TTIP-Leseraum

Sigmar Gabriel eröffnet Freihandelskämmerchen

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eröffnet den Leseraum für die Verhandlungsdokumente zum Freihandelsabkommen TTIP im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eröffnet den Leseraum für die Verhandlungsdokumente zum Freihandelsabkommen TTIP im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. © pa/dpa/Jutrczenka
Von Johannes Kulms |
Acht Computer und ein paar Ordner sollen für mehr Transparenz Sorgen: Abgeordnete und Regierungsmitarbeiter können hier Einsicht in den Stand der Verhandlungen der EU mit den USA über das Freihandelsabkommen TTIP nehmen. Die Opposition kritisiert, das habe mit Transparenz nichts zu tun.
Der Clip, den das Bundeswirtschaftsministerium noch schnell ins Netz gestellt hat, weckt eine gewisse Neugier:
Als dann am Donnerstagmittag eine Horde Journalisten den kleinen Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium betritt scheint sich die Vorahnung zu bestätigen: Der Raum ist nüchtern. Verdammt nüchtern und erinnert an einen ziemlich gewöhnlichen Computerraum an einem ziemlich gewöhnlichen Gymnasium. Ein paar Tische zu einem Rechteck zusammengeschoben, darauf acht PCs. Es riecht ein bisschen nach irgendeiner undefinierbaren Holzsorte. An einer Wand ein rund vier Meter breiter und etwa ein Meter hoher Schrank. Darauf ein paar Dutzend Flaschen Wasser und Säfte. Und zwei Teller mit Keksen. Daneben eine Reihe mit ziemlich unspektakulär aussehenden Ordnern.
"Sie wollen alle was über TTIP wissen?"
Und dann kommt der Minister: Um kurz nach halb zwei betritt Sigmar Gabriel den Raum im Wirtschaftsministerium.
"Ja, herzlich willkommen. Wir haben einen weiteren Schritt in Sachen Transparenz bei den Verhandlungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen geschafft."
Kein rotes Band das zerschnitten, kein roter Knopf der gedrückt, noch nicht mal eine Glocke, die geläutet wird. Nüchtern wie der Raum ist auch seine Einweihung. Dabei ist der Kampf um dessen Einrichtung doch so hart und lang gewesen, wie auch Sigmar Gabriel unterstreicht:
"Das war ein ziemlich schwieriger Prozess, jetzt haben wir einen ersten Schritt erreicht, nämlich diesen Leseraum in dem die Dokumente, konsolidierte Texte, eingesehen werden können unter den Bedingungen, unter denen auch die Mitglieder des Europäischen Parlaments und auch die Bundesregierung arbeitet. Das heißt, es sind noch keine übersetzen Texte weil es noch keine schlussverhandelten Texte sind."
Eigentlich sollte dieser Raum im Deutschen Bundestag stehen. Aber das war mit den Verhandlern der Europäischen Kommission und der USA nicht möglich, sagt Gabriel.
"Und dann haben wir gesagt, gut, dann machen wir es hier."
Die Rechner haben keinen Internet-Zugang
Bundestags-Abgeordnete, Mitarbeiter der Bundesregierung und ebenso Mitglieder des Bundesrats dürfen künftig den Leseraum bestaunen. Und hier brüten über den Texten: An den Rechnern – die freilich ohne Internetzugang sind – können sie die Verhandlungstexte lesen, die sowohl die Vorschläge der EU wie auch der USA enthalten.
Der Leseraum wird stets durch eine Aufsichtsperson bewacht. Dass trotz der starken Auflagen Dinge auch in die Öffentlichkeit geraten, sei sehr wahrscheinlich, meint Gabriel.
"Ich bin da sehr gelassen, natürlich wird’s sowas geben aber wiegesagt, das hat es auch schon vorher gegeben."
Ist der heutige Tag und die Eröffnung dieses Raums ein Meilenstein auf dem Weg zum TTIP-Abkommen? Der Minister winkt ab:
"Na ja. So große Worte würde ich für die Eröffnung eines Leseraums nicht gebrauchen."
Auch der zuvor schon im Ministeriumsclip aufgetauchte Berend Diekmann ist zur Eröffnung gekommen. Der Leiter des Referats USA, Kanada und Mexiko räumt ein:
"Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Franzosen einen schönen Barock-Raum haben. Damit können wir hier in Berlin leider nicht dienen."
Fragt sich nur: Werden sich die Besucher in so einem Raum wohlfühlen. Viel wichtiger aber: Wird ihnen der Besuch etwas bringen? Denn nur die konsolidierten Texte dürfen gelesen werden, also längst nicht alle TTIP-Dokumente. Fotografieren oder kopieren ist verboten. Und von dem gelesenen dürfen die Besucher nichts öffentlich diskutieren. Mit Transparenz hat das nichts zu tun, schimpft die Opposition.
Erfahrungen aus ähnlichen Leseräumen in der US-Botschaft und in Brüssel zeigten, dass es am Anfang eine Art Bugwelle gebe, sagt Referatsleiter Diekmann mit Blick auf den zu erwartenden Besucherandrang. Diese Bugwelle flaue dann aber allmählich ab. Na dann: Guten Törn!
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