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Was steht auf dem Spiel?
28:49 Minuten
Präsident Trump will zügig die US-Truppenstärke in Afghanistan reduzieren. Regelmäßig hat die Weltzeit aus Afghanistan berichtet. Diese Berichte nehmen wir zum Anlass zu fragen, was eine Machtübernahme der Taliban für die Menschen dort bedeuten würde.
Ob Donald Trump den angekündigten Truppenabzug aus Afghanistan bis 15. Januar 2021 wie angekündigt schafft, ist mehr als fraglich. Aber ob der neue Präsident Biden die Truppenreduzierung wieder rückgängig macht, ist auch ungewiss, da ein solcher Schritt innenpolitisch große Risiken birgt. Hinzukommt, dass sich auch die Bundeswehr aus Kundus zurückzieht.
Gleichzeitig geht die Gewalt weiter: Erst am vergangenen Sonntag gab es zwei Anschläge mit mehr als 30 Toten. Und das trotz der Friedensverhandlungen, die seit September zwischen Kabul und Taliban wieder laufen.
Von dem Rückzug der internationalen Gemeinschaft würden am meisten die Taliban profitieren. Für sie sind die US-Truppen das größte Hindernis für ihre Rückkehr an die Macht und deshalb wollen sie diese aus dem Land haben.
Jung und radikal durch Angriffe auf Zivilisten
Emran Feros hat im Februar 2020 über zwei afghanische Brüder berichtet – der eine ist bei den Taliban, der andere hat einen Regierungsposten beim Gouverneur von Baghlan. Ihr Beispiel zeigt die Zerrissenheit und Spaltung innerhalb der afghanischen Gesellschaft.
Der Krieg in Afghanistan eskaliert immer wieder weiter. Allein im Jahr 2019 warf das US-Militär mehr als 7.400 Bomben über dem Land ab. Die Zahl der getöteten Zivilisten stieg massiv an. Auch im Januar 2020 wurden laut der afghanischen Menschenrechtskommission durch Luftangriffe schon mindestens 26 Zivilisten getötet. Es besteht kein Zweifel daran, dass derartige Angriffe in Afghanistan zahlreiche Dörfer oder ganze Distrikte radikalisieren und Menschen in die Arme der Extremisten treiben.
Mehr als die Hälfte lebt in Armut
Die Zivilbevölkerung ist in diesem Krieg das Opfer. So hat die Armut massiv zugenommen: Mehr als die Hälfte der Afghanen hat nach Einschätzung der Weltbank weniger als einen Dollar pro Tag zur Verfügung. In der Not müssen auch die Kinder mit anpacken. Wann werden wir endlich ein normales Leben in Freiheit leben können? Das war die häufigste Frage, die Bernd Musch-Borowska gehört hat, als er für die Weltzeit im September 2019 in Afghanistan unterwegs war.
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80 Prozent der Bevölkerung Afghanistans leben auf dem Land, viele von ihnen sind Bauern. Sie versuchen, mit Hilfe des Opiumanbaus ihre Existenz zu sichern. Afghanistan ist noch immer der weltgrößte Drogenproduzent. Und die Opiumproduktion in Afghanistan ist auch eine wichtige Geldquelle für die Taliban. Dennoch versuchen die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft Alternativen dazu aufzubauen – so zum Beispiel den Safran-Anbau.
Safran - Afghanistans neuer Exportschlager?
Safran soll den Bauern auch eine neue Einkommensquelle verschaffen, betont der Gouverneur der Provinz Herat, Abdul Quayom Rahimi. Außerdem gilt Safran als eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Frauen auf dem Land ein Einkommen zu verschaffen. Insgesamt sind es in der Provinz Herat im Herbst 2019 fast 2000 Frauen, die auf den Farmen arbeiten. Die Frauen können durch ihre Arbeit bis zu drei Dollar am Tag verdienen. Für afghanische Verhältnisse ist das gar nicht schlecht. Kann es also gelingen? Das fragte die Autorin Gabriele Riedle, als sie im September 2019 in Afghanistan für die Weltzeit unterwegs war.
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Die Gruppe, die durch den internationalen Afghanistan-Einsatz am meisten profitiert hat, sind die Frauen. Deshalb fürchten sie, dass sie ihre mühsam erkämpften Rechte nun wieder verlieren und wollen diesmal nicht zurückweichen.
Frauen wollen keinen Frieden mit den Taliban
Und doch: Die afghanische Bevölkerung ist tief gespalten – das zeigt sich auch in der Frauenfrage. Traditionelle und Extremisten auf der einen Seite, Intellektuelle und Weltoffene auf der anderen. Die afghanische Regierung mittendrin und von beiden Seiten nicht ernst genommen. Für die Taliban ist sie eine Marionette der USA, und in der Zivilgesellschaft – besonders unter den jungen afghanischen Intellektuellen – gilt sie als extrem brüchig und instabil.
Die afghanischen Frauenrechts- und Menschenrechts-Aktivistinnen scheinen das anders zu sehen und haben deshalb 2019 während der Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban landesweite Treffen organisiert, auf denen sie Strategien erarbeitet haben, um ihre Forderungen wirkungsvoll zu präsentieren. Viele Aktivistinnen haben unter den Taliban Mädchen und Frauen heimlich in ihren Häusern unterrichtet. Auch nach dem Ende der Taliban-Ära 2001 setzten sie ihre Arbeit fort. Viele haben die Beteiligung von Frauen im öffentlichen Leben als Bereicherung erlebt und wollen nicht mehr darauf verzichten, hat Autorin Shikiba Babori bei ihren Interviews im Juli 2019 erfahren. Zu dem Zeitpunkt waren die innerafghanischen Friedensverhandlungen unter Beteiligung der USA in vollem Gange, und die Angst der Frauen sehr groß.
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