Traumpaar des 18. Jahrhunderts
"Eine kluge Wissenschaftlerin und ein genialer Schriftsteller verlieben sich - und werden im Frankreich des 18. Jahrhunderts zum Traumpaar. Émilie du Châtelet und Voltaire lieben und hassen sich, wie es sich ein guter Biograph nur wünschen kann. Und so schreibt David Bodanis eine knallige Doppelbiographie mit allerlei erotischen Geschichtchen, Schwertkämpfen und Falschspielereien."
Mit 16 Jahren wird die junge Frau von ihren Eltern an den Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. nach Paris geschickt. Dort soll sie die übliche Karriere einschlagen: Sich einen reichen Mann suchen. Aber das ist Émilie du Châtelet (1706– 1749) natürlich nicht genug.
Die Tochter des königlichen Zeremonienmeisters Baron von Breteuil hatte sich schon als Kind für Astronomie interessiert, hatte Vergil übersetzt und Horaz auswendig rezitiert. Der Biograph David Bodanis beschreibt seine Heldin als attraktive und überaus kluge Frau. Sie ist nicht nur wissenschaftlich interessiert, sondern besitzt jene Vorstellungskraft und jenen Mut, die notwendig sind, um neue Denkwege einzuschlagen.
Zunächst kommt Émilie doch unter die Haube. Mit 18 Jahren heiratet sie den 30-jährigen Marquis Florent-Claude du Châtelet. Aber das hält sie nicht von zahlreichen Affären ab. Und hier tritt die zweite Hauptfigur hinzu: Voltaire (1694–1778), polemischer Schriftsteller, Intellektueller und Wegbereiter der französischen Revolution. An einem warmen Sommerabend im Jahre 1733 begegnen sich die beiden in einem Gasthof. Émilie redet klüger und schneller, als irgendjemand, dem Voltaire je begegnet ist. Es ist Liebe auf den ersten Blick.
Bodanis allerdings kommt schnell auf die sexuellen Details der Affäre zu sprechen, denn "dort ging es dann richtig zur Sache". Es ist einer der wenigen sprachlichen Ausrutscher, die sich der Autor leistet. Zwar schreibt er hin und wieder zu detailverliebt, aber dafür flott und spannend. Bodanis kennt die klassischen Erzählkniffe: Sein Prolog ist ein Vorgriff auf das Ende, und jedes Kapitel schließt mit einem Cliffhänger.
Émilie und Voltaire richten sich ihren Lebensmittelpunkt in Schloss Cirey ein, 250 Kilometer östlich von Paris. Sie diskutieren nicht nur untereinander, sondern unterhalten Korrespondenzen nach ganz Europa. Mit Émilies Hilfe schreibt Voltaire eine allgemeinverständliche Darstellung der Philosophie Newtons. Gemeinsam stellen sie Experimente zu den Farben des Lichts an. Und als die Akademie der Wissenschaften in Paris ihre jährliche Preisaufgabe dem Wesen von Wärme, Licht und Feuer widmet, beteiligen sich beide mit einem Essay. Émilie allerdings arbeitet heimlich an ihrem Aufsatz, um Voltaire nicht vor den Kopf zu stoßen.
Gegen die herrschende Auffassung entwickelt sie die Idee, dass das Licht masselos sein muss. Und obwohl ihr Essay der über¬zeugendste ist, darf sie als Frau den Preis der Akademie nicht gewinnen. Doch das, argumentiert Bodanis schlüssig, ist ein Vorteil: Weil ihr zeitlebens als Frau der Zugang zu wissenschaftlichen Institutionen verwehrt blieb, hatte Émilie den Freiraum, um selbst zu denken.
Als Voltaire begreift, dass ihm Émilie mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten überlegen ist, reagiert er gekränkt und eitel: Er beginnt, öffentliche Widerlegungen zu schreiben. So geht ein erster Riss durch die Beziehung. Es folgen Affären und Versöhnungen, Fluchten und immer wieder die Rückkehr nach Cirey – bis zum großen, dramatischen Finale.
Der Autor David Bodanis ist Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler, er hat mehrere populärwissenschaftliche Sachbücher geschrieben. Die Fakten und die Wissenschaft kommen diesmal allerdings leider zu kurz. Émilies Geburtsjahr etwa sucht der Leser vergeblich. Und dass sich Schloss Cirey zu einem wissenschaftlichen Zentrum, zu einem Ort des freien Denkens entwickelt, erfährt er eher nebenbei.
Und so ist Bodanis’ Doppelbiographie zwar kein Buch für tiefschürfende Betrachtungen am Schreibtisch, aber durch die unzähligen Anekdoten und verrückten Geschichten, mit denen Bodanis das Leben des Paares lebendig werden lässt, eine kurzweilige, unterhaltende Urlaubslektüre.
Rezensiert von Marcus Weber
David Bodanis
Émilie und Voltaire. Eine Liebe in Zeiten der Aufklärung.
Übersetzt von Hubert Mania.
Rowohlt 2007
442 Seiten, 22,90 Euro.
Die Tochter des königlichen Zeremonienmeisters Baron von Breteuil hatte sich schon als Kind für Astronomie interessiert, hatte Vergil übersetzt und Horaz auswendig rezitiert. Der Biograph David Bodanis beschreibt seine Heldin als attraktive und überaus kluge Frau. Sie ist nicht nur wissenschaftlich interessiert, sondern besitzt jene Vorstellungskraft und jenen Mut, die notwendig sind, um neue Denkwege einzuschlagen.
Zunächst kommt Émilie doch unter die Haube. Mit 18 Jahren heiratet sie den 30-jährigen Marquis Florent-Claude du Châtelet. Aber das hält sie nicht von zahlreichen Affären ab. Und hier tritt die zweite Hauptfigur hinzu: Voltaire (1694–1778), polemischer Schriftsteller, Intellektueller und Wegbereiter der französischen Revolution. An einem warmen Sommerabend im Jahre 1733 begegnen sich die beiden in einem Gasthof. Émilie redet klüger und schneller, als irgendjemand, dem Voltaire je begegnet ist. Es ist Liebe auf den ersten Blick.
Bodanis allerdings kommt schnell auf die sexuellen Details der Affäre zu sprechen, denn "dort ging es dann richtig zur Sache". Es ist einer der wenigen sprachlichen Ausrutscher, die sich der Autor leistet. Zwar schreibt er hin und wieder zu detailverliebt, aber dafür flott und spannend. Bodanis kennt die klassischen Erzählkniffe: Sein Prolog ist ein Vorgriff auf das Ende, und jedes Kapitel schließt mit einem Cliffhänger.
Émilie und Voltaire richten sich ihren Lebensmittelpunkt in Schloss Cirey ein, 250 Kilometer östlich von Paris. Sie diskutieren nicht nur untereinander, sondern unterhalten Korrespondenzen nach ganz Europa. Mit Émilies Hilfe schreibt Voltaire eine allgemeinverständliche Darstellung der Philosophie Newtons. Gemeinsam stellen sie Experimente zu den Farben des Lichts an. Und als die Akademie der Wissenschaften in Paris ihre jährliche Preisaufgabe dem Wesen von Wärme, Licht und Feuer widmet, beteiligen sich beide mit einem Essay. Émilie allerdings arbeitet heimlich an ihrem Aufsatz, um Voltaire nicht vor den Kopf zu stoßen.
Gegen die herrschende Auffassung entwickelt sie die Idee, dass das Licht masselos sein muss. Und obwohl ihr Essay der über¬zeugendste ist, darf sie als Frau den Preis der Akademie nicht gewinnen. Doch das, argumentiert Bodanis schlüssig, ist ein Vorteil: Weil ihr zeitlebens als Frau der Zugang zu wissenschaftlichen Institutionen verwehrt blieb, hatte Émilie den Freiraum, um selbst zu denken.
Als Voltaire begreift, dass ihm Émilie mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten überlegen ist, reagiert er gekränkt und eitel: Er beginnt, öffentliche Widerlegungen zu schreiben. So geht ein erster Riss durch die Beziehung. Es folgen Affären und Versöhnungen, Fluchten und immer wieder die Rückkehr nach Cirey – bis zum großen, dramatischen Finale.
Der Autor David Bodanis ist Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler, er hat mehrere populärwissenschaftliche Sachbücher geschrieben. Die Fakten und die Wissenschaft kommen diesmal allerdings leider zu kurz. Émilies Geburtsjahr etwa sucht der Leser vergeblich. Und dass sich Schloss Cirey zu einem wissenschaftlichen Zentrum, zu einem Ort des freien Denkens entwickelt, erfährt er eher nebenbei.
Und so ist Bodanis’ Doppelbiographie zwar kein Buch für tiefschürfende Betrachtungen am Schreibtisch, aber durch die unzähligen Anekdoten und verrückten Geschichten, mit denen Bodanis das Leben des Paares lebendig werden lässt, eine kurzweilige, unterhaltende Urlaubslektüre.
Rezensiert von Marcus Weber
David Bodanis
Émilie und Voltaire. Eine Liebe in Zeiten der Aufklärung.
Übersetzt von Hubert Mania.
Rowohlt 2007
442 Seiten, 22,90 Euro.