Geschichtenerzähler und hipper Musiker
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Am 14. Dezember wäre Clark Terry 100 Jahre alt geworden. Er gehörte jahrzehntelang zu den führenden Jazztrompetern, war für Louis Armstrong die Nummer eins unter ihnen. Zudem war Terry auch ein Meister am Flügelhorn.
Wie kaum ein Musiker seiner Kragenweite spielte Clark Terry in den Orchestern von Duke Ellington und Count Basie, was ihn zeitlebens sehr stolz machte. Wobei Terrys Zeit bei Ellington wesentlich länger (von 1951 bis 1959) und auch prägender war. Der Duke hat Clark Terry immer wieder geadelt und zum Beispiel betont, dieser Musiker stehe außerhalb jeder Kategorie.
Eigentlich findet man von fast allen Jazzgrößen und vor allem von den wichtigen Trompetern aus den – nennen wir sie ruhig gemütlich – aus den guten alten Zeiten bewundernde Zitate zu Clark Terry. Für Louis Armstrong war er der "Lieblingstrompeter".
Freundschaft mit Miles Davis
Und auch für Miles Davis war Terry ein großes Idol, auch wenn es ein wenig gedauert hat, bis die beiden zusammenfanden und später sogar dicke Buddys wurden. In seiner Autobiografie schrieb Miles Davis über die erste Begegnung an einer Highschool in Carbondale, Illinois, die für ihn eher suboptimal verlief:
"Ich sah den Burschen, ging direkt zu ihm hin und fragte ihn, ob er Trompeter sei. Er drehte sich um und fragte mich, woher ich das wüsste, und ich sagte, dass ich das an seiner Mundpartie erkennen könne. Außerdem sähe ich an seinen schrillen Klamotten, dass er Trompeter sei. Clark hatte einen tollen Mantel an und einen wunderschönen Schal um den Hals. Er trug dazu abgefahrene Schnürstiefel und einen scharfen Hut, zur Seite gekippt. Dann wollte ich ein paar Sachen über das Trompete-Spielen wissen. Aber er schaute mich kaum an und gab mir zu verstehen, dass er gar nicht daran denke, über Trompeten zu quatschen, wenn so viele hübsche Mädchen hier herumschwirren würden."
Eine Karriere als Autodidakt
Clark Terry gab später sein Wissen und seine Erfahrungen mit großer Leidenschaft an nachfolgende Generationen weiter, sein eigenes Trompetenspiel hatte er einst entwickelt, ohne je eine einzige Trompetenstunde gehabt zu haben. Sein Vater musste elf Kinder großziehen, hatte für ein Dach über dem Kopf zu sorgen, für Kleidung und für Essen. An Trompetenstunden sei überhaupt nicht zu denken gewesen.
Das autodidaktische Lernen hatte natürlich auch bei Clark Terry seine Tücken. Aber sein Sound wurde nicht zuletzt dadurch ungemein individuell. Er kultivierte die Zirkularatmung, drückte die Ventile seiner Trompete oft nur halb herunter und erzeugte seinen eigenen Klangkosmos.
Trompete nicht das "richtige" Instrument
Auch wenn Clark Terry jahrzehntelang zu den führenden Jazztrompetern gehörte: Er mochte eigentlich viel lieber das Saxophon und dessen volleren und intimeren Sound. Um das Dilemma, das er eigentlich das falsche Instrument für sich gewählt hat, zu umgehen, machte er bald das weicher klingende Flügelhorn zu seinem ständigen Begleiter. Terry hat dieses Instrument ab den 1950er-Jahren im Jazz durchgesetzt. Und er spielte es nicht nur, wenn er Balladen interpretierte, sondern auch bei druckvolleren Stücken.
Wenn man mal wieder lachen wollte, war man in einem Konzert von Clark Terry gut aufgehoben. Dort spiele er nicht nur Trompete und Flügelhorn. Er sang auch gern, wenn man das Singen nennen konnte.
Sein Singen nannte er "Mumbles"
Terry sang nicht selten, als würde er ein Trompetensolo spielen, und dabei spuckte er kleine Textfragmente oder Silben aus. Man verstand sein "Genuschel" kaum und er nannte diese Art zu vokalisieren genauso: "Mumbles". Die Idee dahinter war eigentlich die Parodie älterer Blues-Sänger, die man "schon nach der ersten Strophe nicht mehr so richtig verstehen konnte", wie Terry mal sagte.
Clark Terrys Karriere war beeindruckende Jahrzehnte lang. Er trat regelmäßig im US-amerikanischen Fernsehen auf, nahm Hunderte Platten auf und tourte bis ins hohe Alter noch durch die Welt, gastierte in großen Hallen und Konzerthäusern. In seiner europäischen Band spielte jahrelang auch der deutsche Schlagzeuger Wolfgang Haffner, der Clark Terry, wie so viele andere auch, bis zum heutigen Tag verehrt:
"Clark Terry war einfach ein unglaublicher Geschichtenerzähler. Und jede Note hatte da eine Bedeutung bei ihm. Da ging es nie darum, flashy zu sein – oder pseudo-hip. Clark Terry war für mich der Inbegriff des hippen Musikers, ohne jemals diesen Anspruch zu haben, hip sein zu wollen."