Ein Weltdespot im Strampelanzug
Die Schuldigen in Marius von Mayenburgs politischer Satire und Trump-Parabel "Peng" sind schnell ausgemacht: die antiautoritären Prenzlauer-Berg-Eltern, die mit ihrem liebevollen Verständnis einen narzisstischen Despoten großziehen. Wirklich komisch wird es an der Berliner Schaubühne aber nicht.
Es dauert eine Weile, bis Sebastian Schwarz zur Welt kommt, sich aus dem großen grünen Gummisack befreit, in dem er zu Beginn des Abends steckt, und sofort anfängt, alle anzupöbeln – die Eltern, die Gynäkologin und Schwester Mechthild. So geht es dann weiter.
Peng heißt der Junge, Ralf Peng, und er tritt an, um unsere Welt aus der Ruhe zu bringen und sich zum Alleinherrscher aufzuschwingen. Marius von Mayenburg, bekannt als scharfsichtiger Komödienautor, hat – wen wundert’s – eine Trump-Parabel geschrieben und inszeniert, ein Stück der Stunde. Über einen hemmungslos infantilen Machtpolitiker, der schon im Mutterleib die eigene Zwillingsschwester erdrosselt, seinem Geigenlehrer ein Auge ausschlägt und sich bereits mit fünf Jahren als Präsident des Universums zur Wahl stellt.
Prenzlauer-Berg-Eltern ziehen Despoten groß
Die Schuldigen sind schnell ausgemacht – es sind die antiautoritären Prenzlauer-Berg-Eltern, die mit ihrem liebevollen Verständnis einen narzisstischen Despoten großziehen, während sie ihn mit Bio-Kefir füttern.
Mutter Vicky (Marie Burchard) übernimmt dann auch noch die Position von Mutti Merkel, da sie ihr Haus für geschlagenen (Flüchtlings-)Frauen aus der Nachbarschaft zur Verfügung stellt, die der Sohnemann bald schon mit einem Maschinengewehr davon abhält, die Türschwelle zu übertreten.
Wild legt sich das Ensemble ins Zeug an diesem Premierenabend an der Berliner Schaubühne: Eva Meckbach singt als Babysitter Gwendolin ein herrliches "Stand by your man", Damir Avdic prügelt als rheinischer Rheinhold auf alles ein, was ihm in die Quere kommt, und Robert Beyer stammelt sich als echauffierter Vater Peng durch endlose Alliterations-Reihen. Wirklich komisch wird es trotzdem nicht.
Die Wirklichkeit der aktuellen Politik ist selbst zu grotesk, das kabarettistische Programm des Abends hechelt ihr viel zu bemüht, zu angestrengt und schnell verständlich hinterher.
Die Welt da draußen ist viel zynischer und radikaler
Sebastian Schwarz ist hinreißend unverschämt und gefährlich in seiner Stramplerhose, er ist ein Riesenbaby, bei dem einem Angst und Bange werden kann, wenn er sich durch die Reality-Doku bewegt, die Lukas Turtur als sensationslüsterner Regisseur über ihn dreht. Ein Grund auch, warum all das vor einer großen Green-Screen stattfindet, einer Projektionsfläche, die immer wieder mit Werbefilmen und Talk-Show-Kulissen gefüllt wird, um noch eine zusätzliche Medienkritik einzubauen.
Bei all dem aber wird immer nur wiederholt, was wir schon lange wissen – über den Prenzlauer Berg, übers Fernsehen, über Trump. "Peng" rennt eine offene Tür nach der anderen ein, mal launig, mal rohrkrepierend, mal böse drohend, mal flach dahinwitzelnd.
Die Welt da draußen aber, mit ihren Kindmänner-Despoten und verzogenen Diktatoren, ist leider viel schneller, viel zynischer und radikaler als es diese Farce auch nur zu träumen wagt.