Egon Bahr über Willy Brandt: Audio Player
Egon Bahr ist tot
Der SPD-Politiker Egon Bahr ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Er galt als enger Vertrauter des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt und bestimmte die Ostpolitik mit seinem Gedanken "Wandel durch Annäherung". Auch die Geschichte unseres Senders prägte er - als RIAS-Chefredakteur.
Der Architekt der deutschen Ostpolitik, der SPD-Politiker Egon Bahr, ist tot. Der frühere enge Vertraute des SPD-Kanzlers Willy Brandt starb im Alter von 93 Jahren, wie ein Parteisprecher am Donnerstag bestätigte. Als Minister war Bahr zwischen 1972 und 1976 einer der prägenden Mitgestalter der Politik der damaligen Bundesregierung, die mit zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas beitrug.
Bahr prägte den "Wandel durch Annäherung"
Die Karriere des 1922 im thüringischen Treffurt geborenen SPD-Politikers war lange Zeit eng mit Willy Brandt verknüpft. Bahr wirkte unter anderem als Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Mit Moskau und Warschau verhandelte er über Verträge zu einem Gewaltverzicht und zur Normalisierung der Beziehungen. Im Jahr 1972 wurde er Bundesminister für besondere Aufgaben. Nach dem Rücktritt Brandts im Jahr 1974 übernahm Bahr unter Nachfolger Helmut Schmidt (SPD) das Amt des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Egon Bahr über den "Wandel durch Annäherung": Audio Player
"Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer haben wir in der letzten Nacht vom Tode Egon Bahrs erfahren", sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Die deutsche Sozialdemokratie und viele Menschen in Europa trauerten um einen "mutigen, aufrichtigen und großen Sozialdemokraten, den Architekten der deutschen Einheit, Friedenspolitiker und Europäer", so Gabriel.
Bahr sei ein großer Vordenker mit einzigartiger politischer Tatkraft gewesen. "Er vertraute wesentlich auf die Macht der Freiheit und die Kraft des Gesprächs, das war die Grundlage für den 'Wandel durch Annäherung'", erklärte Gabriel. Bahr war erst Ende Juli noch in Moskau und hatte sich dort zusammen mit dem Ex-Sowjetpräsidenten Michail Gorbatschow für ein Ende der Entfremdung zwischen Deutschland und Russland in der Ukraine-Krise ausgesprochen.
Egon Bahr über eine mögliche "Musikerkarriere": Audio Player
Vor seiner Tätigkeit in der Politik arbeitete Bahr nach dem Kriegsende für verschiedene Zeitungen und wurde später Chefredakteur des RIAS - Rundfunk im amerikanischen Sektor -, einem der Vorgängersender von Deutschlandradio Kultur. In dieser Funktion erlebte er auch den Tag des Arbeiteraufstandes in der DDR am 17. Juni 1953.
Programmtipp: Um den Tod von Egon Bahr geht es auch in "Studio 9" ab 17.07 Uhr und in den "Zeitfragen" ab 19.07 Uhr.