, muss bekämpft werden. Wenn Amerika einen praktischen Ansatz beim Umgang mit dem Klimawandel finden will, ist Oklahoma das Labor, ein Ort der Dürre, ein Ort der verheerenden Stürme.
"Die Dämmerung kam, aber kein Tag. Am grauen Himmel erschien eine rote Sonne, ein blasser roter Kreis, der etwas Licht spendete, wie eine Dämmerung. Und als der Tag voranschritt, wandelte sich die Dämmerung wieder in Dunkelheit, und der Wind weinte und winselte über dem gefallenen Mais."
Die ärmsten Landstriche Nordamerikas
John Steinbeck beschrieb in seinem Roman "Die Früchte des Zorns" den Exodus verarmter Farmer von Oklahoma über die Berge der Rocky Mountains nach Kalifornien. Die Jahre der "dust bowl" hatten die Ernte mit den Staubtürmen im gesamten Mittleren Westen über Jahre vernichtet, es fiel kein Regen. Bauern wurden enteignet und waren materiell am Ende. Die Helden von Steinbeck. Einige Gegenden Oklahomas gehören bis heute zu den ärmsten Landstrichen Nordamerikas. Weil es hier immer noch Stürme, Dürren und manchmal auch Fluten gibt.
Kein Wunder, dass die Meteorologie einen enormen Stellenwert hat. Chris Fiebrich versucht seit vielen Jahren, das Wetter von Oklahoma in den Griff zu bekommen. Zusammen mit seinen Kollegen hat er MESONET auf den Weg gebracht, ein engmaschiges Netzwerk von Messstationen, das ständig Daten in die Zentrale nach Norman sendet.
"Jeder Turm im ganzen Staat ist identisch. Es sind zehn Meter hohe Türme. Am Boden fangen wir damit an, die Feuchtigkeit zu messen in der Tiefe von 5, 25 und 60 Zentimetern unter der Oberfläche. Wenn man dann höher kommt, bei einer Höhe von 1,5 Metern, messen wir die relative Feuchtigkeit, Sonnenstrahlung, Luftdruck und wenn wir dann noch höher kommen, in einer Höhe von neun Metern, messen wir die Windgeschwindigkeit, die Windrichtung und die Böen."
Auf genau diese Daten kommt es bei der Vorhersage von Stürmen an. Spricht das Nationale Wetterzentrum eine Warnung aus, begeben sich Leute wie Brett Adair auf die Straße. Brett ist "Storm Chaser". Er versucht, dem Tornado so nah wie möglich zu kommen, Messungen durchzuführen, Erste Hilfe zu leisten. Ende April 2014 fuhr er nach Mayflower, Arkansas. Eine Front von F-3 Tornados mit Windgeschwindigkeiten weit Jenseits der 200 Stundenkilometer hatte das Grenzgebiet zwischen Arkansas und Oklahoma heimgesucht.
Es gibt mehrere Viertel, die völlig zerstört sind, meldete er in die Zentrale. Viele davon waren Wohnwagen-Siedlungen. Die wurden herumgewirbelt und brachen auseinander, meldete Brett im Wetterkanal.
Tornados bilden sich schnell. Oft wechselt ein Sturm den anderen ab. Der Schaden hier ist heftig, sagt Adair. Es sieht leider so aus, als würden wir es später mit noch mehr zu tun bekommen. Der Stormchaser behielt Recht. Eine gewaltige Serie von Tornados richtete bis Anfang Mai Milliardenschäden an. Das Messsystem Mesonet aus Oklahoma ist ein ziemlicher Erfolg. Zusammen mit mathematischen Modellen und Radardaten bringen gerade die Oberflächenmessungen einen großen Vorteil, wenn Chris Fiebrichs Team mit der schwierigen Aufgabe zu tun haben, das Wetter richtig zu interpretieren. Gerade bei großen Stürmen geht es um Minuten. Und ganz nebenbei kann das System auch noch vor anderen Ereignissen warnen.
Blick auf einen Tornado in der Nähe von Sount Plains in Texas (12.05.2005).
Tornado in Texas© picture alliance / dpa / DB Cloud9-Tours
"Ich erinnere mich an große Tornados, zum Beispiel am 3. Mai 1999, da gab es Situationen, in denen unsere geschulten Notfallmanager Notarztwagen umleiten konnten, sodass sie nicht in noch schlimmeres Wetter gerieten, das war ein gutes Beispiel für die Wichtigkeit der Daten. Ein anderes Beispiel sind die Trockenperioden in Oklahoma der letzten Jahre mit vielen Feuern. Es ist immer schwer zu sagen, wie viele Leben man rettet, denn man kann das Ereignis nicht wiederholen, ohne bestimmte Entscheidungen getroffen zu haben, oder auch, wie viel Geld man gespart hat. Aber im Bezug auf das Feuer - wir hatten große Feuer in Texas und in Oklahoma - die Feuer in Texas haben Millionen gekostet, die in Oklahoma weniger, ich denke, wegen der richtigen Entscheidungen ..."
Mesonet ist nicht die einzige Innovation aus Oklahoma. Chefingenieur Redmond Kelley nimmt mich mit in den Prototypen des Phased array-Radar. Eine enge Metalltonne, außen mit flachen Radarantennen gespickt, innen High Tech pur. Redmond ist die Kletterei in dem engen Kessel gewöhnt, bei mir löst der Aufenthalt im phased Array eher Platzangst aus.
Alles hier ist Handarbeit, die Leitungen, die Verbindungen von den glitzernden Antennen draußen zu den Rechnerterminals im Inneren, der Trailer.
"Redmond Kelley erklärt: Normalerweise hat man beim Wetterradar diese 7 1/2 Meter-Schüssel. Für jedes einzelne Pixel der Radarkarte müssen sie diese Schüssel auf den jeweiligen Messpunkt richten. Das dauert ziemlich lang, fünf Minuten für einen frischen Scan. In fünf Minuten kann eine Menge passieren. Eine ganze Stadt kann in fünf Minuten zerstört sein. Phased array ermöglicht einen elektronischen Scan und viel schnellere Update-Zeiten."
Das neue Gerät ist mobil, flexibel und schnell. Das "National Weather Center" hofft, genauere und frühere Vorhersagen für Tornados und Starkregen zu erreichen und damit in Zukunft Leben zu retten. Bei allen technischen Innovationen: Die richtigen Klimaentscheidungen hat Amerika noch nicht getroffen. Das riesige Land verfügt über menschenleere, windreiche Ebenen und sonnenreiche Wüsten. Trotzdem: Der amerikanische Energie-Informationsdienst rechnet mit einem Windstromanteil von 4,5 Prozent im Jahr 2015, die Sonne liefert 0,5 Prozent. Eine amerikanische Energiewende findet also zumindest vorläufig nicht statt. Erdwissenschaftler Berrien Moore hat die Hoffnung auf den Abschied vom fossilen Zeitalter noch nicht aufgegeben.
"Wir wissen einfach nicht, wie wir das anstellen sollen. Das bedeutet nicht: Wir können es nicht machen. Es gibt eine Menge Dinge, von denen wir nicht wussten, wie wir sie erreichen und haben es doch geschafft. Wir sind zum Mond geflogen. Wir wussten nicht, wie das geht. Aber das wird ein massives soziales und technisches Entwicklungsproblem von höchstem Rang. Im Moment stupsen wir das nur an, wir spielen mit dem Problem. Wir entwickeln ein paar Wohlfühltechnologien. In den USA haben wir zum Beispiel Mais-Ethanol, eine der dümmsten Ideen! Das hat nicht den geringsten Sinn, verbraucht eine Menge Energie und gibt uns ein gutes Gefühl. Aber es fühlt sich nur so an, als könnte es recycelt werden, stimmt aber nicht. Wir müssen uns zuerst überlegen, wie wir von der Kohle wegkommen. Wir erheben keinen Preis für Kohlenstoff, also ist Kohle zu billig, wenn wir die Emissionen einbeziehen. Wir müssen auf Solar - und Windenergie umstellen."
Dabei hatte sich Präsident Obama zu Beginn seiner zweiten Amtszeit kämpferisch gegeben und gesagt.
"Manche mögen immer noch das Urteil der Wissenschaften ignorieren, aber keiner kann die verheerenden Auswirkungen von Feuern und Trockenheit und immer stärkeren Stürmen wegreden."
Und hatte prompt Klimawandel-Leugner wie den Fox-Kommentator Charles Krauthammer auf den Plan gerufen.
"Die Modelle ändern sich doch ständig, wetterte er. Wir haben Probleme damit vorherzusagen, wie das Klima am Samstag wird. Die Behauptung, was in 30, 40 Jahren passieren wird, gehört zum ältesten Aberglauben. Das steht schon im Alten Testament, das ist Bestandteil des Regentanzes der amerikanischen Ureinwohner nach dem Motto: Wenn Du sündigst, geht die Sonne nicht auf."
Die Klimadebatte in den USA wird so geführt wie fast jede andere politische Debatte auch: unversöhnlich! Das war nicht immer so, sagt Berrien Moore. Er findet: Parteipolitik hat beim Klimaschutz nichts verloren:
"Wir haben in den 90er-Jahren einen bedeutenden Fehler gemacht, als wir die Co2-Frage zu einer politischen Debatte gemacht haben. Vor dieser Zeit war das eine ziemlich überparteiliche Angelegenheit. Die Verordnung zur Forschung über globale Veränderungen wurde unter Ronald Reagan entworfen und von George Bush als Gesetz verabschiedet. Aber während der Clinton-Regierung, vielleicht deshalb, weil der Vizepräsident das Thema so emotional besetzte, wurde daraus eine Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern. Die Demokraten warnten vor dem Klimawandel, Republikaner ignorierten ihn. Vor dieser Zeit war das nicht so. Wir beginnen gerade damit, das rückgängig zu machen. Der Klimawandel ist eine wissenschaftliche, eine soziale Angelegenheit, im herkömmlichen Sinn ist er nicht eine Sache der Politik."
Der Blick des renommierten Wissenschaftlers Berrien Moore aus Oklahoma ist ein anderer. Hören die Politiker im US-Kapitol und im Weißen Haus überhaupt den Rat der Wissenschaftler, die in ihrem umfangreichen fünften Weltklimabericht auf 2000 Seiten dargelegt haben, dass es in puncto Klimawandel keinen Mangel an Erkenntnis, wohl aber ein Defizit beim Handeln gibt?
"Nein, ich denke, das tun sie nicht! Und doch: Der Rat schlauer Wissenschaftler wird in Chicago gehört, in San Francisco, LA, Denver. Er wird bei Google gehört, bei IBM. Er wird deutlich in der Energiewirtschaft gehört, zum Beispiel bei Shell. Die verstehen das Problem. Wir verlassen das Stadium des Leugnens. Ich denke, die politischen Führer, besonders in den Bundesstaaten und Gemeinden, aber auch die Geschäftsleute, kapieren es. Und sie überlegen: Wie gehen wir damit um. Was wird unser Platz sein? Und ich bin mir sicher, viele denken, dass Veränderung Chancen bietet. Können wir Teil der Lösung des Problems sein? Können wir etwas daran verdienen? Am Ende ist ja auch Geld grün!"
Ehrgeizige Klimaziele in Gesetze geschrieben
Klimaschutz als Wirtschaftsmodell? Das könnte ein Ausweg für ein Land mit geringer Steuerquote und niedrigen öffentlichen Investitionen sein. Der Tesla, ein Elektroauto aus Kalifornien, hat Kultstatus. Einzelne Bundesstaaten haben ehrgeizige Klimaziele in ihre Gesetze geschrieben, Farmer entscheiden sich für Windparks statt Weizen. Für einen echten ökonomischen Impuls aber werden Öl, Gas und Kohle wohl noch um einiges teurer werden.
Bis dahin wird es am Atlantik wohl noch mehr tödliche Hurrikanes geben. Bis dahin werden noch größere Landstriche im Südwesten wegen anhaltender Trockenheit zur Wüste. Bis dahin werden Sturmfluten und Dauerregen Menschen im Süden ihren Wohnsitz kosten. Bis dahin werden die Wissenschaftler im amerikanischen Klima-Versuchslabor Oklahoma weiter versuchen, Hitze, Regen und vor allem die heimtückischen Tornados besser und schneller vorherzusagen.
Der Forschungsansatz in Norman, Oklahoma, der die Wetterinstitute verbindet: Big Data, unablässiges Sammeln und Verwerten von Daten, die von Satelliten stammen können, von Radarstationen, von Schulen, wie Jerry Brotzge beschreibt.
"Tornados bilden sich in einem so kleinen Maßstab, dass man eine Menge Daten benötigt, um den Sturm zu überwachen bevor der Tornado erscheint. Eines der Projekte, das wir zurzeit verfolgen, ist die Verknüpfung von Wetterradaren mit Oberflächen-Netzwerken und wir finden dabei folgendes heraus. Es gibt hier in den USA ein Unternehmen namens 'Earth Networks', das Wettersensoren an Schulen unterhält. Wenn wir diese Daten in unseren numerischen Modellen mit berücksichtigen, können wir die Vorhersagbarkeit von Tornados verbessern, indem wir den Einfluss der Luft messen, der während eines Gewitters einströmt und schließlich den Tornado produziert. Wenn wir also diese Schulhof-Daten mitverwenden, können wir die großen Tornados vorhersagen."
Unsere Kinder sollen nicht in einem Amerika leben, das durch die zerstörerischen Kräfte eines immer wärmeren Planeten bedroht wird. Das hatte Barack Obama nach seiner Wiederwahl 2013 bei der Rede zur Lage der Nation gesagt. Umweltschützer horchten auf, hofften, der Präsident würde dort wieder anknüpfen, wo er nach seiner ersten Wahl 2008 gestartet war: Bei einem klaren Bekenntnis zu einer beherzten Klimapolitik mit einem allmählichen Abschied von fossilen Brennstoffen, mit einer grünen Joboffensive.
Aber dann kamen Wirtschaftskrise und Rezession und begruben die hochfahrenden Pläne wie eine Lawine unter sich. Die ursprüngliche Ablehnung der Keystone XL-Pipeline der Koch-Brüder ist leiser geworden, Öl aus schmutzigem Teersand, Fracking-Erdgas und Öl sollen Amerika unabhängig von Energieimporten machen. Mehr als das: Fossile Energieträger könnten in wenigen Jahren ein Exportschlager werden.
In Norman, Oklahoma, im sechsten Stockwerk des "National Weather Center", wird vor dem halbrunden Panzerglas, das den Blick in die weite Ebene der südlichen Prärie freigibt, in Zukunft wohl noch häufiger Hochbetrieb herrschen. Immer dann, wenn die sich die Wetterforscher versammeln, um einen faszinierenden, brutalen Tornado zu beobachten.
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