Merkel sollte offenbar nicht auf Trauerfeier für Kohl reden
Beim Europäischen Trauerakt für den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl wird auch Angela Merkel sprechen. Zuvor hatte es aber offenbar Auseinandersetzungen um die Rednerliste gegeben. Laut "Spiegel" wollte seine Witwe stattdessen Merkels Gegner Viktor Orbán als Redner.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll die Witwe von Helmut Kohl, Maike Kohl-Richter, versucht haben zu verhindern, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer Trauerfeier für den am Freitag verstorbenen Altkanzler spricht. Das sei natürlich ein gewaltiger Affront gegen Merkel, so Christiane Hoffmann vom Hauptstadtbüro des Nachrichtenmagazins im Deutschlandfunk Kultur.
Dem Magazin lägen Informationen vor, dass ursprünglich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán vorgesehen gewesen sei, der bis zum Schluss ein Vertrauter Kohls war. "Kohl hatte ihn ja während der Flüchtlingskrise in Oggersheim empfangen", sagt Hoffmann. Das sei auch schon als Affront gegen Merkel verstanden worden, weil Orbán innerhalb der EU Merkels Gegner in der Flüchtlingskrise war.
Erstmals ein Europäischer Trauerakt
"Offenbar ist es aber gelungen - und es hat wohl der relativ engagierten Intervention einiger Vertrauter bedurft - , die Witwe Maike Kohl-Richter von dieser Idee abzubringen und ihr die Symbolik auch noch mal deutlich zu machen, wenn er spricht, Merkel aber nicht." Für den verstorbenen Kohl wird es erstmals keinen deutschen Staatsakt geben. Stattdessen soll er am 1. Juli im EU-Parlament in Straßburg mit einem Europäischen Trauerakt geehrt werden. Ein solches Ereignis findet zum ersten Mal in der EU-Geschichte statt. Als Redner werden neben den Präsidenten der drei EU-Institutionen Bundeskanzlerin Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der frühere US-Präsident Bill Clinton erwartet.
Helmut Kohl offenbar bis zuletzt unversöhnt
Mit Blick auf den Konflikt um die Rednerliste sagte die "Spiegel"-Journalistin Hoffmann, dass es insgesamt sehr viele Hinweise darauf gebe, dass Kohl oder Kohl und seine Frau in den ganzen letzten Jahren sehr unversöhnt gewesen seien mit so gut wie allen, die Kohl begleitet hatten, aber in irgendeiner Weise in Ungnade gefallen waren. "Es ist nie der Versuch gemacht worden, auch erkennbar am Lebensende sich auszusöhnen mit all diesen Personen. Und in das Bild würde es natürlich passen, noch einmal letztlich das Ableben zu benutzen, um noch Rechnungen zu begleichen", so die Journalistin.
"Dieser Unfrieden, den er hinterlässt, ist symbolisch", so Hoffmann weiter. "Ich glaube, dass das Urteil über Kohl immer zwiespältig bleiben wird." Einerseits gebe es seine ungeheuren Verdienste, aber andererseits "diesen ganz schwierigen Charakter, dieses Rachsüchtige, das Verlangen nach unbedingter Loyalität und wenn die nicht erbracht wird, dann das Verstoßen von Personen". Das werde sich nie auflösen lassen.
(uz)