Trotz Entscheidung des Verfassungsgerichts

Parität der Geschlechter im Bundestag "noch möglich"

06:14 Minuten
Blick in den Bundestag: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht am Pult.
Blick in den Bundestag: Der Frauenanteil liegt aktuell bei 30,7 Prozent. Das ist weniger als in der vergangenen Legislaturperiode. © Imago / Metodi Popow
Misbah Khan im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Gleichheit im Bundestag, was die Anzahl von Frauen und Männern angeht: Das wollte eine Gruppe von Frauen einklagen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage zurückgewiesen. Für Grünen-Politikerin Misbah Khan gibt es dennoch Hoffnung.
Parität im Bundestag - also gleich viele Frauen und Männer im deutschen Parlament -, das wollte eine Gruppe von Frauen einklagen. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde zurück, wie es am heutigen Dienstag mitgeteilt hat. Die Richter und Richterinnen befanden, die Klägerinnen hätten nicht ausreichend begründet, warum der Gesetzgeber für Geschlechterparität sorgen soll.
Denn gewählte Abgeordnete seien nicht nur ihrem Wahlkreis, einer Partei oder einer Bevölkerungsgruppe verpflichtet, sondern eben dem ganzen Volk - und damit Frauen und Männern gleichermaßen. Deshalb sei es nicht nötig, dass das Parlament zur Hälfte aus Frauen bestehe, so das Gericht.

Strukturelles Problem in der Politik

Im Deutschen Bundestag sitzen derzeit 30,7 Prozent Frauen. In einigen Landesparlamenten sind es sogar noch weniger: Schlusslicht ist aktuell Sachsen-Anhalt mit einem Frauenanteil von 21,8 Prozent. Es sei ein strukturelles Problem, dass so wenige Frauen in die Politik gingen, sagt Misbah Khan, Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen Grünen.
Das wiederum habe verschiedene Gründe. Frauen in der Politik würden in der alltäglichen Arbeit immer wieder gleiche Dinge erleben, die auf strukturelle Probleme deuten würden: "Das ist eine Konstellation an unterschiedlichen Punkten: Eine Ausschusssitzung, wo man vielleicht nicht ganz ernst genommen wird, der Artikel, in dem man auf sein Äußeres reduziert wird. Da gibt es, glaube ich, ganz, ganz viele Momente, in denen sich das zeigen kann", sagt Khan.

Die Parteien sind gefordert

Dass das Gericht die Klage für Parität im Bundestag zurückgewiesen habe, bezeichnet sie als "schade". Allerdings sei nur festgestellt worden, dass der Staat keine Pflicht habe, ein Paritätsgesetz zu erlassen, betont Khan. Es sei dennoch möglich.
Solange die Parität nicht gesetzlich festgeschrieben sei, sieht Khan die Parteien in der Pflicht "selbst dafür zu sorgen, dass Parität möglich ist." Sie glaube, dass die Parteien unterschiedlich sensibel dafür seien. "Man muss Gleichberechtigung immer wieder üben und leben. Und das ist ein wichtiger Fakt", sagt sie.
Es gebe viele unterschiedliche Hebel und Mechanismen. "Ich glaube, die Rahmenbedingungen politischer Arbeit müssten strukturell verbessert werden. Es muss mehr Ansprache geben, explizit für Frauen", sagt Khan, aber es bräuchte auch Vorbilder und Möglichkeiten für Frauen, Politik und Familie vereinbaren zu können.
(nho)
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