Vaters Taschenuhr würde er nie verkaufen
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Der berühmteste TV-Schnurrbart gehört Horst Lichter. Erst war er der nette Koch-Onkel, jetzt kümmert er sich in "Bares für Rares" um Trödel. Mit 57 Jahren läuft es gut für Lichter - doch früher drückten ihn Schulden und seine Gesundheit war ruiniert.
Mit Ende 20 hätte für Horst Lichter schon alles vorbei sein können. Der Schuldenberg türmte sich immer höher, sein Körper wollte nicht mehr. Erst ein Hirnschlag, dazu eine halbseitige Lähmung, später noch ein Herzinfarkt. Der Hauskredit musste abbezahlt werden, Horst Lichter hatte deshalb zwei Jobs. Einen im Bergbau, den anderen auf einem Schrottplatz. Der Mann, den die Zuschauer heute als rheinische Frohnatur aus dem Fernsehen kennen, war am Ende.
Zwar hielten die Eltern noch zu ihm, andere wollten mit Horst Lichter nichts mehr zu tun haben: "Natürlich ist mir sehr bewusst, dass sich viele ernsthaft für mich auch geschämt haben."
Alte Möbel von der Straße
Noch mehr Kopfschütteln löste der gelernte Koch aus, als er, finanziell und gesundheitlich für alle sichtbar angeschlagen, ein Restaurant eröffnete. "Oldiethek" hieß der Laden:
"Der Urgedanke war recht einfach. Ich wollte eine Welt schaffen, die ich liebe − alte Autos, Motorräder, Antiquitäten, Trödel und Kunst. Ich musste Tag und Nacht für meinen Traum arbeiten. Es war aber nie gefühlt Arbeit. Das war ja mein Leben, das wollte ich ja. Ich habe halt angefangen, wirklich mit Sperrgut und altem Geschirr, mit Tischen und Stühlen, die an der Straße standen."
Ein geniales Konzept
Den Koch Horst Lichter schätzen bald nicht mehr nur seine Gäste. Auch das Fernsehen wurde auf ihn aufmerksam. Ab 2006 wurde aus dem Koch Horst Lichter der Moderator und Koch Horst Lichter. Er bekam seine erste Kochshow. 2013 dann der ganz große Erfolg. Aus seiner Leidenschaft für Trödel wurde eine ganze Sendung. Mit "Bares für Rares" lockt Horst Lichter in jeder Woche über drei Millionen Zuschauer.
Das Prinzip ist einfach: Menschen kommen mit ihren alten Sachen, mehr oder weniger wertvoll, möchten diese verkaufen. Ein Expertenteam schätzt den Wert. Im besten Fall überbieten sich die Händler, um die Sachen zu ersteigern. Für Horst Lichter ein geniales Konzept:
"Man kann jederzeit reinschalten, ist sofort in einer Geschichte. Mal ist es ein Krimi, mal ist es eine Komödie, mal eine Tragödie. Ich finde faszinierend, warum gibt man etwas weg, obwohl es vielleicht schon Generationen in der Familie ist?"
Kein Diebesgut in der Sendung
Hätten eigentlich die gestohlenen Diamanten aus dem Grünen Gewölbe in Dresden Chance, in der Sendung versteigert zu werden?
"Wir haben mittlerweile unendlich viele Mitarbeiter. Ich glaube, wir haben fast hundert im Büro sitzen, die im Vorfeld kontrollieren. Wo kommt das her? Besitzen sie einen Nachweis? Damit wir kein Diebesgut bekommen. Es ist wahnsinnig viel Arbeit geworden."
Spannend ist für den 57-Jährigen auch, wer da als Verkäufer in seine Sendung kommt. "Ich habe mittlerweile eine gute Menschenkenntnis. Man merkt blitzschnell, ob jemand gierig ist. Er glaubt, er hat einen Schatz. Er will das Geld, möglichst viel. Dann gibt es Menschen, die sind sehr bescheiden. Und für die freue ich mich wahnsinnig, wenn sie viel Geld kriegen."
Die unbezahlbare Taschenuhr
Persönlich hat Horst Lichter sich schon von vielen alten Dingen getrennt. Von seinem Restaurant, den alten Tischen und Stühlen, den Bildern. Viel Geld hat er damit aber nicht verdient. "Im Verkaufen bin ich ganz schlecht."
Von der Taschenuhr seines verstorbenen Vaters aber, davon würde sich Horst Lichter nie trennen. Eine Kaufhausuhr für zehn D-Mark:
"Ich vergesse nie die Geschichte, wie Vater die gekauft hat. Vater brauchte eine Uhr für die Arbeit. Wir waren wirklich arme Leute. Und dann waren die Eltern einkaufen im Kaufhof. Und dann haben sie eine Taschenuhr gesehen, aus Blech. Und ich weiß noch, wie die am Küchentisch abends saßen, darüber Witze gemacht haben. Was das für eine tolle Taschenuhr ist. Sie haben Tränen gelacht darüber. Die habe ich zu Hause, die kann keiner bezahlen."
(ful)