Diskriminierung von Transmenschen
Christliche Fundamentalisten und einige Medien verbreiten Falschinformationen über Transmenschen. © Getty Images / Karrastock
Die Anfeindungen nehmen zu
20:11 Minuten
Die Debatte über Transpersonen scheint die Medien derzeit zu dominieren. Dabei schrecken sogenannte TERFs, aber auch die christliche Rechte nicht vor Falschinformationen zurück, die teils unhinterfragt übernommen werden, beklagen Experten.
Über den zunächst abgesagten und nun nachgeholten Vortrag der Verhaltensbiologin Marie-Luise Vollbrecht wird weiter diskutiert. Nachdem die Humboldt Universität Berlin ihn wegen angekündigter Proteste aus dem Programm der "Langen Nacht der Wissenschaften" gestrichen hatte, fand er vergangene Woche statt. Einer Diskussion über ihre These, es gebe in der Biologie nur zwei Geschlechter, stellte sich die Doktorantin allerdings nicht.
Einer der Vorwürfe gegen Vollbrecht lautet, es handele sich um einen sogenannten TERF-Vortrag. Als "Trans Exclusionary Radical Feminists" (TERF) werden Radikalfeministinnen bezeichnet, die sich gegen Transmenschen und gegen die Rechte von Transpersonen stellen. Sie gelten unter Kritikern als laute, sehr kontroverse Bewegung, die diese Bezeichnung von sich ablehnt. Sie selbst verstehen sich als “genderkritisch”.
TERF verbreitet Desinformationen
Eine Person, die sich näher mit dieser TERF-Bewegung auseinandergesetzt hat, ist Sascha Krahnke. Dieser Name ist ein Pseudonym, um vor Anfeindungen schützen. Krahnke forscht zu Rechtsextremismus bei der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin und beobachtet, dass rechtsextremen und transfeindliche Diskurse sich annähern.
"Seit ein paar Jahren oder verstärkt dieses Jahr [sehen wir] die starke Fokussierung auf das Thema Trans", so Krahnke. "Und vor allen Dingen als Transfrauen oder Transweibliche Personen als Feindbild, als Bedrohung.” Diese Inhalte würden von TERFs unter anderem in den sozialen Netzwerken geteilt - zunehmend von rechten oder teils rechtsextremen Akteurinnen und Akteuren. Krahnke wertet das als Desinformationen und wissenschaftlich nicht belegbar.
Gefahr durch religiöse Rechte in den USA
Die Auswirkungen dieser Form der Desinformation seien in Deutschland bislang noch nicht in dem Ausmaß spürbar, wie in anderen Ländern, sagt die Journalistin Annika Brockschmidt. Die Autorin berichtet über die religiöse Rechte in den USA und schildert, dass derzeit beispielsweise Transmenschen aus Texas fliehen müssten, weil sie Angst hätten, immer mehr Rechte zu verlieren.
Brockschmidt weist auf das aktuelle Parteiprogramm der Republikaner hin: “Das aktuelle Programm hat ganz große Abschnitte, wo um die Beschneidung der Grundversorgung von Trans-Rechten geht. Auch das übrigens eine Parallele zur TERF-Bubble, die die medizinische Versorgung von Transmenschen einschränken will.” Diese Position decke sich auch mit der von christlich-fundamentalistischen Gruppen, die dank der Unterstützung durch die Republikaner eine Plattform bekämen.
Transfeindlichkeit in den Medien
Organisationen wie "Media Matters", die sich falschen Informationen widmen, stellen fest, dass sich auch in den US-Medien eine Transfeindlichkeit widerspiegelt, beispielsweise beim US-Sender "Fox News". Krahnke von der Amadeu Antonio Stiftung blickt auch mit Sorge auf die deutsche Medienlandschaft. “Das, was ich beobachte, ist, dass da in letzter Zeit von einem Großteil der Medien vor allen Dingen eine unkritische Reproduktion stattfindet von transfeindlichen Thesen oder Diskursen, die einfach nicht geprüft werden und auch nicht hinterfragt werden.” Diese Einschätzung teilen auch andere Expertinnen und Experten.
Wie bei "Media Matters" sollte deshalb auch in deutschen Medien Transfeindlichkeit untersucht werden. Wichtig wären auch längere Studien, die sich anschauen, wie und ob sich gerade etwas verändert in der Berichterstattung. Expertinnen und Experten raten, dass bis dahin Betroffene in den Medien stärker zu Wort kommen sollten, um besser zu verstehen, wo und warum transfeindliche Positionen Verbreitung finden.