Schädlich für die eigenen Daten und die Gesundheit
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Schritte zählen, trainieren oder den Kalorienbedarf errechnen: Immer mehr Menschen nutzen Apps für ihre Fitness. Verlässliche Qualitätsstandards fehlen jedoch weitgehend, etwa beim Schutz persönlicher Daten. Ein Siegel hilft bei der Orientierung.
Sport-Apps messen Ausdauer, Kraft und Kondition oder geben Tipps für das individuelle Training und zur richtigen Ernährung. Sie motivieren gerade auch Bewegungsfaule, am Ball zu bleiben. Mit einem Klick können auch noch so kleine Trainingsfortschritte sichtbar gemacht werden. Foren im Internet bieten zusätzlich die Möglichkeit, die eigenen Messdaten mit anderen Hobby- und Freizeitsportlern auszutauschen und zu vergleichen.
"Da gibt es eine ganze Menge", sagt ein Freizeitsportler. Er benutze eine Timer-App, mit der er Intervalle fürs Training und für Pausen einstellen könne. Zuvor habe er eine Zeitlang eine App zum Kalorien-Tracken genutzt, auch um seine Aktivität zu dokumentieren und den Kalorienbedarf für den Tag auszurechnen.
Enorme Wissenslücken
Ein anderer sagt, natürlich nutze er eine Sport-App. Auf seinem Smartphone verwende er ein vorinstalliertes Programm, das seine Schritte zählt. "Einfach, um zu schauen, ob ich am Tage faul war, wie meine letzte Woche war und ob ich mich noch mehr körperlich betätigen kann."
Doch obwohl immer mehr Menschen solche Sport-Apps nutzen, sind die Wissenslücken hinsichtlich der Qualität oder des Datenschutzes immens. "Ich denke mal, dass diejenigen, die diese Apps programmieren, auch mit einer Leidenschaft dabei sind oder mit dem eigenen Gewissen dahinterstehen", sagt ein Nutzer.
Ein anderer meint, die Hersteller würden "gewisse Tests vollziehen". Ein weiterer mutmaßt: "Zentral wird das sicherlich niemand kontrollieren – keine Ahnung!" Und wieder ein anderer meint, die Kontrolle werde durch Nutzerkommentare gesteuert.
Vielleicht sogar schädliche Effekte
Tatsache ist: Es gibt bis heute nur sehr eingeschränkte einheitliche Qualitätsstandards für solche Apps, was deren Inhalt, die Genauigkeit oder den Schutz persönlicher Daten betrifft. "Wir alle meinen, dass da hohe Qualität drin ist – ist sie aber gar nicht!", sagt Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Es sei schlicht nicht bekannt, wer der Autor ist, welche Qualifikation er hat und welche Kompetenz.
"Dementsprechend habe ich große Sorge, dass wir viele Menschen in die Irre leiten, weil eben der Effekt nicht da ist und vielleicht sogar schädliche Effekte sich daraus ergeben", so Froböse. Viele Apps sind zudem meist nur auf Englisch zu haben, was durchaus zu Missverständnissen führen kann.
Auch Sabine Wolter, Referentin für Gesundheitsrecht im Gesundheitsmarkt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, bestätigt Froböses Einschätzung. Die Verbraucherzentrale hat Gesundheits- und Lifestyle-Apps genauer unter die Lupe genommen:
"Für viele Apps gibt es gar keine Prüfungen und Kriterien. Die können so gestaltet sein, wie sie es als Anbieter gestalten möchten", so Sabine Wolter. Lediglich Apps, die zur Behandlung einer Erkrankung oder zur Minderung von Beschwerden dienten, könnte man als Medizinprodukt zulassen. "Das muss aber der Anbieter beantragen."
Apps auch von der Krankenkasse finanziert
Ein Anhaltspunkt für eine seriöse Sport-App ist die Zertifizierung mit dem europaweit gültigen CE-Sicherheitszeichen, das man mehr von technischen Geräten, von Steckdosen oder Toastern kennt. Damit werden aber auch Sport-Apps ausgezeichnet, die eine sogenannte medizinische Zweckbestimmung verfolgen. Das kann zum Beispiel spezielle Gymnastik gegen Osteoporose oder das Gehtraining für Krebspatienten sein.
Um rechtmäßig als Medizinprodukt auf den Markt kommen zu können, brauche eine App diese CE-Kennzeichnung, sagt Maik Pommer, Pressesprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn.* Alle Apps ohne CE-Kennzeichen gelten nicht als Medizinprodukte und unterliegen damit keinerlei Bestimmungen. Als Nutzerin oder Nutzer könne man nicht einschätzen, ob die App gut oder eher schlecht sei, sagt Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale NRW. Auch sei nicht zu beurteilen, ob die App gesundheitlich problematisch sei, wenn die Angaben des Programms nicht zutreffend sind.
Was viele Sportlerinnen und Sportler auch interessieren dürfte: Es kann auch sein, dass eine App von der Krankenkasse bezahlt wird – wenn sie verordnungsfähig ist. Seit Oktober 2020 können Apps auch vom Arzt verschrieben werden.
*Redaktioneller Hinweis: Die Aussage eines Gesprächspartners wurde konkretisiert.