Transatlantische Jamsession

Stimmwunder aus Mali und Tastengenie aus Kuba

Roberto Fonseca und Fatoumata Diawara bei einem Konzert in Jena 2014.
Roberto Fonseca und Fatoumata Diawara bei einem Konzert in Jena. © Imago / viadata
Von Martina Zimmermann |
Sängerin Fatoumata Diawara aus Mali, die dem Bundespräsidenten schon mal ein Ständchen spielte, und Pianist Roberto Fonseca aus Kuba liefern eine erstaunliche Fusion der Musiken ihrer Heimatlieder. Auf der Bühne harmonieren sie perfekt miteinander.
Eine Begegnung zwischen Kuba und Mali, eine Fusion bei der die musikalischen Funken nur so sprühen: "At home" heißt das Live-Album mit dem Fatoumata Diawara und Roberto Fonseca bereits im zweiten Sommer auf Tournee gehen. At home wie "Zuhause".
Fatoumata Diawara: "Mali und Kuba sind musikalisch fast das gleiche: Die Musik aus Afrika wurde in Kuba weiterentwickelt. Die Yoruba-Rhythmen aus Nigeria, die auf Roberto Fonseca einen großen Einfluss haben, findest du überall in Afrika."
"Auf der Bühne haben wir es nicht nötig zu zeigen, das ist aus Mali und das aus Kuba. Wir lieben unsere Musik und unter den Musikern herrscht ein gutes Feeling. Das ist eine seltene Energie."
Roberto Fonseca pflichtet bei:
"Wir machen Fehler auf der Bühne. Aber das Gute ist: Wir lachen darüber. Die Musiker sind wirklich erstaunlich gut, aber sie alle wollen vor allem die Musik genießen! Wir sind offen füreinander. Das Publikum sieht, wie wir Gefühle einbringen, singen, lachen und so viele bewegende Momente erleben. Manchmal müssen wir aufpassen, dass wir nicht weinen - so stark sind manche Songs."

"Ohne Spiritualität würden wir zu Robotern"

Trance und Spiritualität einen das Stimmwunder aus Mali und das Tastengenie aus Kuba über Meere und Kontinente hinweg:
Fatoumata Diawara: "Wenn du keine Spiritualität hast, gehst du schnell kaputt. Der Musikerberuf erfordert viel Energie und die muss von irgendwoher kommen. Ohne Spiritualität hältst du dich für etwas ganz Besonderes oder du meinst, die Welt liegt dir zu Füssen. Dank der Spiritualität bleiben wir bescheiden. Außerdem gibt sie Kraft, auch bei Müdigkeit dem Publikum etwas zu geben."
Roberto Fonseca: "Wir sind keine Maschinen. Ohne Spiritualität würden wir zu Robotern. Wenn du komponieren willst und deine Lebenserfahrung einbringen willst, musst du eine sehr spirituelle Persönlichkeit haben. Es ist unmöglich, ohne Spiritualität Kunst zu kreieren. Manche Leute halten uns Künstler für verrückt. Aber wenn du etwas kreieren willst, braucht dein Geist eine andere Dimension."
"Fatou" ist der Spitzname von Fatoumata Diawara. Es war der Titel ihres Debütalbums von 2011. Produzent Nick Gold, der den Mali-Blues von Ali Farka Touré oder das senegalesische Orchestra Baobab in Europa bekannt gemacht hat, wollte Fatou als neue Folkdiva, die den Archetyp vom "Mädchen mit der Gitarre" weiterentwickelt.
Mit Roberto Fonseca ist sie musikalisch in einer anderen Welt. Sie lernten sich kennen, als der Pianist für sein Album "Yo" eine weibliche Stimme suchte:
"Ich sah Fatou als Backgroundsängerin auf dem Konzert mit Oumou Sangare, sie war wirklich gut. Dann rief ich sie an, damit sie den Song Bibisa singt, eine Komposition von Baba Sissoko. Sie veränderte mit ihrem Gesang den Song in die richtige Richtung, er wurde sogar besser als erwartet. Damals kannten wir uns noch nicht persönlich. Von Angesicht zu Angesicht trafen wir uns auf einem Konzert in London. Wir haben zwei Stunden miteinander über unsere Ideen gesprochen, gleichzeitig haben wir uns gegenseitig beobachtet, um zu sehen, ob wir zusammen passen. Denn das Schlimmste ist, eine lange Tournee mit jemand zu machen, den man hasst."
Das gute Feeling ist in den gemeinsamen Songs zu hören. Auf dem Album stammt die Hälfte der Lieder von Fatou, die andere von Roberto. Mit einem leichten Vorteil für Fatou, denn einen Song haben sie gemeinsam unterschrieben: "Real Family". Darin geht es um das wichtige Thema der Zwangsheirat und der Freiheit der Frau.

"Sobald die Tournee zu Ende ist, wollen wir nach Hause"

Auch mit "Clandestin" greift Fatou ein aktuelles Thema auf: Das Drama der Flüchtlinge im Mittelmeer:
Fatoumata Diawara: "Wenn man weiter vor diesen jungen Leuten Angst hat, wird das Drama immer weitergehen. Würden die Grenzen geöffnet, würde passieren, was bereits mit uns Künstlern geschieht: Sobald die Tournee zu Ende ist, wollen wir schnell nach Hause zurück zu Familie, bekannten Gerüchen und gewohntem Essen. Wir Künstler singen überall für die Leute und kehren dann nach Hause zurück, denn nirgends ist es schöner als daheim."

Info: "At home" - "Zuhause" – So lautet der Titel des Live-Albums der beiden Musiker aus Mali und Kuba. Heute (15.7.15) sind sie mit Band im Rahmen der Merck-Sommerperlen in Darmstadt zu Gast und geben ihr einziges Konzert in Deutschland!