Die Delfine vom Bosporus
Bis zu 50 Delfine leben in der Meerenge zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil Istanbuls, dem Bosporus. Dort gibt es zwar viele Fische - doch der Lärm der Schiffsmotoren macht die Tiere zunehmend krank.
Gerade hat unser kleines Schiff den Anleger Haydarpascha auf der asiatischen Seite Istanbuls verlassen, da sehen wir schon die ersten Delfine mitten im Bosporus:
Das sind mindestens zehn bis 15 Delfine, sagt Aylin Akkaya. Schnell und geschmeidig schwimmen die Tiere vor dem Schiff her, immer wieder kommen sie an die Oberfläche.
Aylin Akkaya schippert mehrmals in der Woche über den Bosporus und beobachtet Delfine. Ein bis zwei Dutzend Touristen können jedes Mal mit an Bord. Aylin kennt manche der Delfine schon persönlich: "Die Delfine dieser Gruppe hier kenn ich nicht. Aber viele andere im Bosporus", sagt Aylin.
"Denen haben wir Namen gegeben. Die sehen wir so einmal im Monat. Einen Delfin haben wir 'Chopper' getauft, vom englischen Wort 'hacken', weil seine Rückenflosse von einem Schiffspropeller abgehackt wurde."
50.000 Schiffe fahren jährlich durch die Meerenge
Ja, die Delfine im Bosporus müssen hart im Nehmen sein. 50.000 Schiffe fahren jährlich durch diese Meerenge. Aber auch jede Menge Fische schwimmen hier durch. Die Delfine können sich im Bosporus so richtig satt fressen. Wer aber Delfine hören will, wie sie ihre Kicherlaute von sich geben, der muss in die Delfin-Show ins Delfinarium Istanbul gehen, direkt an der Küste gelegen.
Aylin findet das aber gar nicht gut. Sie meint: Nein, den dressierten Delfinen geht es sehr schlecht. Denn Delfine wollen frei sein, frei schwimmen, sie gehören hierhin in die Natur. In Istanbul ist das ein besonderes Bild: Im Hintergrund die Blaue Moschee, daneben die einst größte Kirche der Welt, die Hagia Sophia, dann die vielen Hochhäuser – und im Vordergrund Delfine, die immer wieder aus dem Wasser emporschnellen:
"Also, man sah schon den ganzen Körper: die Flossen, die Rückenflosse, sah man. Die tauchten immer wieder ab und dann kamen sie wieder raus. Es war riesig dieses Erlebnis, das war unglaublich toll, es war wirklich ganz, ganz toll."
... schwärmt eine Touristin aus Süddeutschland. Sie hat miterlebt, wie ein Dutzend Delfine mit dem Schiff um die Wette schwamm. Aylin Akkaya sagt ihrem Kapitän immer, er soll ganz langsam fahren, damit der Schiffsmotor möglichst leise ist. Denn der Lärm von den Schiffsmotoren macht die Delfine krank – und im Bosporus ist irrsinnig viel Verkehr.
Es muss Schutzzonen für die Delfine geben
"Wenn ein Schiff in der Nähe ist, ändern die Delfine ihr Verhalten, sie schwimmen weg. Das kostet sie viel Energie, und so geht das den ganzen Tag. Das wär gerade so, als würde man uns nachts nicht schlafen lassen. Dann hätten wir am nächsten Tag auch keine Energie. Die Delfine finden im Bosporus keine Ruhe, sie können nicht ungestört fressen. Wir haben schon viele sehr dünne Delfine hier gesehen."
Aylin fordert: Es muss Schutzzonen für die Delfine im Bosporus geben, damit sie dort überleben können. Nur dann können auch künftig Istanbul-Besucher Delfine in freier Wildbahn bewundern – wie diese beiden Touristinnen:
"Ja, ich hätte das nicht gedacht, dass ich jetzt hier ein Naturerlebnis noch bekomme, wenn ich einen Städteurlaub mache: Ich gucke hoch und sehe die Riesen-Millionenstadt, und hier vor der Tür haben sie Delfine im Meer, ich bin ganz begeistert; es ist wirklich toll."
"Ich hab mit allem gerechnet, aber nicht, dass es im Bosporus Delfine gibt."