"Mein Land gerät in die Fänge des Faschismus"
Der nach Deutschland geflüchtete türkische Journalist Can Dündar ist in Berlin vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger mit der "Goldenen Victoria" ausgezeichnet worden. Dündar verband die Ehrung mit der Mahnung, die demokratischen Kräfte in der Türkei zu unterstützen.
Preisverleihung: "Mit großer Bewunderung möchten wir Ihnen den Journalisten-Kollegen vorstellen, der exemplarisch für freie Presse und unabhängige Berichterstattung steht: Can Dündar."
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger würdigt Can Dündars Kampf für die Pressefreiheit in der Türkei mit dem Preis "Goldene Victoria". Der Preisträger nimmt die Auszeichnung sichtlich gerührt entgegen und erinnert an seine türkischen Kollegen, die nicht frei arbeiten können.
Dündar: "Vor ein paar Tagen wurden Redakteure meiner Zeitung Cumhuriyet verhaftet. Sie waren alle meine Freunde. Ihr Vergehen war: Schreiben, berichten und Karikaturen zeichnen, natürlich immer oppositionell. Ich bin hier, um auch in ihrem Namen zu sprechen."
Can Dündar erinnerte das Publikum an die deutsche Geschichte und ermahnte, was passieren kann, wenn einer aufkommenden Diktatur kein Einhalt geboten wird. Deshalb bat er in seiner Dankesrede, die demokratischen Kräfte in der Türkei zu unterstützen und dem despotischen Vorgehen des türkischen Präsidenten nicht zuzuschauen. In Anspielung an die bisherige Zurückhaltung der Bundesregierung sagte Dündar:
"Sie sind besorgt. Bitte seien Sie nicht länger besorgt. Gehen Sie und besuchen Sie die Prozesse gegen meine Kollegen. Besuchen Sie sie im Gefängnis, veröffentlichen Sie ihre Bücher und Artikel. Laden Sie sie als Gastjournalisten ein. Schauen Sie nicht einfach zu, wie ein Land in die Fänge des Faschismus gerät."
Martin Schulz: "Die Situation der oppositionellen Politiker und Journalisten in der Türkei ist nicht hinnehmbar"
Unterstützung bekam der 55-jährige Dündar bei der Preisverleihung vom Präsidenten des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz, der selbst in der Kategorie "Europäer des Jahres" ausgezeichnet wurde. Schulz sagte mit Verweis auf Angriffe auf die Presse – auch durch Populisten in Deutschland, die Medien müssten geschützt werden; denn ohne freie Medien gebe es keine demokratische Politik. Die Situation der oppositionellen Politiker und Journalisten in der Türkei sei nicht hinnehmbar, sagte Schulz.
Martin Schulz: "Die Journalistinnen und Journalisten, die ins Gefängnis gebracht worden sind, müssen frei gelassen werden. Ich finde, das ist die Botschaft, die von hier ausgehen muss."
Der Laudator, der Journalist Stefan Aust, bezeichnete Can Dündar als ein Symbol für die Pressefreiheit.
Aust: "Doch so sehr Can Dündar diesen Preis für seine eigene politische, journalistische, persönliche Arbeit verliehen bekommt, so erhält er ihn – so denke ich – ein bisschen auch stellvertretend für viele andere verfolgte Journalistinnen und Journalisten in der Türkei. Und ich denke, dass Can Dündar mir diese Interpretation nicht übel nehmen wird."
Dündar: "Ich betrachte diesen Preis als ein Symbol für Ihre Unterstützung des Freiheitskampfes für – wie wir es nennen - eine andere Türkei, die dem Unterdrückungsregime trotzt. Ich freue mich, diese Auszeichnung im Namen meiner inhaftierten Kollegen entgegenzunehmen. Vielen Dank."