Elsbeth Wallnöfer: "Tracht Macht Politik"
Haymon Verlag 2020 (*)
272 Seiten, 24,90 Euro
Die Lederhose als politisches Werkzeug
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Tracht und Dirndl sind für die Wiener Philosophin Elsbeth Wallnöfer Mittel zur Ausgrenzung und geeignet, nationale Erzählungen zu unterfüttern. Wer als Politiker Tracht trage, betreibe zudem "Anbiederung an das niedere Volk", kritisiert sie.
Als Mittel zur politischen Indoktrinierung wertet die Philosophin und Volkskundlerin Elsbeth Wallnöfer die Rückkehr von Tracht und Dirndl. "Gerade heute dient es der Abgrenzung und noch mehr der Ausgrenzung", sagt die in Wien lebende Autorin des Buches "Tracht Macht Politik". Trachten dienten der nationalen Erzählung. Gerade Bayern oder Österreich betrieben damit ganz aktuell Politik.
Wer als Politiker oder Politikerin Tracht trage, betreibe "Anbiederung an das niedere Volk, an die da unten", sagt Wallnöfer. Das sei mehr als Volkstümelei. Bei internationalen Gipfeltreffen sei niemand mit Tracht oder Dirndl zu sehen: "Sie werden nie Angela Merkel im Dirndl sehen und auch nicht Steinmeier in einer Lederhose."
Die regionalen Trachten in Bayern oder Oberösterreich seien nicht etwa aus der Kostümgeschichte erwachsen, sondern aus der Politikgeschichte, sagt die Volkskundlerin und verweist auf "Erfindungen" aus der NS-Zeit.
Im 19. Jahrhundert seien Trachten bereits auf dem Rückzug gewesen: "Deutschland wird ein moderner Staat", sagt Wallnöfer.
Die schwere Tracht sei damals zugunsten moderner Kleidung aus leichterer Baumwolle abgelegt worden: "Dann kamen die Trachtenideologen, die fast immer rassistisch waren, und die erfinden eine Tracht und ein Dirndl und ein Jankerl."
Trachten in der Spaßgesellschaft
Es sei wichtig zu wissen, dass die Trachten zu einem bestimmten Zweck erfunden worden seien, betont die Autorin. Mit der Entwicklung der Spaßgesellschaft in den letzten zehn Jahren gebe es nun allerdings inzwischen junge Leute, die die Tracht als "Verkleidungsstück" zu bestimmten Anlässen auswählten.
Sie dächten nicht mehr daran, dass die Lederhose in Österreich ein "legaler Code für illegale Nazis" sei. Das findet Wallnöfer aber nicht problematisch, ganz im Gegenteil. Es sei wunderbar, solche Kleidungsstücke ganz unpolitisch zu tragen und sich vom Narrativ auf diese Weise zu lösen, sagt sie.
(*) Redaktioneller Hinweis: In der ersten Fassung war uns ein Fehler beim Namen des Verlags unterlaufen. Diesen Fehler haben wir korrigiert.