Trends auf der IAA: Viel Volt statt viel PS unter der Haube

Von Thomas Wagner |
Alle großen Autohersteller zeigen auf der IAA Frankfurt mindestens ein elektrogetriebenes Modell. Die Medien sind voll mit Berichten darüber. Doch der klassische Verbrennungsmotor, so die Experten, wird in absehbarer Zeit so schnell nicht an Bedeutung verlieren.
Mehr als hundert Journalisten und Fachleute treffen sich auf der IAA in Frankfurt in der Messehalle 4, der Arena der Elektromobilität. Der Anlass: Die Vorstellung des Zukunftsautos 'Mute' - ein Begriff, der normalerweise für das Ausblenden von Geräuschen steht.

"Mute steht für Elektromobilität der TU-München, die natürlich sehr leise ist."

Richard Eckel ist einer jener 70 Studierenden und Doktoranden, die am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München am Zukunftsauto 'Mute' mitgearbeitet haben. Der schnittige, futuristisch designte Zweisitzer kann mehr als all die vielen Elektroautos, die die traditionellen Hersteller um ihn herum präsentieren.

"Wir haben hier ganz besonders auf Leichtbau geachtet und haben die Gewichtsspirale nach unten gedreht und somit erreicht, dass wir mit einem leichten Fahrzeug eine geringe Motorleistung brauchen. Wenn wir eine geringe Motorleistung brauchen, dann werden wir gering im Verbrauch. Dann können wir mit einem kleinen Akku auskommen und sparen damit Kosten."

Das ist möglicherweise zukunftsweisend auch für Serienhersteller: Mit seinem 15-Kilowatt-starken Motor schafft 'Mute' 120 Stundenkilometer Spitze bei gerade mal 500 Kilogramm Leergewicht. E-Autos klassischer Fahrzeughersteller bringen ein Mehrfaches davon auf die Waage, müssen daher mit riesigen Batterieblöcken ausgerüstet werden, was Gewicht und Kosten weiter nach oben drückt. Doch nicht nur in Sachen Leichtbautechnik könnte 'Mute' ein Vorbild sein. Das Fahrzeug kann darüber hinaus komplett ferngesteuert werden - von Fahrern, die Hunderte von Kilometer entfernt in speziellen Leitständen am Lenkrad sitzen. Richard Eckel:

"Der Taxifahrer sitzt in einem Steuerstand, hat Bildschirme vor sich, hat das Lenkrad vor sich, Gaspedal vor sich, kann dieses Fahrzeug, das führerlos ist, ferngesteuert von einem Ort zum anderen bewegen."

Diese Technologie bietet Autovermietern völlig neue Perspektiven, aber auch Mitmenschen, die beim Einparken so ihre Probleme haben - der professionelle "Taxi-Fahrer" am elektronischen Leitstand kommt mit 'Mute' in die engste Lücke hinein. Einige Hersteller denken bereits in die gleiche Richtung wie die Nachwuchswissenschaftler der TU München. Ein wenig abseits von den herkömmlichen Autos zeigt Opel beispielsweise sein Modell Rak. Das Gefährt sieht aus wie eine Art Raketenrumpf auf Rädern.

"Das ist eine Reminiszenz des Rak 2. Das war ein Fahrzeug, mit dem einer der Söhne von Adam Opel 1928 eine Rekordfahrt unternommen hat. Er ist dabei 228 Stundenkilometer gefahren. Und das haben wir einfach aufgegriffen, weil wir denken, dass das jetzt auch ein revolutionäres Fahrzeugkonzept ist."

Rak 2 ist allerdings nicht mehr ganz so schnell, gibt Gerhard Weihl, Entwickler für Elektromobilität bei Opel, zu: Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 120 Stundenkilometer. Und statt eines Raketentriebwerks hat Rak 2...

"... einen Elektroantrieb, der wesentlich effizienter ist als ein Elektromotor, sodass wir in der Summe mit einem Drittel des Gewichtes eines herkömmlichen Fahrzeuges, mit dem geringeren Luftwiderstand, etwa die Hälfte des konventionellen Fahrzeuges, und dem effizienten Elektromotors nur ein Zehntel der Energie benötigen, die ein normales Auto benötigen würde bei vergleichbarer Fahrleistung."

Das Ziel ist ein Euro Kosten auf 100 Kilometer - ein Ziel, das sich nach Ansicht des Entwicklers mit Rak 2 erreichen lässt.

Bei soviel Elektromobilität übersehen die Besucher gerne, welche Entwicklungen sich in der digitalen Vernetzung des Autos ergeben haben. Der Reifenhersteller Conti zeigt auf der IAA beispielsweise das intelligente Rad, das mit dem Smartphone in der Tasche kommuniziert. Rachel Harrisson von Conti hat sich das entsprechende App herunter geladen und blickt auf eine schematisierte Darstellung von vier Rädern, die mit Ziffern versehen sind.

"Die Zahlen sagen uns: Was ist der richtige Luftdruck in jedem Rad im Moment? Und wenn der Luftdruck unzulässig sinkt, dann zeigen wir das auch. So können die Kunden genau sehen, in welche Position ein Rad nicht die richtige Luft hat."

Dass wichtige Fahrzeugdaten mit Sensoren gemessen und aufs Smartphone übertragen werden, liegt im Trend. Zulieferer wie Conti gehen noch einen Schritt weiter: Das Mobiltelefon ersetzt, wenn der Fahrzeugeigentümer dies wünscht, den Autoschlüssel.

Wie's funktioniert, erklärt Unternehmenssprecher Enno Pflug an einem Beispiel:

"Ich möchte mit dem Mietwagen von A nach B. Wie komme ich jetzt aber an den Mietwagenschlüssel? Ich bestelle den Mietwagen im Internet. Aus dem Internet wird der digitale Schlüssel in mein Handy hineingeschickt. Ich sehe auf meinem Handy, wo der Wagen geparkt und kann dann mit dem Handy mit nearfield-communication die Autotür öffnen."
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