Erbitterter Streit um Geschlechterfragen
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Beim britischen "Guardian" brennt die Luft: Eine Journalistin hat gekündigt, weil sie sich gemobbt fühlte. Auslöser war eine Kolumne von ihr über Transgender. Der Streit darüber, ob es ein biologisches Geschlecht gibt oder nicht, wird immer heftiger.
Als Suzanne Moore gegangen war, verkündete sie das auf Twitter. "Ich habe den Guardian verlassen. MANCHE dort werde ich vermissen." MANCHE in Großbuchstaben. Denn mit vielen mag die bekannte Kolumnistin nicht mehr arbeiten - bei dem Blatt, für das sie jahrzehntelang schrieb.
In ihrer Twitter-Bio steht jetzt: "Sie ging, weil sie sich über den Wert von Widerstand im Klaren war." Widerstand gegen Transgender, die darauf bestehen, das Geschlecht werde nicht biologisch, sondern von jedem allein definiert. Sie fühlen sich von Moore diskriminiert.
Moore fühlt sich von ihnen indoktriniert. "Bestimmte Teile der Transgender-Bewegung verbreiten die Idee, das biologische Geschlecht sei bloß ein Konstrukt. Für mich ist das eine Ideologie, der ich nicht folgen kann", sagt Moore.
Morddrohungen und ein offener Brief
Suzanne Moore ist keine rechte Traditionalistin. Sie ist eine linke Feministin. Wenn nicht mehr objektiv definiert wird, wer und was Frauen sind: Wie sollen sie dann noch als Gruppe für ihre Rechte eintreten? Das ist Moores Sorge.
Anfang März veröffentlichte sie im Guardian eine Kolumne mit dem Titel "Frauen müssen das Recht haben, sich zu organisieren. Wir werden uns nicht den Mund verbieten lassen".
Darin schrieb sie: Frau-Sein sei kein Gefühl, sondern eine biologische Tatsache, sogar bei Fröschen. Es folgten ein Shitstorm, Morddrohungen und ein Brief an die Chefredaktion, unterzeichnet von 338 Mitarbeitern aller Geschlechter.
Darin stand: "Wir sind enttäuscht, dass im Guardian wiederholt Anti-Trans-Ansichten veröffentlicht wurden. Dieses Muster schadet unserer Arbeit und unserem Ruf." In der Redaktionskonferenz klagte eine Trans-Kollegin, sie fühle sich in der Zeitung nicht mehr sicher. Moores Name wurde nicht ausgesprochen, aber es war klar, um wen es ging.
"Wissen Sie was? Wenn ich könnte, würde ich es tun. Als Hexe könnte ich Zaubersprüche machen. Es wäre brillant, wenn ich nur mit dem Schreiben erreiche, dass jemand anders sich nicht mehr sicher fühlen kann. Ich wäre glücklich, das würde ich gleich morgen machen. Ich habe eine ganze Liste von Leuten dafür", sagt Moore.
Keine Rückendeckung durch die Chefredaktion
Suzanne Moore ist fassungslos, dass ausgerechnet im liberalen "Guardian" Streit in der Sache nicht mehr offen ausgetragen wird. Nach dem Brief fühlte sie sich im Stich gelassen. Sie bat um ein Treffen mit Chefredakteurin Katherine Viner. Vergeblich.
"Ich bin öffentlich verrissen worden. Es wäre an der Chefredakteurin gewesen zu sagen: Wir stehen hinter dieser Autorin. Sie hätten sagen müssen: Wir teilen zwar ihre Meinung nicht, aber: Wir stehen hinter ihr", schildert Moore die Lage.
Moore glaubt, dass viele britische Institutionen längst eingeknickt sind vor einer immer mächtiger werdenden Transgenderlobby. So sieht das zweifellos auch J.K. Rowling. Die Harry Potter-Autorin steht schon länger im Mittelpunkt des Streits über Transgender- und Frauenrechte.
Im Juni spottete sie öffentlich über die Bezeichnung "Menschen, die menstruieren" anstelle von "Frauen". Im September verlinkte sie auf Twitter zu einer Website, die "Transfrauen sind Männer"-Aufkleber vertreibt.
Hexen und biologische Existenzialisten
Susie Green von der Transgender-Hilfe Mermaids UK klagte danach über "biologische Existenzialisten", die Transmenschen zu einem Leben mit dem falschen Geschlecht nötigten: "Ich definiere mich selbst als Frau, denn das bin ich, und so möchte ich auch angesprochen werden. Die Erfahrung, eine Frau zu sein, betrifft nur diese Frau. Und es steht keinem zu, zu sagen, was das sein oder wie es aussehen soll."
Rowling mache Transfrauen mit ihren Äußerungen das Leben zusätzlich schwer. "Sie öffnet mit ihren Bemerkungen die Tür zu genau der Art von Beleidigungen, die ich jeden Tag im Leben von Transfrauen beobachte", sagt Green.
J.K. Rowling hat sich im Spätsommer in einem T-Shirt mit dem Aufdruck "Diese Hexe brennt nicht" fotografieren lassen. Suzanne Moore wird weiter veröffentlichen. Nur eben nicht mehr im Guardian.