Wie gehen gleiche Chancen ohne Diskriminierung?
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Haben Trans-Sportlerinnen gegenüber Cis-Sportlerinnen einen Vorteil? Die Debatte wurde durch Fälle, in denen Betroffene von Wettbewerben ausgeschlossen wurden, erneut entfacht. Sportler Balian Buschbaum fordert klare Vorgaben vom Olympischen Komitee.
Die britische Radsportlerin Emily Bridges wurde vor wenigen Tagen von einem Wettbewerb in Großbritannien ausgeschlossen. Die Transfrau hatte im vergangenen Jahr eine Hormontherapie begonnen und von ihrem nationalen Verband eigentlich die Zusage bekommen, am Wettbewerb teilnehmen zu können.
Premier Boris Johnson äußerte sich nun und sagte, seiner Meinung nach sollten – so wörtlich – „biologische Männer“ nicht an Sportwettbewerben für Frauen teilnehmen. Das sei womöglich eine kontroverse Ansicht, erscheine ihm aber vernünftig.
Johnson: Komplexe Thematik
Johnson sprach in seiner kurzen Aussage am Rande eines Krankenhausbesuches auch andere Themen mit Bezug zu Transmenschen an, er sei etwa der Ansicht, Frauen bräuchten eigene Räume wie Krankenhäuser, Gefängnisse oder Umkleiden. Geschlechtsangleichungen bei Minderjährigen ohne die Beteiligung der Eltern sehe er kritisch. Johnson versicherte aber, er sei trotzdem verständnisvoll gegenüber Trans-Personen, die Thematik sei komplex.
Das Internationale Olympische Komitee hatte im November einen Punkteplan veröffentlicht, der unter anderem die Rechte von Trans-Sportler:innen stärken soll. Niemand solle aufgrund eines unverifizierten Wettbewerbsvorteils von Wettkämpfen ausgeschlossen werden, heißt es. Der Punkteplan dient als Richtlinie, an der sich die einzelnen Sportverbände orientieren sollen.
Die verschiedenen Sportarten handhaben den Umgang mit Trans- und auch intergeschlechtlichen Sportler:innen individuell. Für Profi-Leichtathlet:innen etwa gilt eine feste Testosterongrenze, der Weltrugby-Verband hat Transfrauen von Wettkämpfen ausgeschlossen – wie es heißt, aus Sicherheitsgründen. Beide Vorgehen sind umstritten.
Buschbaum: Mehr Wissen nötig
Der ehemalige Stabhochspringer und Transmann Balian Buschbaum kann die verschiedenen Standpunkte zu dem Thema verstehen. Unfaire Wettbewerbsbedingungen habe es jedoch immer schon gegeben, da die Anatomie jedes Menschen unterschiedlich sei und es auch immer Ausnahmeathleten gegeben habe.
"Das Hauptproblem ist, dass das IOC keine klare Stellung bezieht, dass sie die Verantwortung abgeben an die speziellen Eigenverbände." Doch die hätten in den meisten Fällen keine Ahnung von der Materie. "Es muss Fachwissen vorausgehen, um eine Entscheidung zu treffen." Derzeit gebe es aber zu viel Unwissenheit.
Der Vorteil, den man Transfrauen vorwirft, den sie aufgrund von Hormontherapien haben, ist laut Buschbaum nach zwei Jahren wieder weg. "Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen: Hormone bewirken sehr viel, was die Leistungsfähigkeit betrifft."
Onlinetext: Ramona Westhof/leg