Musk, Trump und Co.

Die Kunst der Nicht-Berichterstattung

11:45 Minuten
Elon Musk hinter einem Twitter-Logo
Sein Verhalten als Twitter-Chef garantiert Elon Musk aktuell tägliche Schlagzeilen. © IMAGO / NurPhoto / IMAGO / STR
Bernhard Pörksen im Gespräch mit Vera Linß und Martin Böttcher · 17.12.2022
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Mit Provokationen Schlagzeilen machen. Diese Methode hat Donald Trump perfektioniert und sie wird oft kopiert – auch von Elon Musk. Und die Medien springen immer wieder über das Stöckchen. Vielleicht wäre es manchmal besser, gar nicht zu berichten.
Seit Elon Musk Twitter gekauft hat, vergeht kaum ein Tag, an dem der reichste Mensch der Welt keine neuen Schlagzeilen produziert. Doch wie viele seiner Aussagen und Taten haben einen echten Nachrichtenwert? Vor allem, weil sie oft kurzlebig und fragwürdig sind. Oft ändert Musk seine Meinung mehrfach am Tag, neigt zu Übertreibungen oder sogar zu Lügen. Das erinnert an den Ex-US-Präsidenten Donald Trump.
Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sieht hier eine Symbiose zwischen den Provokateuren, die die Medien vielleicht sogar ablehnen, und der Presse, die sie aber trotzdem konstant abbildet. So entstehe ein fatales Zusammenspiel von digitaler Aufmerksamkeitsökonomie, menschlicher Psychologie und medialen Darstellungsprinzipien: "Das ist ein bisschen wie Kartoffelchips essen: Man kann nicht aufhören, aber es wird einem garantiert schlecht."
Bernhard Pörksen hält es darum für wichtig, die eigentlichen Aussagen nicht als Nachricht aufzugreifen. Stattdessen sei es wichtig, wenn Journalistinnen und Journalisten den zweiten Gedanken denken und darüber berichten. Also: Was steckt hinter einer Auseinandersetzung? Warum ist die Figur Elon Musk vielleicht in jeder einzelnen Provokation nicht bedeutsam, aber doch relevant und von Bedeutung? 

Klare Entscheidungen statt "denkfaule Neutralität"

Dabei handele es sich auch um keine Verletzung des Neutralitätsauftrags von Journalismus, meint der Medienwissenschaftler. Denn es sei ohnehin unmöglich, nicht auszuwählen, worüber berichtet wird. Wichtig sei nur, die Entscheidungsprozesse darüber, was einen Nachrichtenwert hat, transparent zu machen. Denn man könne ja begründen, warum man nicht jede Provokation und Zündelei abbilden wolle.
Außerdem ergebe sich hier eine Chance, um über libertäre Auslegungen von Neutralität und Ausgewogenheit zu debattieren:
"Es gibt ja so eine denkfaule Neutralität, die nach dem Motto 'er sagt, sie sagt' immer auch die andere Seite spiegelt. Aber man muss sich an irgendeinem Punkt auch entscheiden. Der Politikwissenschaftler Norman Ornstein hat mal gesagt: 'Die ausgewogene Behandlung eines unausgewogenen Phänomens verzerrt die Realität.'"
(hte)
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