Türkei-Politik

"Da kann man nicht weiter nachgeben, da muss man prinzipiell werden"

Der türkische Präsident Erdogan hält in Ankara eine Rede, im Hintegrrund sind türkische Flaggen zu sehen
Präsident Erdogan folgt häufig seinen regionalpolitischen Interessen ohne Rücksicht auf seine Verbündeten in der Nato © dpa / Pool Photo via AP
Christoph von Marschall im Gespräch mit Miriam Rossius |
Mehr Prinzipientreue im Umgang mit der Türkei fordert unser Studiogast, der Tagesspiegel-Journalist Christoph von Marschall. Die Erpressungspolitik in Ankara müsse ein Ende finden. Schließlich sei die Türkei als Nato-Mitglied ein Bündnispartner des Westens.
Mit Blick auf die Erpressungspolitik der türkischen Regierung sagte unser Studiogast, der Tagesspiegel-Journalist Christoph von Marschall: "Diese Art von Umgang zwischen Verbündeten muss aufhören." Bei der Festnahme ausländischer Staatsbürger diene die angebliche Anhängerschaft in der Gülen-Bewegung immer wieder als Vorwand, um wieder einen Faustpfand für die Erpressungspolitik zu haben.
"Wir sind viel zu nachgiebig, wenn es um grundsätzliche, prinzipielle Fragen geht", kritisierte der Autor im Deutschlandfunk Kultur. Er hat diesem Thema ein Buch gewidmet, das unter dem Titel "Wir verstehen die Welt nicht mehr" gerade erschienen ist.
Christoph von Marschall, Redakteur der Berliner Tageszeitung und USA-Kenner
Der Tagesspiegel-Journalist und Buchautor Christoph von Marschall© picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler
"Die Türkei ist ein Nato-Partner", sagte von Marschall. "Sie verhält sich aber nicht wie ein Verbündeter, sondern sie macht ganz gezielt Politik gegen ihre Verbündeten, wenn es ihr regionalpolitisch in den Kram passt." Da müsse man dem türkischen Präsidenten Erdogan sagen, dass dies nicht gehe. "Entweder bist Du im Bündnis oder Du bist außerhalb des Bündnisses."

Mehr Engagement für den Rechtsstaat

Die liberale Ordnung müsse wesentlich stärker verteidigt werden als bisher geschehen. "Es gibt zu viele unsichere Kantonisten." Dazu gehörten auch US-Präsident Donald Trump sowie innerhalb der EU Polen und Ungarn, die bestimmte Grundsätze des demokratischen Rechtsstaates nicht mehr respektierten.
"Da kann man nicht weiter nachgeben, da muss man prinzipiell werden." (gem)

Christoph von Marschall, geboren 1959 in Freiburg studierte Osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaften. Seit 1991 ist er Redakteur beim Tagesspiegel, war Leiter der Meinungsredaktion, Washington-Korrespondent und ist heute diplomatischer Korrespondent. Als Helmut-Schmidt-Stipendiat der Zeit-Stiftung und des German Marshall-Funds war er zuletzt einige Monate in den USA, um sein neues Buch "Wir verstehen die Welt nicht mehr. Deutschlands Entfremdung von seinen Freunden" zu schreiben. Erschienen sind von ihm auch die USA-Bücher: Barack Obama. Der schwarze Kennedy", "Michelle Obama. Ein amerikanischer Traum" und "Was ist mit den Amis los? Über unser zwiespältiges Verhältnis zu den USA".

Die ganze Sendung mit Christoph von Marschall hören Sie hier: Audio Player

Christoph von Marschall: "Wir verstehen die Welt nicht mehr. Deutschlands Entfremdung von seinen Freunden"
Herder Verlag 2018, 22,00 Euro

Eine Rezension des neuen Buches von Christoph von Marschall hören Sie in unserer Sendung "Lesart": Audio Player
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