Spiele ohne Wettbewerb
Nach außen glänzen Venedig und Cannes - allerdings nicht mehr so sehr mit Stars. Denn die gehen zunehmend nach Toronto. Das Filmfestival dort hat sich zum wichtigsten Umschlagplatz für Verleiher und Filmbranche entwickelt.
Los geht’s heute Abend mit David Dobkins "The Judge", einem hochkarätig besetzten Familiendrama um einen erfolgreichen Anwalt, der in seine Heimatstadt zurückkehrt, da sein Vater, ein ehemaliger Richter, des Mordes angeklagt ist.
Robert Downey Jr., Robert Duvall und Billy Bob Thornton spielen mit in "The Judge" – und sie werden einige der Stars sein, die heute Abend in Toronto über den Roten Teppich promenieren. "The Judge", der im Oktober auch bei uns in den Kinos anläuft, gehört zu der Schar der Filme, die sich in Toronto in Position bringen für das beginnende Oscar-Rennen. In Toronto gibt es, anders als Cannes, Venedig oder Berlin, keinen Wettbewerb. Der wichtigste Preis hier ist der Publikumspreis. Im letzten Jahr lag Steve McQueens Sklavendrama "12 Years A Slave" vorne in der Gunst des Publikums – und gewann dann drei Oscars.
Für die Filmfirmen ist Toronto preiswerter als Venedig
In Toronto trifft sich die Branche, die Dichte an Stars ist hoch, für die Filmfirmen ist es preiswerter, ihre Stars aus Hollywood nach Kanada zu fliegen statt einmal über den Ozean nach Venedig, der großen, eine Woche vorher stattfindenden Festival-Konkurrenz. Und Toronto, dieses mit 38 Jahren vergleichsweise junge Festival, will sein Profil als wichtigstes Branchentreffen weiterhin schärfen und hat in diesem Jahr eine neue Richtlinie eingeführt: In den ersten vier Tagen des Festivals werden nur Weltpremieren gezeigt.
Festivals gewinnen immer mehr an Bedeutung, erklärt Festivaldirektor Piers Handling den Schritt. Und wir wollten damit Klarheit schaffen – für die Medien, die Filmindustrie und das Publikum.
393 Filme werden in zehn Tagen gezeigt
Und so ist das erste Wochenende noch gedrängter als in den Jahren zuvor. Es ist schwer zu entscheiden, ob man jetzt den letzten Film mit James Gandolfini sehen sollte, "The Drop", Bill Murrays Auftritt als übellauniger und trinkfreudiger Rentner in St. Vincent oder Michael Winterbottoms neuen Film "The Face of an Angel" über den Fall Amanda Knox.
Die Zahl der Filme, die in zehn Tagen zu sehen ist, steigt immer weiter – mittlerweile sind es 393. Einen derartigen Überblick über die sowohl kommerziell als auch künstlerisch wichtigen Filme der kommenden Saison bietet – neben Cannes – wohl kein anderes Festival.