Ganz gesittet die Welt verändern
Der irische Auslandskorrespondent freut sich über die Sittsamkeit der meisten deutschen Demozüge. Der Kollege aus dem Iran fühlt sich an Rituale erinnert. Und die Kollegin aus den USA amüsiert sich über die Kuriositäten deutscher Protestkultur.
Derek Scally aus Irland:
"Dafür liebe ich Deutschland: Man muss Dampf ablassen, man soll und kann auf die Straße gehen. Aber es geht nicht so heiß her wie in Frankreich, es werden keine Kadaver von Tieren ins Fenster vom Landwirtschaftsministerium geschmissen. Es ist oft wie ein gesitteter Spaziergang, aber die Leute sind da! Wie so oft in Deutschland, alles ist sehr gut geregelt. Ich finde es fast rührend, dass Leute denken, wir sind nur 200 Leute und stehen im Regen, aber vielleicht können wir auch die Welt verändern."
Oliver Towfigh Nia aus dem Iran:
"Man hat das Gefühl, Demonstrationen sind schon zu einer Art Ritual geworden, ohne dass ich das abwerten möchte. Es ist oft ein Event. Gerade die Leute, die aus den kleineren Ortschaften aus Bayern oder Baden-Württemberg nach Berlin kommen, für die ist das natürlich ein Highlight. Die sind dann fasziniert von einer Demonstration gegen Rassismus, wo man mit Reggae-Musik durch die Straßen marschiert."
Melissa Eddy aus den USA:
"Die Deutschen können aus einer Demonstration sehr gut ein Happening machen, sehr bunt, sehr laut. Ich meine die Love-Parade war am Anfang auch eine Art von Demo, was man wieder belebt hat mit der Anti-AFD-Demo, auch sehr bunt. Als ich während des Irak-Krieges in Frankfurt war, da gingen Schüler auf die Straße und haben gegen Amerika demonstriert. Das war interessant, weil die dabei alle ihr Basecup aufgehabt haben, ihre Nikes und ihre Lewis-Jeans trugen und dann laut gegen Amerika brüllten. Da musste ich mich echt zusammenreißen, um nicht zu sagen: 'Eh, Leute, da solltet ihr vielleicht 'mal drüber nachdenken!'"