Pioniere aus aller Welt, kommt nach Katzendorf!
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu mit rumänischen Wurzeln verbrachte im Herbst 2014 einige Woche in einem kleinen siebenbürgischen Dorf. Für den Originalton berichtet sie von den Einwohnern und den Spuren der Vergangenheit.
Mit einer Wasserflasche und ein paar Kümmelcrackern, local production, im Rucksack, mache ich mich auf den Feldweg. Die sechs Kilometer bis zur Ferma Indianului will ich diesmal laufen. Und Krishan, dem Inder aus der Gegend einen Besuch abstatten. Und das frischgeborene Büffelkalb sehen.
Katzendorf, wie alle sächsischen Gemeinden, war eine in sich geschlossene Gesellschaft.
Heute ist ist Cata, Kaca, Katzendorf ein abgelegener Ort mit Öffnung zur Welt. Offen für die Welt. Für die Neuankömmlinge. Die Mutigen. Die Begeisterten. Für die Pioniere.
Indianul, das ist kein Indianer, sondern ein Inder aus Kerala, der in England studiert hat. In Bukarest geheiratet hat. Wieder geschieden. Mit drei halb rumänischen Kindern.
Und der bei Katzendorf viel Land gekauft hat, um seinen Traum zu verwirklichen.
Sein Traum ist vielfältig. Dafür braucht er Raum, Hingabe und Durchhaltevermögen.
Und Geld? Hatte ich gefragt.
Ferma Indianului liegt einsam zwischen Feld und Wald. Abgeschnitten von jeder Ortschaft. Aber verbunden mit allem durch das Internet.
Hier entsteht ein Foodforest. In dem jedes einzelne Gewächs sich selbst aussäht und essbar ist. Wo Mensch, Tier und Natur im Einklang leben. Wo, mit wenig Mühe und ohne Ausbeutung man sich selbst versorgt. Und Zeit übrig hat für Kunst und Poesie.
Geld ist unwichtig, sagt Krishan. Man braucht Menschen mit Begeisterung, die mitmachen wollen. Bis jetzt scheint seine Rechnung aufzugehen. Schon seit Jahren gibt es hier eine Büffelfarm mit über 150 Tieren. Mehrere Pferde zum Reiten. Permakultur-Landwirtschaft. Recycling von Wasser und anderen Ressourcen. Räume für Künstler und Kunstbegegnungen. Wohnräume für Praktikanten.
Überfluss an Gemüse, Fleisch, Büffelkäse, Butter und vieles mehr wird wöchentlich nach Bukarest gefahren. Dort hat Krishan ein eigenes Restaurant, das auch die Zeit der Wirtschaftskrise überstanden hat.
Auf der Farm arbeiten fest nur vier Menschen. Zwei aus dem Dorf, die die Tiere betreuen. Und die Büffel melken. Ein Käsemeister aus Brasilien. Und Krishan.
Der Rest wird durch Praktikanten bewältigt. Mindestens fünf Praktikanten sind ständig auf der Farm. Und unterwegs zum Restaurant nach Bukarest. Ihr Lohn ist Essen und Logis und Erfahrung. Menschenkenntnis, Selbstvertrauen, Vertrauen in Natur und Mensch.
Ich bin schon eine Weile unterwegs. Meine Stiefel scheuern. Ich will wissen, wie weit ich noch laufen muss.
Mir kommt eine junge Frau entgegen. Sie spricht kein Rumänisch. Auf englisch sagt sie. Ich bin Australierin. Nein, die Farm ist nicht mehr weit. Ich gehe ins Dorf Zigaretten kaufen.
Die Australierin hatte schon über Handy Bescheid gegeben. Und Evia, die Praktikantin aus Estland und Niels aus Norway erwarten mich.
Zeigen mir die Neuheiten auf der Farm. Dann kochen und essen wir zusammen.
Evia bin ich schon bei meinem ersten Besuch begegnet. Krishan ist in Bukarest mit Fleisch und Farmprodukten. Aber alle anderen sind da. Kümmern sich um die Farm und um die Gäste.
Auch für meine wunden Füße wird gesorgt. Ein neuer Praktikant, ein deutscher Druide mit seinem Auto fährt mich zurück nach Cata. Katzendorf.
Die Autorin Carmen-Francesca Banciu ist in Rumänien aufgewachsen und lebt inzwischen seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Im vergangenen Herbst ist Carmen Francesca Banciu wieder für einige Wochen nach Rumänien zurückgekehrt, in den kleinen siebenbürgischen Ort Katzendorf.