Kein Durchbruch
Trotz großer Meinungsunterschiede sprach Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach dem Treffen mit seinem polnischen und russischen Amtskollegen von einer "neuen Atmosphäre". Einig war man sich aber nur darin, dass die Gewalt in der Ukraine beendet werden müsse.
Ernste Gesichter bei der Pressekonferenz der drei Außenminister im Anschluss an ihr Treffen in St. Petersburg. Sie hätten in offener Atmosphäre Meinungen ausgetauscht, sagte Frank-Walter Steinmeier. Dass diese Meinungen auseinander gehen, war schon vorher klar gewesen.
"Wir haben einen Teil des Gespräches darauf verwandt, in die jüngere Vergangenheit zurückzuschauen, natürlich auch auf den 20., 21. Februar, natürlich auch auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, wir haben versucht, auch Verständigung darüber zu finden, dass es in dieser tiefen Krise Europas kein Interesse irgendeines der am Gespräch beteiligten Staaten sein kann, eine neue Spaltung Europas zu riskieren."
Im Februar hatte Ex-Präsident Janukowitsch die Ukraine verlassen, Russland betrachtet dies als einen "illegalen Umsturz“ - eine Formulierung, die Russlands Außenminister Lawrow auch heute im Beisein Steinmeiers und Sikorskis wiederholte.
Waffenstillstand, aber wie?
Einig seien sich die drei Chefdiplomaten vor allem in einem, hieß es: Die Gewalt in der Südostukraine müsse sofort beendet werden. Doch umstritten ist bereits die Frage, von wem der Waffenstillstand ausgehen muss. Steinmeier wies darauf hin, dass der neu gewählte Präsident der Ukraine, Poroschenko, bereit sei, eine Waffenruhe anzuordnen, wenn die Separatisten die Waffen niederlegen. Er hoffe, dass Russland seinen Einfluss auf die Separatisten geltend mache, so Steinmeier. Dazu der russische Außenminister Lawrow:
"Der Schlüssel zur Entspannung der Situation ist das Ende der Militäroperation gegen die Protestierenden. Danach werden die Leute, die Sie Separatisten nennen, nachziehen. Denn niemand hat ein Interesse daran, dass der Krieg dort weitergeht. Wenn die Luftwaffe ein Stadtzentrum angreift wie in Lugansk, wenn Artillerie Wohnviertel beschießt, dann können Sie den Menschen doch nicht vorwerfen, dass sie die Städte und Dörfer schützen wollen, in denen ihre Kinder leben."
Russland spricht von einer gesetzeswidrigen "Strafaktion“ des ukrainischen Militärs. Polens Außenminister Sikorski fand dazu deutliche Worte. Die russische Übersetzerin:
"Die Ukraine ist ein souveräner Staat und hat das Recht, Gewalt gegen illegale bewaffnete Kräfte einzusetzen, die die Lage im Staat destabilisieren wollen. Minderheitenfragen, Fragen der Sprachen und der Aufwertung der Regionen sind sehr wichtig. Aber man muss sie mit Methoden klären, die der Verfassung und den Gesetzen des Landes entsprechen. Und nicht mit Raketen, wie es Separatisten versuchen."
Soweit Sikorski.
EU-Annäherung unterschiedlich bewertet
Russland sieht die Annäherung der Ukraine an die EU weiterhin kritisch. Dies hatte Lawrow bereits gestern bei einem Treffen mit seinem finnischen Amtskollegen deutlich gemacht und vor Konsequenzen gewarnt. Sikorski versuchte heute, die russischen Bedenken auszuräumen. Noch einmal die Übersetzerin:
"Die Ukraine und Russland sind historisch, menschlich, wirtschaftlich verbunden. Diese Verbindungen will niemand zerstören. Die Annäherung Polens an die EU zeigt doch, dass sich das positiv auf den Handel mit Russland auswirkt. Wir sehen keine Bedrohung Russlands durch die Annäherung der Ukraine mit der EU. Und eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO steht nicht auf der Tagesordnung."
Lawrow überzeugte das offenbar nicht. Er drohte erneut mit negativen Folgen für die Ukraine.
"Niemand stellt das Recht der Ukraine auf eine freie Wahl infrage. Aber wenn sie sich für die EU-Assoziierung entscheiden, wird Russland in seinen Handelsbeziehungen mit der Ukraine zum Regime größtmöglichen eigenen Nutzens übergehen."
Bundesaußenminister Steinmeier sprach heute dennoch von einer, wie er sagte, "neuen Atmosphäre“. Gespräche seien eben auch in schwierigen Zeiten nötig.