Transfair erhält Preis für Stärkung lokaler Produzenten
Lebensmittel sollen günstig sein, aber von Kindern dürfen sie auch nicht hergestellt worden sein: Ein Widerspruch, an dem sich der Verein Transfair seit zwei Jahrzehnten abarbeitet. Er will die lokalen Produzenten stärken und sie mehr am Gewinn beteiligen. Dafür gibt es jetzt den Nell-Breuning-Preis.
Hanns Ostermann: Klein aber fein ist dieser Preis, der heute in Trier überreicht wird. Namensgeber der Auszeichnung in der Moselstadt ist einer der bedeutendsten katholischen Sozialwissenschaftler: Oswald von Nell-Breuning. Alle zwei Jahre wird dieser Preis überreicht und nach Altkanzler Helmut Schmidt oder den Brüdern Bernhard und Hans-Jochen Vogel darf sich diesmal der Verein Transfair freuen. Gewürdigt wird der Einsatz für eine gerechtere Wirtschaftsordnung. Verantwortlich dafür ist neben anderen vor allem der Gründer und Geschäftsführer des Vereins, Dieter Overath. Guten Morgen, Herr Overath, und herzlichen Glückwunsch!
Dieter Overath: Ja danke schön! Guten Morgen, nach Berlin!
Ostermann: Wie begann eigentlich alles? Hatten Sie ein Vorbild, an dem Sie sich orientieren konnten?
Overath: Die niederländische Initiative Max Havelaar hatte genau unter dem ähnlichen Prinzip, den fairen Handel aus den Weltläden in die Supermärkte zu bringen, eine Idee gehabt. Das nannte sich dort Max Havelaar. Und Misereor, Brot für die Welt und die Ebert-Stiftung haben gesagt, wir suchen jemand, der das hier in Deutschland auf einer anderen Ebene auch versucht, und dadurch, dass ich Betriebswirt und Kaufmann von der Ausbildung her bin und durchaus auch einen sehr engen Bezug zu Dritte-Welt-Ländern hatte seinerzeit, ist man dann vor 21 Jahren auf mich gekommen und hat gesagt, wir geben dir ein Jahr Zeit, um zu sehen, ob das in Deutschland funktioniert.
Ostermann: Bauern aus Afrika, Asien und Lateinamerika sollen für ihre Produkte ein faires Einkommen erhalten. Dieser Gedanke steckt dahinter. Aber wie überprüfen Sie Löhne oder auch Sozialstandards vor Ort?
Overath: Inzwischen verfügt Fairtrade International über eine weltweite Kontrollorganisation. Da findet kein Inspektionstourismus statt, sondern wir haben in Nairobi, in Bangalore, in Mexiko, in Bogota haben wir ortsansässige Prüfer, die teilweise auch ihre Ausbildung in Biozertifizierung erhalten haben, und die suchen regelmäßig entweder die Kooperativen oder Plantagen auf.
Alles muss in einer getrennten Buchführung vermerkt sein und dort wird zum einen festgestellt, ob die Mindestpreise Fairtrade Premium bezahlt werden, zum anderen aber auch, ob Gewerkschaftsfreiheit und auch eine Reihe von Umweltkriterien erfüllt werden, und das wird alles in einer engmaschigen Kontrolle vor Ort überprüft.
Ostermann: Sie selbst sind und waren in aller Herren Länder unterwegs. Gibt es da ein Beispiel, über das Sie sich ganz besonders freuen, gefreut haben, das Sie nachhaltig berührt hat?
Overath: Es hat alles mit Kaffee ja angefangen und Kaffee ist weiterhin das wichtigste Fairtrade-Produkt.
Ostermann: Ich dachte, mit der Banane?
Overath: Nein. Alles ging mit Kaffee los. Und ich selber war vorher bei Amnesty International, war für Guatemala zuständig, ein nicht einfaches Land seinerzeit, Militärdiktaturen, und wir haben im Hochland eine Kooperative, die habe ich vor 20 Jahren zu Beginn besucht, die wirklich bei null stand, und konnte vor einigen Jahren in einem erneuten Besuch feststellen, was sich dort alles verändert hat, wie Qualitätskontrolle läuft, wie die Computer vor Ort haben und mit allen wichtigen Marktplätzen verbunden sind und wissen, wie viel ihr Kaffee wert ist.
Das, denke ich, ist der große Erfolg von Fairtrade, die Produzenten ein Stück näher an den Welthandel zu führen und dass sie darüber auch selbstbewusst werden, die Wertschätzung ihres Produktes auch einzufordern.
Ostermann: Sie merken also bei diesen Besuchen, dass sich die Einstellung, die Haltung der Menschen verändert hat, weil sie wissen, was sie tun und sind stolz darauf?
Overath: Ja. Wir nennen es "International Empowerment", soll heißen, die Produzenten aktiv zu beteiligen und sie jetzt nicht zu einem Empfänger von Spenden machen. Der faire Handel versucht, in einer gerechteren Wirtschaftsordnung eben auch diese Akteure aktiv mit einzubeziehen, und das, denke ich, ist uns weltweit gelungen und die Menschen, auch die Blumenpflückerinnen auf Blumenfarmen in Kenia, wissen ihre Rechte inzwischen besser als vorher und fordern die entsprechend gegenüber dem Management auch ein. Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen, dass sie ihre Rechte gegenüber dem Management in dieser offenen Form einfordern, und das, denke ich, ist auch ein Verdienst des fairen Handels.
Ostermann: Inzwischen prangt auf rund 2000 Waren ein Fairtrade-Siegel. Eine halbe Milliarde Euro geben wir für fair gehandelte Produkte, für Kaffee, Bananen, Tee oder Kakao aus. Das klingt ja wirklich nach einer Erfolgsgeschichte. Oder sind wir trotzdem in Deutschland nach wie vor Schnäppchenjäger?
Overath: Pro Kopf liegen wir immer noch leider nur bei sieben Euro im Jahr, die wir für Fairtrade-Produkte ausgeben, und die Schweiz, England haben ein Mehrfaches, und das hat einfach damit zu tun, dass wir quasi eine "Aldisierung" unserer Konsumwelt haben. Das heißt, wir sind alles Schnäppchenjäger, wir wollen keine Kinderarbeit, aber wir wollen auch günstige Produkte haben. Daran arbeitet sich Transfair seit über 20 Jahren ab.
Wir sind ein Stück in der Mitte der Gesellschaft und in der Mitte des Handels angekommen, aber von den Marktanteilen her können wir durchaus noch etwas zulegen. Um die große Kluft zwischen wollen und tun, wir wollen das nicht, wir wollen keine Ausbeutung bei unseren Produkten haben, aber an der Kasse vergessen wir das oft, und das ist etwas, wo man sich in Deutschland noch ein Stück mehr dran abarbeitet wie eben in Holland, in der Schweiz oder in England.
Ostermann: Dieter Overath, Geschäftsführer des Vereins Transfair, der heute in Trier den Nell-Breuning-Preis 2013 erhält. Herr Overath, danke für das Gespräch, Ihnen heute Abend eine schöne Feier.
Overath: Ja, ich danke auch. Schönen Gruß nach Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Dieter Overath: Ja danke schön! Guten Morgen, nach Berlin!
Ostermann: Wie begann eigentlich alles? Hatten Sie ein Vorbild, an dem Sie sich orientieren konnten?
Overath: Die niederländische Initiative Max Havelaar hatte genau unter dem ähnlichen Prinzip, den fairen Handel aus den Weltläden in die Supermärkte zu bringen, eine Idee gehabt. Das nannte sich dort Max Havelaar. Und Misereor, Brot für die Welt und die Ebert-Stiftung haben gesagt, wir suchen jemand, der das hier in Deutschland auf einer anderen Ebene auch versucht, und dadurch, dass ich Betriebswirt und Kaufmann von der Ausbildung her bin und durchaus auch einen sehr engen Bezug zu Dritte-Welt-Ländern hatte seinerzeit, ist man dann vor 21 Jahren auf mich gekommen und hat gesagt, wir geben dir ein Jahr Zeit, um zu sehen, ob das in Deutschland funktioniert.
Ostermann: Bauern aus Afrika, Asien und Lateinamerika sollen für ihre Produkte ein faires Einkommen erhalten. Dieser Gedanke steckt dahinter. Aber wie überprüfen Sie Löhne oder auch Sozialstandards vor Ort?
Overath: Inzwischen verfügt Fairtrade International über eine weltweite Kontrollorganisation. Da findet kein Inspektionstourismus statt, sondern wir haben in Nairobi, in Bangalore, in Mexiko, in Bogota haben wir ortsansässige Prüfer, die teilweise auch ihre Ausbildung in Biozertifizierung erhalten haben, und die suchen regelmäßig entweder die Kooperativen oder Plantagen auf.
Alles muss in einer getrennten Buchführung vermerkt sein und dort wird zum einen festgestellt, ob die Mindestpreise Fairtrade Premium bezahlt werden, zum anderen aber auch, ob Gewerkschaftsfreiheit und auch eine Reihe von Umweltkriterien erfüllt werden, und das wird alles in einer engmaschigen Kontrolle vor Ort überprüft.
Ostermann: Sie selbst sind und waren in aller Herren Länder unterwegs. Gibt es da ein Beispiel, über das Sie sich ganz besonders freuen, gefreut haben, das Sie nachhaltig berührt hat?
Overath: Es hat alles mit Kaffee ja angefangen und Kaffee ist weiterhin das wichtigste Fairtrade-Produkt.
Ostermann: Ich dachte, mit der Banane?
Overath: Nein. Alles ging mit Kaffee los. Und ich selber war vorher bei Amnesty International, war für Guatemala zuständig, ein nicht einfaches Land seinerzeit, Militärdiktaturen, und wir haben im Hochland eine Kooperative, die habe ich vor 20 Jahren zu Beginn besucht, die wirklich bei null stand, und konnte vor einigen Jahren in einem erneuten Besuch feststellen, was sich dort alles verändert hat, wie Qualitätskontrolle läuft, wie die Computer vor Ort haben und mit allen wichtigen Marktplätzen verbunden sind und wissen, wie viel ihr Kaffee wert ist.
Das, denke ich, ist der große Erfolg von Fairtrade, die Produzenten ein Stück näher an den Welthandel zu führen und dass sie darüber auch selbstbewusst werden, die Wertschätzung ihres Produktes auch einzufordern.
Ostermann: Sie merken also bei diesen Besuchen, dass sich die Einstellung, die Haltung der Menschen verändert hat, weil sie wissen, was sie tun und sind stolz darauf?
Overath: Ja. Wir nennen es "International Empowerment", soll heißen, die Produzenten aktiv zu beteiligen und sie jetzt nicht zu einem Empfänger von Spenden machen. Der faire Handel versucht, in einer gerechteren Wirtschaftsordnung eben auch diese Akteure aktiv mit einzubeziehen, und das, denke ich, ist uns weltweit gelungen und die Menschen, auch die Blumenpflückerinnen auf Blumenfarmen in Kenia, wissen ihre Rechte inzwischen besser als vorher und fordern die entsprechend gegenüber dem Management auch ein. Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen, dass sie ihre Rechte gegenüber dem Management in dieser offenen Form einfordern, und das, denke ich, ist auch ein Verdienst des fairen Handels.
Ostermann: Inzwischen prangt auf rund 2000 Waren ein Fairtrade-Siegel. Eine halbe Milliarde Euro geben wir für fair gehandelte Produkte, für Kaffee, Bananen, Tee oder Kakao aus. Das klingt ja wirklich nach einer Erfolgsgeschichte. Oder sind wir trotzdem in Deutschland nach wie vor Schnäppchenjäger?
Overath: Pro Kopf liegen wir immer noch leider nur bei sieben Euro im Jahr, die wir für Fairtrade-Produkte ausgeben, und die Schweiz, England haben ein Mehrfaches, und das hat einfach damit zu tun, dass wir quasi eine "Aldisierung" unserer Konsumwelt haben. Das heißt, wir sind alles Schnäppchenjäger, wir wollen keine Kinderarbeit, aber wir wollen auch günstige Produkte haben. Daran arbeitet sich Transfair seit über 20 Jahren ab.
Wir sind ein Stück in der Mitte der Gesellschaft und in der Mitte des Handels angekommen, aber von den Marktanteilen her können wir durchaus noch etwas zulegen. Um die große Kluft zwischen wollen und tun, wir wollen das nicht, wir wollen keine Ausbeutung bei unseren Produkten haben, aber an der Kasse vergessen wir das oft, und das ist etwas, wo man sich in Deutschland noch ein Stück mehr dran abarbeitet wie eben in Holland, in der Schweiz oder in England.
Ostermann: Dieter Overath, Geschäftsführer des Vereins Transfair, der heute in Trier den Nell-Breuning-Preis 2013 erhält. Herr Overath, danke für das Gespräch, Ihnen heute Abend eine schöne Feier.
Overath: Ja, ich danke auch. Schönen Gruß nach Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.