Trump und der Sturm aufs Kapitol

Wenn aus Bildern Geschichte wird

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Aggressive Trump-Anhänger dringen ins Kapitol in Washington ein.
Ob dieses Bild als Irritation oder als tiefe Beschädigung der amerikanischen Demokratie in die Geschichte eingeht, hängt stark vom zukünftigen Verhalten Donald Trumps ab. © Getty Images / Win McNamee
Claus Leggewie im Gespräch mit Joachim Scholl |
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Man solle sich "für immer" an diesen Tag erinnern, twitterte Donald Trump angesichts der Bilder. Menschen erstürmen das Kapitol. Freiheitskämpfer oder irre Paranoiker? Es gibt unterschiedliche Lesarten der Bilder, sagt der Politologe Claus Leggewie.
Triumphierende Trump-Anhänger im Sitzungssaal des Kapitols. Sicherheitsleute mit gezogenen Schusswaffen. Donald Trump hat noch am Abend des Sturms auf das Kapitol getwittert: "Remember this day forever". Der Tweet wurde später von Twitter gelöscht. Wie diese Bilder tatsächlich rückblickend bewertet werden, darauf werden wir beim Jahresrückblick auf 2021 einen ersten Vorgeschmack bekommen, sagt der Politologe Claus Leggewie.
Dann wird sich entscheiden, ob diese Bilder als kleine Irritation in der historischen Kontinuität der amerikanischen Demokratie gelesen werden oder als Beginn der tiefen Beschädigung einer demokratischen Institution. Die Meinungsmacher, die Spin Doktoren, haben unterschiedliche Lesarten im Angebot, sagt Leggewie.
Die einen sprechen vom skurrilen Ende einer verkorksten Amtsperiode oder vom Anfang einer Autokratie. Trump-Anhänger sehen sich als aufrechte Amerikaner, die sich gewehrt haben. "Die, die da die Treppen hochmarschiert sind, wie beim Sturm auf das Winterpalais, die werden bei einer bestimmten Zahl von Amerikanern, die man leider auf 20 bis 30 Millionen schätzen muss, als Helden gelten", sagt Leggewie. Und die, die zu Schaden gekommen sind, werden wie Märtyrer verehrt werden.

Freiheitskämpfer oder "irre Paranoiker"

Diese Lesart würde bedeuten, dass dies Freiheitskämpfer sind, die gegen das Washingtoner Establishment, gegen den verschwörerischen Staat gekämpft haben. "All das, was Trump uns vier Jahre lang vorgefaselt hat", so Leggewie. "Es kann aber auch sein, dass sie als das erkannt werden, was sie sind, nämlich irre Paranoiker."
Ob die Mär von der gestohlenen Wahl als Narrativ in Erinnerung bleiben wird, die Menschen mit Transparenten, auf denen "Stop the Steal" steht, hängt entscheidend von kommenden Bildern ab, meint Leggewie: "Wird Trump klein beigeben, wird man ihn - was ich befürworten würde - noch anklagen und seines Amtes entheben? Denn er kann ja nicht einfach so davonkommen." Das hänge auch davon ab, wie er sich in der nächsten Zeit stilisiert.

Fundamentale Attacke auf die Demokratie

Leggewie geht davon aus, dass die Republikanische Partei genug von ihm hat. "Es gibt hier eine fundamentale Attacke auf die Demokratie und das Problem ist, dass sie von oben unterstützt worden ist."
Hier komme die Interpretation der Bilder zum Tragen. Leggewie verweist auf den Sturm auf die Bastille bei der französischen Revolution oder auf die Bostoner Tea Party 1773. Beide Ereignisse seien damals als eher nebensächlich empfunden worden. In der Geschichtsschreibung wurden sie aber zu einer Zäsur hochstilisiert.
"Und deswegen kommt es sehr darauf an, in welcher Weise künftig diese Bilder vom 6. Januar aus dem Kongress interpretiert werden", so Leggewie.
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