Die Parlamentswahlen in den Niederlanden am 15. März sorgen für Unruhe und Besorgnis, denn viele fragen sich: Was, wenn die Rechten gewinnen? Und dabei reden wir nicht nur von Wilders' "Partei für die Freiheit" PVV, die mit den Rechtsliberalen von Premierminister Mark Rutte etwa gleichauf liegt. Fakt ist: Den etablierten Parteien laufen die Wähler davon. Die Sozialdemokraten, Ruttes Koalitionspartner, könnten sogar 75 Prozent ihrer Sitze verlieren. Kerstin Schweighöfer über die Etablierten, die Wilders Triumph fürchten:
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Viel Grün und viele rechte Wähler
Vor 40 Jahren wurde sie am Reißbrett entworfen, um die Wohnungsnot zu lindern. Heute gilt die niederländische Stadt Almere nordöstlich von Amsterdam als Hochburg von Geert Wilders' "Partei für die Freiheit".
An diesem nasskalten winterlichen Tag ist es im Zentrum Almeres so ruhig, dass man sogar die Vögel zwitschern hören kann. Die Fußgängerzone wirkt noch ein bisschen trostloser als sonst. Ladenketten, Fastfood-Restaurants – altholländische Fassaden und geschwungene Giebel dagegen, wie in anderen niederländischen Städten, sucht man hier vergeblich. Die ersten Häuser wurden erst 1976 bezogen. Almere ist eine Neubaustadt.
Vor einem Handyladen stehen zwei junge Männer gelangweilt herum und rauchen. Wenn sie am 15. März wählen gehen, werden sie das politische Feld komplett abgesteckt haben, von rechts außen bis links außen.
"Ich zweifele noch, aber wahrscheinlich wird es das Forum für Demokratie. Ich bin gegen Europa und das ist einer ihrer Standpunkte, deshalb werde ich die vermutlich wählen."
"Ich habe den Wahlomat im Internet benutzt und da kam bei mir die SP raus, aber ich werde nicht die Sozialisten wählen. Ich denke, dass ich PvdA wähle, die Sozialdemokraten. Ich muss mal sehen, es kann auch sein, dass ich was ganz anderes wähle. Aber bestimmt keine PVV, VVD oder D66."
Nicht die Liberalen und ganz bestimmt keine PVV. Diesen Satz hört man immer wieder in Almere. Niemand will sich zu Wilders Partei für die Freiheit bekennen. Dabei taucht Almere gerade wegen der PVV immer wieder in den Schlagzeilen auf. Im Stadtrat hat sie neun von 39 Sitzen, mehr als anderswo im Land. In der Opposition ist sie trotzdem, denn eine Koalition mit der PVV ist auch hier immer noch undenkbar.
Richard Vierbergen: "Es gibt auch andere Städte, in denen die PVV populär ist, das ist wohl sowas wie angewandte Psychologie. Warum haben so viele Leute Trump gewählt? Das ist doch eine Art Wut und Unzufriedenheit, dass die Menschen sich nicht mehr zu Hause oder abgewiesen fühlen, dann wählen sie eben die Gegenpartei."
Vor einem Handyladen stehen zwei junge Männer gelangweilt herum und rauchen. Wenn sie am 15. März wählen gehen, werden sie das politische Feld komplett abgesteckt haben, von rechts außen bis links außen.
"Ich zweifele noch, aber wahrscheinlich wird es das Forum für Demokratie. Ich bin gegen Europa und das ist einer ihrer Standpunkte, deshalb werde ich die vermutlich wählen."
"Ich habe den Wahlomat im Internet benutzt und da kam bei mir die SP raus, aber ich werde nicht die Sozialisten wählen. Ich denke, dass ich PvdA wähle, die Sozialdemokraten. Ich muss mal sehen, es kann auch sein, dass ich was ganz anderes wähle. Aber bestimmt keine PVV, VVD oder D66."
Nicht die Liberalen und ganz bestimmt keine PVV. Diesen Satz hört man immer wieder in Almere. Niemand will sich zu Wilders Partei für die Freiheit bekennen. Dabei taucht Almere gerade wegen der PVV immer wieder in den Schlagzeilen auf. Im Stadtrat hat sie neun von 39 Sitzen, mehr als anderswo im Land. In der Opposition ist sie trotzdem, denn eine Koalition mit der PVV ist auch hier immer noch undenkbar.
Richard Vierbergen: "Es gibt auch andere Städte, in denen die PVV populär ist, das ist wohl sowas wie angewandte Psychologie. Warum haben so viele Leute Trump gewählt? Das ist doch eine Art Wut und Unzufriedenheit, dass die Menschen sich nicht mehr zu Hause oder abgewiesen fühlen, dann wählen sie eben die Gegenpartei."
"Selbst Haustiere würden hier Selbstmord begehen"
Richard Vierbergen ist Filmemacher. Früher arbeitete er für den öffentlich-rechten Kinderfunk, heute berichtet er vor allem aus seiner Stadt. Er ist ein besonders stolzer Bewohner von Almere. Seit über 30 Jahren lebt er hier und mindestens genauso lang kämpft er gegen Vorurteile an.
Richard Vierbergen: "Himmel, als ich ankam, eine große Sandwüste, da wohnten grad mal 60.000 Menschen hier und ich traute mich gegenüber meinen Freunden und Bekannten aus der Filmwelt nicht zuzugeben, dass ich in Almere wohne. Selbst Haustiere würden hier Selbstmord begehen, sagte man, so schlimm war das. Aber nach und nach sieht man so eine Stadt wachsen und wenn man sich damit beschäftigt, das Haus verlässt und sieht, wie sich so eine Stadt entwickelt, dass neue Stadtteile entstehen und überall viel Grün ist, nun ja."
Almere ist besonders jung und bunt
Die neue Bibliothek neben dem Rathaus – 2010 eröffnet. Der elegante gläserne Bau wird von den Einwohnern der Stadt gut angenommen: Kinder, Studenten und Familien kommen regelmäßig hierher. Verglichen mit dem Rest des Landes ist Almere besonders jung und besonders bunt, jeder dritte Einwohner hat einen Migrationshintergrund.
Eine ältere Frau hat gerade Bücher ausgeliehen und packt sie in ihren Baumwollbeutel ein. Ein Gartenratgeber und ein Liebesroman sind dabei. Sie wird die Partei 50plus wählen:
"Ich finde, dass die sich sehr gut für mich einsetzen. Sie kümmern sich um die Älteren, wollen das Rentenproblem lösen, was sehr nötig ist und, ja, ihr ganzes Programm spricht mich an."
Ich frage eine junge Frau, die neben der älteren steht, sich Fotobände anschaut und der älteren zugehört hat. Auch sie orientiert sich bei der Parteisuche an ihren Bedürfnissen:
"Ich bin Künstlerin und gestern habe ich einen Artikel gelesen, welche Parteien sich um die Kunst kümmern, und da kam plötzlich D66 raus, da war ich schon überrascht und dachte: Oha, vielleicht muss ich die Standpunkte doch mal besser lesen."
Wenn man einen Schluss aus dem Rundgang durch Almere ziehen kann, dann den: Man wählt hier, was einem am ehesten Vorteile bringt. Und das ist exakt auch das, was im Rest des Landes geschieht. Wilders Partei für die Freiheit ist dabei offensichtlich nur eine Partei unter vielen – auch wenn die Umfragen etwas anderes nahelegen.
"Ich finde, dass die sich sehr gut für mich einsetzen. Sie kümmern sich um die Älteren, wollen das Rentenproblem lösen, was sehr nötig ist und, ja, ihr ganzes Programm spricht mich an."
Ich frage eine junge Frau, die neben der älteren steht, sich Fotobände anschaut und der älteren zugehört hat. Auch sie orientiert sich bei der Parteisuche an ihren Bedürfnissen:
"Ich bin Künstlerin und gestern habe ich einen Artikel gelesen, welche Parteien sich um die Kunst kümmern, und da kam plötzlich D66 raus, da war ich schon überrascht und dachte: Oha, vielleicht muss ich die Standpunkte doch mal besser lesen."
Wenn man einen Schluss aus dem Rundgang durch Almere ziehen kann, dann den: Man wählt hier, was einem am ehesten Vorteile bringt. Und das ist exakt auch das, was im Rest des Landes geschieht. Wilders Partei für die Freiheit ist dabei offensichtlich nur eine Partei unter vielen – auch wenn die Umfragen etwas anderes nahelegen.