Hollywood liegt in Spanien
Vor Jahrzehnten wurde eine ganze Reihe von Spaghetti-Western in der Wüstenregion rund um Almeria gedreht, auch Teile des Klassikers "Lawrence von Arabien" oder "Der Schuh des Manitu" entstanden dort im Südosten Spaniens. Bis heute profitiert die strukturschwache Region vom Western-Kult der Kino-Fans.
Schroffe Hänge und Schluchten. Sand und Staub. Glühende Hitze und vertrocknete Sträucher. Man fühlt sich an Arizona erinnert oder an New Mexico - mitten in Europa, im Südosten Spaniens. Deswegen waren die nur 25 Kilometer von der Hafenstadt Algeciras entfernt liegende Wüste von Tabernas und kleine Dörfer der Gegend der perfekte Drehort für Sergio Leone und seine "Dollar-Trilogie" - und das Filmteam ein Segen für viele Menschen, die in der kargen Gegend lebten:
"Ja, klar, unser Dorf hier hat sehr davon profitiert, dass Sergio Leone es in den 60ern entdeckt hat. In 'Für ein paar Dollar mehr' ist es ein mexikanisches Dorf namens Aguacalientes."
Western-Style in Spanien
In Wirklichkeit heißt es Los Albaricoques, doch Manuel hält die Erinnerung an damals wach: Vor seinem kleinen Hotel steht eine Western-Postkutsche, innen hängen Plakate und Fotos an den Wänden:
"Das sind alles Leute aus dem Dorf, die bei dem Film mitgemacht haben, da ist meine Mutter, und auf dem Foto in einem anderen Film."
Manuel bietet sogar geführte Touren an, zeigt den Gästen, wo welche Szenen gedreht wurden - die entscheidenden Schauplätze sehen heute noch fast genauso aus, wie vor 50 Jahren.
"Das hier ist die Stelle, an der Clint Eastwood ins Dorf reitet, um den anderen seinen Mut zu demonstrieren. Und da spielte die Szene, in der sich Lee Van Cleef und Clint Eastwood begegnen - Lee Van Cleef stand in der Tür dort. Und dann hier: vier Kugeln schlagen ein, Clint Eastwood geht in Deckung hinter der Tür des Friseurs."
Nicht nur Spaghetti-Western
Aber nicht nur Spaghetti-Western wurden rund um Almeria gedreht - auch andere bekannte Filme wie zum Beispiel "Der Schuh des Manitu", "Indiana Jones" oder "Lawrence von Arabien". Und gerade erst war Ridley Scott hier, um Szenen für seinen neuen Film über den Auszug der Juden aus Ägypten zu drehen. Die Arbeitslosigkeit in der Region ist extrem hoch, deswegen hofften viele, eine Statistenrolle in "Exodus" zu bekommen:
"Die ersten kamen schon morgens um eins, um sich vor dem Büro anzustellen, morgens um acht waren es bestimmt 3000 bis 4000. Am Eingang musste man das Hemd ablegen und erst mal den Bauch zeigen. Wenn man durch gewunken wurde, musste man ein Formular ausfüllen und seine email Adresse angeben, dann ging es weiter zum Fotografieren. Und am Ende der Prozedur stand man in einer Menge halbnackter Leute, die sich wieder anzogen. Nicht rasieren bis Ende September, hieß es dann noch."
Am meisten profitierten Hoteliers, Wirte und Handwerker
Nach dem Casting hörte Nacho nie wieder etwas, aber mehrere tausend hatten Glück und bekamen einen Statistenjob - für 80 Euro pro Tag. Am meisten aber profitierten Hoteliers, Wirte, Spediteure und Handwerker - insgesamt sollen der Dreh der Gegend rund vier Millionen Euro gebracht haben.
Inzwischen ist der "Exodus"-Dreh schon wieder Teil der regionalen Kino-Geschichte, kaum noch etwas erinnert an die Dreharbeiten. Die Spaghetti-Western dagegen haben sichtbare Spuren hinterlassen, mehrere Kulissen sind heute Touristenattraktionen, wo sogar Western-Stuntshows geboten werden, mit erschossenen Banditen, die von Hausdächern fallen. Dass die Leute bis heute kommen, hat viel mit Sergio Leone zu tun, sagt Hotelier Manuel, und mit der Musik von Enno Morricone:
"Ja, es kommen auch viele echte Fans, die die Filme damals nicht im Kino gesehen haben - und ich glaube, dass es die Musik von Enno Morricone ist, die die jungen Leute dazu bringt, sich für die Western-Geschichten zu interessieren."