Die fingierte Männer-Ausstellung sei witzig gemacht, aber es sei auch ein "Empörungsgenuss", sagt die "Tagesspiegel"-Journalistin Caroline Fetscher in unserer Mittagssendung: "'Guckt mal, wie doof die Männer sind – und was für einen Schwachsinn die machen.'" Es fehle ein strukturanalytisches Element in dem Video, das sich mit der Genese von Gewalt beschäftige. Die Fetischisierung des Gliedes gebe es schon seit der Antike, aber es entgleise jetzt natürlich in dieser Kommerzwelt, in der es jemand zum Ausweis seiner eigenen Männlichkeit mache, solche Abbildungen im Internet herumschicke. All das werde nur ausgestellt, aber nicht danach gefragt, woher solche Gewaltstrukturen in der Gesellschaft herkämen, so Fetscher.
Jokos und Klaas' Sendung zu Sexismus erntet Kritik
07:50 Minuten
Joko und Klaas zeigen eine TV-Sendung zum Thema Sexismus. Lobenswert. Doch nun tauchen alte Sexismusvorwürfe gegen die beiden Moderatoren wieder auf. Auch an der Sendung selbst hat Sonja Eismann vom "Missy Magazine" einiges auszusetzen.
Eigentlich eine gute Idee: Die beiden TV-Moderatoren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf wollten die 15 Minuten Extra-Sendezeit, die sie sich in einem Duell gegen den Fernsehsender ProSieben erspielt hatten, dazu nutzen, um auf das Thema Sexismus aufmerksam zu machen. Auf Twitter gab es allerdings nicht nur positive Rückmeldungen auf die Sendung "Männerwelten" – sondern auch jede Menge Kritik. Zum einem am Format, in dem nur heterosexuelle, weiße, junge Frauen zu sehen sind.
Andere Twitter-Nutzer verweisen auf einen Filmausschnitt der Sendung Neoparadise aus dem Jahr 2012, in dem Moderator Joko einer jungen Messehostess an Brüste und Po grabscht – im Rahmen einer Challenge, zu der ihn sein Kollege herausgefordert hat. Auf Druck von Publikum und Medien entschuldigten sich die beiden für den Vorfall.
In dem nun als "TV-Ausstellung" bezeichneten Format kommen die beiden Moderatoren allerdings selbst gar nicht zu Wort. Stattdessen führt die Journalistin Sophie Passmann durch ein düsteres Kellergeschoss, darin eine vermeintliche Kunstausstellung: Zu sehen sind beispielsweise eine Wand mit gerahmten Dick-Pics oder Youtube-Videos. Davor stehen prominente Frauen wie Fernsehmoderatorin Jeannine Michaelsen, Rapperin Visa Vie und Model Stefanie Giesinger. Sie zitieren Postings voller sexueller Gewaltfantasien und Erniedrigungswünschen. Solche Nachrichten erhalten sie ständig.
Spiel mit dem Horror- und Gruselfaktor
Es sei "ziemlich absurd", wie man sich im Privatfernsehen eine Ausstellung vorstelle, kommentiert Sonja Eismann, Journalistin und Herausgeberin des feministischen "Missy Magazine", das Setting der Sendung. Mit seinem "Horrorfaktor" im Kellergeschoss erinnere dies noch am ehesten an die Ausstellung "Körperwelten", in der sezierte Menschen gezeigt werden.
Mit dieser Art der Darstellung sage man: "Leute, wir präsentieren etwas ganz Krasses." Und zeige Männer dann als etwas "Abgründiges, Ekeliges", so Eismann. Damit aber mache man es sich zu einfach. Schließlich sei diese Form des Sexismus für viele Frauen keine krasse Ausnahme, sondern leider Alltag.
Narrativ vom unheimlichen Fremden
"Man muss die Leute halt mitnehmen bei dem Thema. Und hier wurde das mit dem Gruselfaktor versucht", sagt Eismann. Damit werde aber auch wieder das Bild des unheimlichen Fremden bedient, der nachts hinter einem Busch einer Frau auflauert. Die meist sexualisierte Gewalt spiele sich aber im "Nahfeld der Frauen" ab. Zudem werde durch solche Darstellungen Weiblichkeit "immer als Körperlichkeit gelesen". Dies sei aber nur ein Blickwinkel auf das Thema.
Sexualisierte Gewalt passiert allen Frauentypen
"Erfrischend" sei dagegen gewesen, dass die Moderatorin Passmann "recht streng" durch die Sendung geführt habe. Auch die anderen Frauen hätten ihren Job "gut gemacht". Dass sie ihre Erfahrungen geteilt haben, lobte Eismann.
"Aber natürlich war es ein Starpersonal." Alle Frauen hätten damit einem ganz bestimmten Typus entsprochen – was auch bei Twitter stark kritisiert wurde. Sexualisierte Gewalt aber passiert allen Frauentypen. Anstelle von attraktiven, heterosexuellen, weißen Frauen hätte man eine größere Bandbreite an Betroffenen zeigen können, auch wenn dies möglicherweise etwas weniger "Glamourfaktor" bedeutet hätte.
(lkn)
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