Star-Wars-Tourismus in der Wüste
Von Luke Skywalker bis R2D2: Der neue "Star Wars"-Film macht Kinofans schwach. Was viele nicht wissen: Der Großteil der alten Filme wurde in Tunesien gedreht. Jedes Jahr pilgern Anhänger zu den zwölf Drehorten. Doch seit kurzem ist alles anders.
Endlich Kundschaft. Heute hat sich kein einziger Tourist an Salem Ben Saids Souvenirstand blicken lassen.
"Früher hatten wir 100, 150 Autos am Tag. Jetzt sind wir froh, wenn fünf kommen. Dabei ist doch bei uns nie etwas passiert. Kein Tourist wurde je angegriffen."
Ben Said arbeitet in Onq Jmel im Südwesten Tunesiens. Unter Star-Wars-Fans besser bekannt als Mos Espa, früher ein Touristenmagnet. Doch seit den Anschlägen im Bardo-Museum in Tunis und im Badeort Sousse kommen nur noch wenige Ausländer. Francoise Boisson und seine Frau Yvonne haben sich nicht abschrecken lassen. Sie pilgern trotzdem auf den Spuren von Luke Skywalker durch das Land.
"Es gab Attentate in Spanien, Frankreich, Großbritannien, USA, Kanada, aber keiner hat gesagt, die Touristen sollen nicht mehr hinfahren. Die Leute fahren nach wie vor nach Paris oder London. Warum sollte denn ausgerechnet Tunesien unter diesem Terror leiden."
Das Ehepaar aus Frankreich steht auf dem großen Platz in der Mitte von Mos Espa. Um sie herum kleine, gelbe Lehmhütten mit runden Kuppeln. Sie machen ein paar Fotos von zwei Holzraketen, die vom Dreh übriggeblieben sind. Mos Espa ist in dem Fantasy-Epos der Geburtsort von Anakin Skywalker alias Darth Vader. Die Boissons stehen quasi mitten auf dem Weltraumbahnhof der Stadt.
"Die ganze Einrichtung hier und die Atmosphäre, das gibt dir schon das Gefühl, dass du in dem Film drin bist. Das ist sehr eindrucksvoll. Das nächste Mal kommen wir mit unseren Enkelkindern. Die werden bestimmt noch viel beeindruckter sein als wir."
Wenn Abderrahman Ameur solche Aussagen hört, fangen seine Augen an zu glänzen. Der Mittdreißiger mit grauem Basecap und Kapuzenpulli lebt für Star Wars. Er hat den ersten und einzigen Fanclub Tunesiens gegründet. Rund 200 Fans schart er um sich. Zusammen kümmern sie sich um die Erhaltung der Drehorte.
"Ich muss mich darum kümmern. Das ist unser kulturelles Erbe. Die Leute rufen an und bitten uns, nichts zu verändern. Und die Idee ist, Star Wars wurde hier gemacht, die Drehorte existieren, das sind echte Drehorte und die stehen jedem zur Verfügung."
Ein Fan, so lange er denken kann
Pro Woche hat er etwa drei Anfragen von Fans aus dem Ausland, ob es sicher sei, durch das Land zu reisen. Ameur lädt alle herzlich ein. Wahre Fans versorgt er mit GPS-Daten, um alle zwölf Drehorte zu finden, die zum Teil versteckt in der Wüste liegen.
Ameur liebt Star Wars, solange er denken kann. Eigentlich, so ist er überzeugt, ist er sogar ein Teil des Films:
"Luke Skywalker ist mein Cousin. Ich bin ursprünglich aus Matmata. Ich bin aus Matmata und Luke ist aus Tatooine. Natürlich sind wir verwandt. Ich bin auch ein Jedi."
Matmata alias Tatooine liegt in Zentral-Tunesien. Es ist der Heimatplanet von Luke Skywalker, dem Helden aus den alten Episoden der 70er- und 80er-Jahre. Skywalker ist ein Jedi, ein guter Ritter. Und wie es sich für einen richtigen Jedi gehört, hat er natürlich auch ein Laserschwert.
Mesoud Barshid muss ein bisschen suchen, aber dann hat er es. Barshid arbeitet seit vielen Jahren im Hotel "Sidi Driss" – im Film das Geburtshaus von Luke Skywalker.
"Sie haben unter anderem im Herbst 2000 hier gedreht. Es war eine riesige Mannschaft. Niemand durfte in das Hotel, weil sie alles umgestaltet haben. Eineinhalb Monate sind sie geblieben. Und am Ende kam nicht mal eine halbe Stunde Film raus."
"Sidi Driss" ist in die Erde gebaut. Tageslicht fällt nur durch die kleinen Türen in die Räume. Überall sind Überbleibsel vom Dreh. Plastikschalter, die an das Innere eines Raumschiffs erinnern und von denen die Farbe blättert. An den Wänden hängen Fotos. Sogar von 1977 ist eines dabei, als Schöpfer George Lucas die erste Folge hier drehte. Das ist lange her und viel ist nicht geblieben vom Glanz der Saga.
"Tunesien hat sehr gelitten nach der Revolution. Bei uns gibt es kein Einkommen. Nur den Tourismus. Und der ist nach der Revolution fast vollkommen zum Erliegen gekommen."
Und auch Star Wars ist nach den politischen Umbrüchen von 2010 weggebrochen. Für die neue Episode ist die Crew nach Abu Dhabi ausgewichen. Offiziell aus Sicherheitsgründen. Doch Barshid vermutet einen ganz anderen Grund dahinter: Die Scheichs haben einfach mehr Geld geboten als die Tunesier.