Trümmer

Die Platte zur Zeit

Die Hamburger Diskursrock-Band Trümmer
Die Hamburger Diskursrock-Band Trümmer © Credit: VOY
Von Christoph Reimann |
Mit ihren Texten wollen sie etwas verändern – da draußen in der Gesellschaft. Doch als Nachfahren der Hamburger Schule sehen sie sich nicht. Die drei Köpfe der Band Trümmer sind Mitte 20, kommen aus der Hansestadt und haben soeben ihr Debüt vorgelegt.
"In all diesen Nächten sind wir nicht brav, sondern schlimmer.
Und wir werden niemals alt, nein, wir bleiben so für immer.
Für immer. Für immer."
"Wenn ich von der Angst vorm Älterwerden singe, dann singe ich von der Angst vorm Stillstand. Und nicht von der Angst, Falten zu bekommen. Und ich setze eben die Jugend schon gleich mit einer gewissen Form von Aktivität und Aktionismus, mit dem Aufbegehren."
Paul Pötsch ist Mitte 20. Ein schlanker Typ mit rötlichen Haaren und blitzenden Augen. Er ist der Sänger und Gitarrist von Trümmer. Den Bass spielt Tammo Kasper, am Schlagzeug sitzt Maximilian Fenski. Vor zwei Jahren gründeten sie die Band – und sie wollen mehr, als bloß zu unterhalten:
"Und ich weiß nicht mehr wohin, und ich weiß nicht mehr woran,
doch ich starte die Revolte, und ich setz’ das Land in Brand."
"Ich glaube, es geht einfach um Emanzipation, ganz grundlegend. Emanzipation von Wünschen, von Träumen und von Gedanken. Wenn man so etwas singt wie 'Ich starte die Revolte', dann geht es natürlich auch darum, dass man sich selber aus einer Lethargie befreit. Das ist ja auch was Tolles: Solche Worte einfach in den Mund zu nehmen."
Trümmer wollen etwas verändern und geben sich nicht mit dem Zynismus zufrieden, den man mit ihrer Generation in Verbindung bringt. Doch was diese Veränderung sein soll, das wissen auch Trümmer nicht. Gesellschaftskritisch und dann noch in Hamburg zuhause – da jedenfalls ist der Vergleich mit der Hamburger Schule nicht weit weg. Doch in eine Tradition mit dem Diskurspop der 90er stellen sich Trümmer nicht:
"Das war ja auch damals schon ein Begriff, der erfunden wurde. Wo Bands sich plötzlich damit identifizieren mussten und das schon 94, 95 von sich gestoßen haben, diesen Begriff. Wir haben damit noch weniger zu tun als diese Leute, die ihn scheinbar aus der Taufe gehoben haben."
"Und die Welt macht weiterhin keinen Sinn.
Doch meine Augen sind groß, und sie flehen: Nimm mich überall mit hin."
Musik ist für Trümmer mehr als reine Unterhaltung
Die Hamburger Schule ist seit den ausgehenden Neunzigern Geschichte. Aber natürlich gibt es die Musiker von damals noch – und es ist zumindest bemerkenswert, dass sich die Goldenen Zitronen in einem aktuellen Videoclip von Trümmer vertreten lassen.
Die drei Mittzwanziger selbst stellen sich in eine Reihe von jungen Bands, Gruppen wie 206, Die Nerven oder Messer. Sie teilen sich nicht dieselbe Stadt, aber was sie verbindet, ist der deutschsprachige Gesang, und, so Paul Pötsch:
"Was uns eint, ist schon eine gewisse Grundunzufriedenheit.Ein Gefühl des Dagegen-Seins, ein Aufbegehren."
"Scheinbar geht es allen gut.
Ja, okay, man spuckt schon manchmal Blut.
Aber niemand hat hier ein Problem, denn wirklich jeder hat ein schönes Leben.
Scheinbar geht es allen gut.
Ja, okay, man spuckt schon manchmal Blut.
Aber niemand liegt hier im Dreck, denn dieses Leben, es ist so perfekt."
Die Texte von Trümmer sind einfach, und sie vermitteln eine Haltung. Da darf man ruhig von Diskurspop sprechen. Dennoch sind sie manchmal leider etwas zu schlicht geraten - und die Musik folgt zu oft den altbekannten Mustern des Indie-Gitarrenrocks.
"Und ich gehe durch die Unendlichkeit, zurück zum Nichts.
Durch den Ozean und das dunkle Licht, und dann ist Land in Sicht."
Trotzdem ist das Debüt von Trümmer eine gute erste Platte. Weil man den drei Hamburgern anrechnen kann, dass sie ein Anliegen haben und Musik für sie mehr ist als reine Unterhaltung. Und weil in ihnen Potenzial steckt. Da wird hoffentlich noch viel kommen.
"Denn vor uns liegt immer noch mehr als hinter uns.
Denn vor uns liegt immer noch mehr als hinter uns."
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