"TV Total"-Comeback

Retro-Fernsehen als Gefühlsanker für die Ü40

06:42 Minuten
Der Entertainer Sebastian Pufpaff sitzt nach der ersten Sendung der wieder aufgenommenen ProSieben-Comedyshow "TV total" im Studio.
Sebastian Pufpaff ist der neue Moderator für die ProSieben-Comedyshow "TV total" © dpa / picture alliance / Henning Kaiser
Matthias Kalle im Gespräch mit Britta Bürger |
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Nach sechs Jahren Pause ist die ProSieben-Show "TV-Total" wieder da. Sebastian Pufpaff sei als Moderator eine Fehlbesetzung, findet Publizist Matthias Kalle. Thomas Lückerath vom Branchendienst DWDL hingegen meint: Pufpaff habe ein genaues Timing.
Nach der Wiederbelebung von "Wetten, dass..?" vergangenen Samstag im ZDF hat auch ProSieben seine erfolgreiche Fernsehshow "TV total" neu aufgelegt. Statt Stefan Raab moderiert nun Comedian Sebastian Pufpaff die Sendung, die nicht mehr als Late-Night-Show, sondern künftig um 20 Uhr15 laufen soll.
Auch wenn "TV total" nun zur Primetime laufe und damit etwas gefälliger sein müsse, bleibe das Format im Prinzip die Stefan-Raab-Show, sagt Medienexperte Matthias Kalle [AUDIO] . Er arbeitet als Publizist und Podcast-Entwickler.
Schwach sei allerdings der Moderator, kritisiert Kalle: "Für mich eine Fehlbesetzung, weil Pufpaff Moderator gespielt hat, statt ein Moderator zu sein. Er hat sich mehr durch die Sendung gebrüllt."
Doch dieser Ansicht widerspricht Thomas Lückerath [AUDIO] . Lückerath ist Chefredakteur beim TV Branchendienst DWDL. Pufpaff beherrsche sein Timing hervorragend. Dies habe man auch schon bei anderen Sendungen, etwa "Noch nicht Schicht" bei 3Sat gesehen. Die Premiere sei erstaunlich gut gewesen, findet Lückerath, "TV Total" habe sich sehr vertraut angefühlt: "Das ist das größte Kompliment, wenn so eine Marke zurückkommt."
Der Medienexperte Thomas Lückerath sitzt in einem weißen Sessel
© imago images / Christoph Hardt
Lückerath ist zuversichtlich, dass die Quote für das Format gut ausfallen wird. Als Kabarettist bringe Pufpaff eine genauere Trennschärfe mit als Stefan Raab, der sich selbst eher als Spaßvogel gesehen habe.
"Das pointierte, durchaus steife Auftreten zusammen mit dem Content, den Pupaff präsentiert, das macht den Reiz aus." Das neue Format ermögliche eine "noch höhere intellektuelle Fallhöhe".

Aktueller Retro-Trend

Neben Innovation gebe es aktuell einen Retro-Trend im Fernsehen, so Lückerath. "TV-Total" vermittle ein Gefühl. In einer unsicheren Zeit gebe man Menschen damit etwas, was sie früher gemocht hätten, "etwas, an dem man sich festhalten kann". Auch andere erfolgreiche Formate hätten das Potenzial für ein Comeback.
Dass zwei ehemals erfolgreiche Sendungen zeitgleich ein Comeback erlebten, die aus einer Zeit ohne Twitter und Podcasts stammten, sei "absurd", findet dagegen Matthias Kalle – zumal "TV total" sich in im neuen Format zum Großteil nur mit "Wetten, dass..?" beschäftigt habe.

Angst vor der TV-Zukunft

Fernsehen mache sich gerade bewusst alt, offensichtlich hätten die TV-Macher Angst vor der Jugend und der Zukunft des Mediums.
Das Motto sei, die über 40-Jährigen noch zu halten mit dem, was sie kennen, so Kalle: "Und dann haben wir noch 30 gute Jahre, bevor wir den Laden dichtmachen – so ungefähr kommt es mir vor."
Das Konzept, dass ältere Zuschauer sich bei "TV Total" an ihre Jugend erinnerten "ohne Twitter, ohne Netflix und ohne Podcasts", könne aufgehen, glaubt Kalle. Doch bei ihm funktioniere das nicht.
"TV total habe ich wirklich nicht vermisst. Bis Weihnachten haben wir es mit Sicherheit – im neuen Jahr müssen wir mal gucken."
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