Trump, Bolsonaro und Gott

Comeback des Gottesstaates

03:52 Minuten
"Gott segne Bolsonaro und Trump! Befreit uns vom Kommunismus uns deren Sklaverei", steht auf dem Plakat einer Anhängerin des rechten brasilianischen Präsidenten am brasilianischen Unabhängigkeitstag.
"Gott segne Bolsonaro und Trump", steht auf einem Plakat einer Demonstrantin. Gerade Jair Bolsonaro und Donald Trump würden oft Gottes-Vergleiche ziehen, sagt Uwe Bork. © picture alliance/Myke Sena/dpa
Von Uwe Bork |
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Ob in den USA, Brasilien oder Italien: Politiker erklären Gott persönlich zu ihrem Verbündeten. Hinter der Vermischung von Politik und Religion verberge sich ein anti-demokratisches Politikverständnis, meint unser Autor, der Journalist Uwe Bork.
Eigentlich ist die Sache abgehakt, seit um 1750 Benjamin Franklin den Blitzableiter erfand, die Sache des Gottesgnadentums und der himmlischen Einmischung in irdische Geschäfte nämlich. "Wie?", werden Sie jetzt fragen: "Was haben denn Politik und der Schutz gegen Gewitterschäden miteinander zu tun?"
Nun, ganz einfach: Die Erfindung des Blitzableiters machte plötzlich Schluss mit der Idee, Blitzschläge seien der Ausdruck göttlichen Zorns, dem man nur mit einem gottgefälligen Leben entgehen könne. Franklin zeigte, dass es genügte, sich eine Metallstange auf das Hausdach zu pflanzen und schon war selbst der größte Gangster vor Blitzschäden gefeit. Gott war aus dem Geschäft.

Inzwischen wirkt es allerdings fast so, als sei er "back in business", und das nicht nur in islamischen Gottesstaaten und bei islamistischen Gotteskriegern.

Präsidiale Gottvergleiche

Da ist beispielsweise der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, dessen zweiter Vorname passenderweise "Messias" lautet. Bolsonaro nannte sein Überleben nach den Messerstichen eines Attentäters im Jahr 2018 "ein Zeichen Gottes", um seinen Erretter nach überstandener Corona-Infektion nun auch noch zum Landsmann zu machen: "Gott ist Brasilianer".
Der Noch-US-Präsident Trump steht mit seinem Gott offensichtlich ebenso auf Du und Du. So habe er ihn gefragt, berichtete er während des Wahlkampfs in Minnesota, ob er nicht "einen großartigen Job" gemacht habe, um dann - ganz Trump - hinzuzufügen: "Ich bin der Einzige, der so was kann."
Gott habe dem zwar beigepflichtet, ihm zur Strafe für seine Unbescheidenheit aber aufgetragen, seinen Job ein zweites Mal zu machen. Ohne dafür allerdings, diese Anmerkung sei erlaubt, auch gleich ein konkretes Datum zu nennen.
Amerikanische Kirchgänger scheint diese wundersame Melange aus Glauben und Politik nicht zu stören, ganz im Gegenteil: Nach einer Untersuchung der Denison University in Ohio meint fast jeder zweite von ihnen, dass Donald Trump bei seiner Wahl 2016 von Gott zum Präsidenten auserwählt wurde.

Das skeptische Europa

Europa ist in Bezug auf irdisch-himmlische Dialoge etwas skeptischer. Selbst wenn Politiker wie Viktor Orbán behaupten, "Europa kann nur durch die Rückkehr zum Christentum gerettet werden" oder wenn in einer polnischen Plakataktion konservativer Katholiken Jesus zum König von Polen ausgerufen wurde, klingt das für viele weniger nach Salbung als nach Salbaderei.
Als der ewig wahlkämpfende Matteo Salvini in Mailand ein Kreuz küsste und sein eigenes Leben wie das seiner Landsleute dem "unbefleckten Herz Mariens" widmete, bekam er deshalb sogar Gegenwind aus dem Vatikan. Der päpstliche Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin betonte, Parteipolitik spalte, Gott hingegen sei für alle da. Und er warnte: "Es ist sehr gefährlich, Gott für eigene Zwecke zu missbrauchen."

Keine Deals mit Gott

Wie wahr. Wer ein neues Gottesgnadentum oder einen Gottesstaat 2.0 schaffen will, um so seine Politik quasi von höchster Stelle zu legitimieren und sie so unangreifbar zu machen, fällt damit weit hinter die Rationalität der Aufklärung und die Grundlagen der Demokratie zurück. Mit einem zu Recht ausrangierten theologischen Ladenhüter öffnet er vielmehr der Willkür Tür und Tor.
Gott, so wie ich ihn mir vorstelle, macht mit uns keine Deals: weder beim Blitzschutz noch in der Wahlkabine. Oder, wenn Sie es gern etwas biblischer hätten, es war Jesus selbst, der die Händler aus dem Tempel vertrieb.

Uwe Bork, geboren 1951 im niedersächsischen Verden (Aller), studierte an der Universität Göttingen Soziologie, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Verfassungsgeschichte, Pädagogik und Publizistik. Bork arbeitete als freier Journalist für verschiedene Zeitungen, Zeitschriften und ARD-Anstalten. Seit 1998 leitet er die Stuttgarter Fernsehredaktion "Religion, Kirche und Gesellschaft" des SWR. Für seine Arbeiten wurde er mit dem Caritas-Journalistenpreis sowie zweimal mit dem Deutschen Journalistenpreis Entwicklungspolitik ausgezeichnet.

Der Journalist Uwe Bork
© Deutschlandradio / Manfred Hilling
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