Anna Jermolaewa
Chernobyl Safari
bis 5. Juni 2022
Museum für angewandte Kunst, Wien
Tschernobyl-Fotoausstellung in Wien
"Diese Welt ist wie ein Paradies, ein Märchenwald": Anna Jermolaewa hat Tiere im Gebiet von Tschernobyl fotografiert. © Anna Jermolaewa, 2014/2021, Bildrecht, MAK-Wien
Tierparadies in Gefahr
07:54 Minuten
In der Sperrzone von Tschernobyl ist in einer verwildert-postapokalyptischen Landschaft ein Tierparadies ohne Menschen entstanden. Die Fotografin Anna Jermolaewa zeigt uns diese Welt - in die momentan russische Panzer eindringen.
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich die russische Fotografin Anna Jermolaewa künstlerisch mit der Sperrzone rund um das Atomkraftwerk im ukrainischen Tschernobyl. Das fast menschenleere Gebiet ist seit dem Super-GAU 1986 von Tieren zurückerobert worden. Das Wiener Museum für Angewandte Kunst zeigt nun ihre Ausstellung Chernobyl Safari.
Jermolaewa war erstmals 2014 in dem Gebiet. "Von Anfang an ging es mir um die Tierwelt. Diese Welt ist wie ein Paradies, ein Märchenwald, fast wie bei National Geographic", sagt sie. Unter anderem gibt es dort die sehr seltenen Przewalski-Pferde, eine Unterart des Ur-Pferdes.
Einfall der Panzer in den Rückzugsort
Chernobyl Safari ist eine Multimedia-Schau mit einem fast einstündigen Video, rund 70 Fotografien und einigen Zeichnungen. Die Bilder hat Jermolaewa 2021 mit automatischen Wildkameras aufgenommen, die sie mit Hilfe einer Wissenschaftlerin beispielsweise an Wasserstellen aufgestellt hatte.
Nun wird das Gebiet zu einem Militärstützpunkt der russischen Armee. "Dieses Bild vom Paradies, das ich zeige, dieser glückliche Rückzugsort, ist über Nacht zu einem Hotspot für Europa geworden. Das ist erschreckend."
Vor ein paar Tagen ist Jermolaewa an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren, um Flüchtende in ihre Wiener Wahlheimat zu holen: "Was mich ein bisschen glücklich gemacht hat, war zu sehen, wie gut das organisiert ist. Die polnischen Behörden haben großartige Arbeit geleistet." Überall seien Leute gewesen, die den Menschen angeboten hätten, sie in verschiedene europäische Länder zu bringen.
Sorge um Freunde in der Ukraine und in Russland
Jermolaewa ist in Kontakt mit ukrainischen und russischen Freunden. "Ich sehe, wie sie kämpfen und leiden. In über hundert Städten gehen sie auf Demos und werden verhaftet. Ich finde es ganz wichtig, dass man auch an diese Leute denkt, versucht, sie zu unterstützen. Und Russen nicht pauschal boykottiert."
Sie sei verzweifelt, sagt Jermolaewa. Wie viele Russen fühle sie sich der Ukraine auch über familiäre Bande eng verbunden: "Das ist eine riesige Tragödie. Es ist unbegreiflich."
(rja)