Gefährliche Hinterwäldler
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Sie kommen aus der Provinz, lieben Waffen und glauben wirklich, dass Trump Opfer eines Wahlbetrugs wurde: Trumps radikale Anhänger haben „ein ganz erhebliches Gewaltpotenzial“, sagt der Terrorismusexperte Peter Neumann.
Nach dem sogenannten Sturm aufs Kapitol am vergangenen Mittwoch rüstet sich die US-Hauptstadt für die Amtseinführung des neuen Präsidenten: 20.000 Nationalgardisten im Regierungsviertel sollen die Inauguration Joe Bidens sichern und verhindern, dass militante Trump-Anhänger die Veranstaltung stören.
"Ich glaube nicht, dass das noch ein zweites Mal passieren wird", ist Terrorismusexperte Peter Neumann zuversichtlich. Grundsätzlich gebannt ist die Gefahr dadurch allerdings noch nicht.
Ein bis zwei Millionen radikale Trump-Anhänger
Denn diese Bewegung sei nicht vom Himmel gefallen, sondern habe sich über die letzten Jahre entwickelt: "Das ist fast schon ein Milieu, eine Szene, wo sich eigene Rituale, eine eigene Kultur, eine eigene Sprache auch entwickelt hat."
Nach konservativen Schätzungen habe diese Szene zwischen einer und zwei Millionen Anhänger, darunter viele aktive oder ehemalige Angehörige von Polizei und Militär, sagt der Politikwissenschaftler vom Londoner Kings-College. Insgesamt komme so eine Population mit "ganz erheblichem Gewaltpotenzial zusammen". Hinterwäldler zwar, aber gleichzeitig gefährlich.
Viele dieser Menschen hängen offenbar dem 2017 entstandenen Verschwörungsmythos "QAnon" an, der Donald Trump in einem geheimen Krieg gegen den sogenannten "tiefen Staat" (deep state) sieht.
"Dieser tiefe Staat ist überall, das gesamte Establishment wird von ihm dominiert, und dieser tiefe Staat besteht aus Kinderschändern und Satanisten, ein Netzwerk von Kinderschändern und Satanisten, das Trump versucht zu zerstören", so Neumann. "Also eine absurde und wilde Geschichte, an der absolut nichts dran ist."
Republikaner müssen die Wahlniederlage eingestehen
Aber die Menschen glaubten sie – genauso, wie sie auch ehrlich der Überzeugung seien, dass Trump Opfer eines Wahlbetrugs wurde. "Und wenn man tatsächlich daran glaubt, dann ist das natürlich eine Riesenungerechtigkeit."
Hier sieht der Politikwissenschaftler die US-Republikaner in der Pflicht. Diese müssten ehrlich zu ihren Anhängern sein und ihnen sagen: "Trump hat tatsächlich diese Wahl verloren." Das würde wirklich helfen, betont Neumann.