Anja Rützel, Trash-TV, Reclam-Verlag 2017, 10 Euro.
"Man kann halt ungeniert gaffen"
Beim Trash-TV kann man ungeniert gaffen, sagt die Autorin Anja Rützel. Sie findet, dass Zuschauer beim Fernsehschund einiges über das Leben lernen und hat diesem Phänomen ein Buch gewidmet.
Während man im echten Leben alles selbst erleben müsse, könne man im Trash-TV den Emotionen zusehen. Für die Autorin Anja Rützel spricht das für die Vorteile dieser Fernsehprogramme, über die viele Leute eher die Nase rümpfen. "Beim Trash-Fernsehen kann man unverstellt manchmal Emotionen sehen, obwohl wahnsinnig viel inszeniert ist", sagte die Autorin und Bloggerin, Anja Rützel, im Deutschlandradio Kultur. Der Zuschauer könne immer wieder solche Momente miterleben. Das könne eine Ablehnung oder die totale Überraschung sein. Selbst in den Briefe, die ins Dschungelcamp geschrieben würden, reiße hin und wieder der Vorhang und die Leute zeigten ihr echtes Selbst, auch wenn sie die abgekochtesten Profis seien. "Das Schöne ist im Vergleich zum echten Leben, man kann halt ungeniert gaffen." Man schleiche nicht bei den Nachbarn durch den Vorgarten und müsse sich nicht als Voyeur fühlen, um zu gucken, wie die streiten. "Es wird einem präsentiert und es ist okay, zuzuschauen und zu gaffen."
Kritik an Werturteil
Rützel hat über dieses Phänomen das Buch "Trash-TV" geschrieben, in dem sie ein Plädoyer für Fernsehprogramme wagt, die zeitweise als "Unterschichtfernsehen" diskreditiert wurden. "Wenn jemand eine Sendung als Trash bezeichnet, schwingt da immer ein Werturteil mit und eine Verurteilung derer, die das schauen", sagte sie. Das findet Rützel problematisch. Sie kritisiert, dass man sich in dieser Weise über andere Zuschauer erhebt, als seien sie die "dumme, stumpfe Masse". Das sei sehr abwertend und verallgemeinernd. Stattdessen vertritt die Autorin die Position, dass man etwas über das Leben lernen könne, wenn man Trash-TV schaut. Wenn man mit einem bestimmten Blick darauf schaue und nicht nur den Linien folge, die die Produzenten der Sendungen so anlegten, dann ließe sich einiges entdecken.