Die Enthüllungen des Mafiabosses Sedat Peker auf Youtube
07:08 Minuten

Ein Millionenpublikum in der Türkei folgt den Videoauftritten von Mafiaboss Sedat Peker. Von einer gewissen Faszination aufgrund der Medieninszenierung spricht der Autor Imran Ayata, der die Enthüllungen über die Korruption der Regierung verfolgt.
Seit Wochen hält der Mafiaboss Sedat Peker die Türkei mit seinen Videoauftritten in Atem. Ein Millionenpublikum verfolgt, wenn er immer Sonntagfrüh auf Youtube online geht und mit neuen spektakulären Enthüllungen von sich reden macht.
Peker spricht über die persönliche Bereicherung der führenden Familien aus dem Regierungsclan, über Korruption, kriminelle Machenschaften, Drogengeschäfte, Vergewaltigung und politische Morde. Dabei zählt der 49-Jährige selbst zu den bekanntesten Kriminellen des Landes. Er wurde mehrfach verurteilt, unter anderem wegen Bandenkriminalität und Mordes. Fast zehn Jahre war er in Haft, seit 2014 lebt er wieder in Freiheit.
Perfekte Inszenierung
Mit einer gewissen Faszination verfolgt auch der Schriftsteller Imran Ayata diese brisanten Auftritte. "Das gesamte Setting, die Inszenierung dieser Videofilme ist perfekt choreografiert", sagt der Berater bei der Berliner Ballhaus West Agentur für Kampagnen.
"Das sind Artefakte, da sind Symbolzeichen der Aleviten, er hat immer ein thematisches Buch auf dem Tisch liegen." Mal sei es eine Biografie über Bob Dylan, dann mal Mafiaromane. Dann gebe es mal einen Flipchart, auf dem Iran stehe, und die ganze Nation frage sich, was es damit auf sich habe.
Peker sei schon seit vielen Jahren Videoblogger, aber es sei interessant, dass er mit seinen rund einstündigen Videoclips jetzt so eine breite Öffentlichkeit erreicht. Das liege daran, dass er die Verwicklung des türkischen Staates und der Politik in das Zentrum rücke.
"Wenn Sie das anschauen, verlieren sie irgendwann die Distanz", sagt Ayata. Man vergesse darüber leicht, dass da einer der bekanntesten Mafiabosse der Türkei spreche. "Das hat damit zu tun, wie er das macht." Es sei eine Show mit Referenzen auf Freud und Cyrano de Bergerac. "Ich bin persönlich auch immer ein bisschen ergriffen, wie belesen er ist und in welcher Art und Weise er das macht." Manchmal habe er den Eindruck, Peker stehe komplett unter Drogen.
Widersprüchliche Reaktion der Medien
"Die Nutzung der sozialen Medien ist etwas, was er sehr gut beherrscht", sagt Ayata. So habe es eine TV-Livesendung gegeben, in der sich Innenminister Süleyman Soylu gegenüber vier Journalisten den Vorwürfen gestellt habe, darunter hätten zwei sogar als regierungskritisch gegolten.
Parallel habe Peker über den Nachrichtendienst Twitter den Journalisten kritische Fragen vorgeschlagen. "Fragt doch mal das, fragt doch hier noch mal nach." Nach der Sendung habe der Mafiaboss auch noch Journalistenschelte betrieben und den Medienvertretern vorgeworfen, sie seien einem Komplott erlegen.
Die zumeist regierungsnahen Medien in der Türkei reagierten auf Peker widersprüchlich, beobachtet Ayata. "Wenn sie jetzt durch solche Vorwürfe so direkt angegriffen werden, ist das für sie auch schwierig."
Die zumeist regierungsnahen Medien in der Türkei reagierten auf Peker widersprüchlich, beobachtet Ayata. "Wenn sie jetzt durch solche Vorwürfe so direkt angegriffen werden, ist das für sie auch schwierig."
(gem)