Tourismus und Corona

Wann werden wir wieder reisen – und wie?

53:28 Minuten
Blick vom Meer aus auf ein Dorf mit bunt bemalten Häusern.
Neue Eindrücke, um lebendig zu bleiben: Das Reisen hilft den Menschen, sich zu erholen. © Image Images / Matej Kastelic
Moderation: Annette Riedel |
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Zu Ostern verreisen trotz Corona. Das wird schwierig. Vielleicht klappt es mit dem Sommerurlaub. Viele Menschen leiden unter den Reiseeinschränkungen, die Tourismusindustrie erst recht. Wird bald alles wie einst? Oder wollen wir künftig anders reisen?
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung spendet Zuversicht: Im Sommer dürften Urlaubsreisen auch ins Ausland problemlos möglich sein, sagt Thomas Bareiß. Denn dann seien voraussichtlich genügend Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Vielleicht hilft auch der geplante europäische Impfpass.

Urlaub ist kein Luxusproblem

Die pandemiebedingten Reisebeschränkungen zerren am kollektiven Nervenkostüm des langjährigen Reiseweltmeisters Deutschland. Das sei "eine sehr große Deprivationserfahrung", sagt die Psychologin Martina Zschocke. Denn der Mensch brauche Reize und auch den Tapetenwechsel, um lebendig zu bleiben. Urlaub zu machen sei kein Luxusproblem, sondern wichtig für die psychische Gesundheit, pflichtet ihr Ellen Madeker vom Deutschen Reiseverband bei.
Die Tourismusindustrie kämpft ums Überleben: Reisebüros, Fluglinien, Hoteliers – wer nicht am Tropf des Staats hängt, dem geht es schlecht. Aus Sicht der stark mittelständisch geprägten deutschen Touristikwirtschaft beklagt Ellen Madeker, "dass die Politik leider noch nicht wirklich über Öffnungsstrategien sprechen möchte".
Auch für viele Länder des globalen Südens ist das ein großes Problem, für die der Tourismus eine Haupteinnahmequelle ist. Die dort wegbrechenden Arbeitsplätze seien durch Umschulungen nicht zu ersetzen, meint Antje Monshausen von "Brot für die Welt". Darum sei wichtig, wenn die Touristen wiederkämen: "Die Jobs müssen im Endeffekt besser werden, so dass die Leute auch wirklich von den Jobs leben können."

"Die Menschen werden vom Tourismus zum Reisen kommen"

Wann können wir wieder reisen? Und wie? Wird alles so wie früher, wenn die Pandemie erst einmal eingedämmt ist? Mit Billigfliegern in alle Ecken der Welt jetten? Mit Massentourismus? "Die Menschen werden vom Tourismus zum Reisen kommen", vermutet die Tourismus-Ökonomin Claudia Brözel, weg vom pauschalen Massentourismus hin zum individuelleren Reisen, auch in bisher weniger angesagte Gegenden.
Doch könnte der Nachholbedarf beim Reisen, den so viele verspüren, zu "Overtourism" führen, zur Überlastung beliebter Reiseziele. Traditionell völlig überlaufene Destinationen wie Venedig oder Barcelona atmen derzeit auf, beobachtet Martina Zschocke. Damit das so bleibe, arbeite etwa Venedig gerade an einem digitalen Besuchermanagement für die Lagunenstadt, ergänzt Claudia Brözel.
Hat der Lockdown unser Verhältnis zum Reisen verändert? Geht der Trend nun zu Naherholung statt Fernreisen, Camping statt All-Inclusive? Werden wir bewusster reisen, vielleicht auch nachhaltiger? Mit mehr Sinn für den Klimaschutz und die Bedingungen, unter denen Tourismus in ärmeren Ländern stattfindet? Antje Monshausen von "Brot für die Welt" sieht zumindest die Chance, dass sich der Tourismus auch in den Ländern des globalen Südens auf ein besseres, breiteres Fundament stellt.
(pag)

Es diskutieren:
Prof. Claudia Brözel, Tourismus-Ökonomin, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Prof. Martina Zschocke, Freizeitverhaltens-Psychologin, Hochschule Zittau/Görlitz
Dr. Ellen Madeker, Leiterin Strategie und Politische Kommunikation, Deutscher Reiseverband
Antje Monshausen, Leiterin der Arbeitsstelle Tourism Watch bei "Brot für die Welt"

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