Twitter-Ankündigung des Innenministers

Horst Seehofer macht den Trump

Horst Seehofer, CSU, tippt etwas in sein Smartphone.
Entspannt zurücklehnen und dann raus mit der Wahrheit: Das sieht gut aus, lieber Host Seehofer! © imago/Sven Simon
Von Peter Zudeick |
"Ich fange wahrscheinlich Ende August selbst das Twittern an", sagt Bundesinnenminister Seehofer von der CSU. Er sehe sich dazu gezwungen, damit seine Wahrheiten in die Öffentlichkeit kommen. Was meint er damit nur?
Schade eigentlich. Schade, dass er die letzte Konsequenz scheut. Wenn so ein großer Staatsmann schon zum brutalsten Mittel der Politik greift, dann aber auch richtig. Und das heißt: Twittern wie Trump. Der hat gerade noch mal so richtig über uns Journalisten hergezogen, weil wir lauter Geschichten erfinden und diese ekelhaften Fake News produzieren, weshalb er uns auch "Feinde des Volkes" nennt. Ja, das muss so sein. Jeder ordentliche Diktator bezeichnet die Medien als Volksfeinde und Fälscher und Verräter, davor sollte der Horst dann auch nicht mehr zurückschrecken.
Tut er ja im Grunde genommen auch nicht. Die Begründung, warum er so unerbittlich zuschlagen will, ist deutlich: "Ich seh mich jetzt gezwungen, weil manche Wahrheiten ich sonst nicht unter eine breitere Bevölkerung bekomme." Klar: Wir Journalisten unterdrücken dem Horst seine Wahrheiten, also muss er sich per Twitter gegen uns wehren. Denn die breitere Bevölkerung, so dürfen wir ihn verstehen, liest weder Zeitung noch hört sie Radio noch guckt sie fern – die breitere Bevölkerung gurkt im Internet rum. Woher der Horst das weiß, weiß ich nicht, aber sei’s drum. Ab sofort erfährt jeder Twitter-Leser, was dem Horst auf den Nägeln brennt.

"Jetzt steht also der böse Seehofer vor Ihnen"

Ob sich das dann so liest, wie es sich in Töging am Inn angehört hat? "Jetzt steht also der böse Seehofer vor Ihnen: Der Mörder, der Terrorist, der Rassist", hat er da gesagt und es wie üblich nicht so gemeint, was aber über Twitter gefährlich werden könnte, denn Ironie kommt im Internet nicht so gut. Am Ende halten die Leute das für ein Bekenntnis.
Auf eins können wir uns aber mit Sicherheit freuen: Auf die Enthüllungsgeschichten von unserem Bayernhorst. Denn er hat in Töging auch gesagt: "Die Leute müssen mal wissen, was da jeden Tag abgeht." Es ist ein bisschen rätselhaft, was er damit meint. Will er der Twitter-Gemeinde erzählen, was für böse Sachen über ihn getwittert werden? Und dann sagen: Ich bin aber gar nicht so? Ja, kann man machen. Oder will er erzählen, was in seinem Ministerium tatsächlich abgeht und in der Regierung? Wie er am Kabinettstisch immer als Mörder, Terrorist und Rassist beschimpft wird, worüber natürlich kein Journalist berichtet und wogegen ihn natürlich kein Medium in Schutz nimmt?
Will er der breiteren Bevölkerung erzählen, wie das wirklich war mit dem "Masterplan" und dass er ihn selbst bis heute nicht ganz gelesen hat und er nur die Hälfte von dem versteht, was seine Beamten ihm auf Geheiß von dem Söder da reingeschrieben haben? Und wie die Merkel ihn hat auflaufen und abblitzen lassen und jetzt abgetaucht ist, damit er die Suppe alleine auslöffelt? Das sind sie doch, die Hintergrundgeschichten, auf die das Publikum wartet und die wir Journalisten alle nicht schreiben, weil wir zu dumm zum Recherchieren sind.
Vielleicht meint er ja auch was ganz anderes mit "was da jeden Tag abgeht". Nämlich die Redaktionsstuben. Enthüllungsstorys über die Nachrichtenfälscher bei Zeitungen, Funk und Fernsehen? Das wär schön. Dann hätten wir endlich mal wieder richtig was zum Lachen. Ich kann das Ende des Monats kaum erwarten.
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