Torsten Schäfer: „Wasserpfade"

Große Natur am kleinen Fluss

05:20 Minuten
Zu sehen ist das Cover des Buches "Wasserpfade" von Torsten Schäfer.
Ein Blick auf den Fluss Modau in Hessen: "Wasserpfade" von Torsten Schäfer. © Oekom / Deutschlandradio
Von Günther Wessel |
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Die Modau ist ein 44 Kilometer langer Fluss in Hessen. Ein eher unscheinbares Flüsschen, wie es viele gibt. Doch schaut man wie Torsten Schäfer genauer hin, ist die Modau voller Naturwunder, aber auch Problemen.
Torsten Schäfer ist Journalist und lehrt seit 2013 an der Hochschule Darmstadt. Er stammt aus Hessen und ist eng mit der dortigen Natur verbunden. Eine Nähe, die sich schon in der Kindheit entwickelte: bei Säuberungen der mit Müll verschmutzen Bäche, beim Sammeln von Vogelfedern, der Zucht von Schnecken, der Bestimmung von Tieren und deren Spuren bei Ausflügen.

Lebendige, präzise Reportage

Vielleicht hat er sich dabei das detaillierte Hinschauen angewöhnt, das durch Reportagereisen geschult wurde und sich in einer präzisen und lebendigen Sprache niederschlägt. In seinem Buch "Wasserpfade" folgt Schäfer dem Lauf der Modau von der Quelle bis zur Mündung, wandert immer wieder an ihm entlang, sitzt am Ufer, beobachtet und spricht mit den Flussanrainern.
Die Modau ist mit ihren 44 Kilometern Länge und einem Einzugsgebiet von 205 Quadratkilometern einer von Tausenden kleinen Flüssen in Deutschland. Ein typischer: eingesperrt durch Uferbefestigungen, begradigt durch Beton, planbar gemacht durch Stauwehre, früher hochgradig mit Industriegiften belastet. Heute oft verschlammt und wegen der Landwirtschaft überdüngt.
Kein Paradies für Fische, auch wenn Forellenbestände scheinbar etwas anderes sagen: Die Wehre hindern die Fische an ihrer Wanderung, wo sich Schlamm ablagert, können Forellen oder Äschen nicht leben, aber auch keine Insekten wie die Steinfliegenlarve, die Fischen als Futter dient. Nur frei fließende Flüsse schaffen Kiesablagerungen, an denen das Wasser sauerstoffreich ist.

Vom Kleinen aufs Große kommen

Schäfer war in überwiegend in den trockenen Sommern 2018 und 2019 unterwegs. Er trifft auf Teiche, die zusehends verlanden, auf Quellen, die versiegen, läuft durch Wälder, die unter Trockenheit leiden, sieht von Pilzen befallene uralte Buchen, die gefällt werden müssen, kommt in Gemeinden, die Rasensprengverbote erlassen, und spricht mit Bauern, die klagen, dass sie heute 50 Meter tief nach Wasser bohren müssen.
Der Autor kennt, benennt und erläutert all die Umweltgefahren. Aber er belässt es dabei nicht. Torsten Schäfer sucht und findet gleichzeitig Schönheit und Poesie in der Natur: murmelnde, klare Bäche, duftendes Moos, kreisende Raubvögel, knarzige Baumriesen.

Augen öffnende Lektüre

Der Journalist will den Fluss fühlen, etwas über ihn erfahren lernen und gleichzeitig mit ihm verbunden sein. Die Natur als Kraftquell, auch mit spiritueller Bedeutung. Dieses Erspüren der Natur, diese Verbindung mit ihr sei die beste Voraussetzung, der Umwelt wie auch ihren Problemen zu begegnen, so das Fazit der 288 Seiten.
Man muss Torsten Schäfer nicht in allem folgen, wird aber beim nächsten Ausflug die kleinen Flüsse und Bäche mit anderen Augen sehen – ihre Schönheit, ihre Empfindsamkeit und ihre Gefährdung.

Torsten Schäfer: "Wasserpfade. Streifzüge an heimischen Ufern"
Oekom Verlag, München 2021
288 Seiten, 24 Euro

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