Im Spannungsfeld der Zensur
Am Vorabend seines 80. Geburtstags strahlte die ARD eine lange Dokumentation über Udo Jürgens aus. Die beiden Autoren Michael Wech und Hanns-Bruno Kammertöns haben nun ein weiteres Kapitel im Leben des Sängers durchleuchtet: sein zwiespältiges Verhältnis zur DDR.
Der Film "Udo Jürgens – eine Reise durch die Zeit" wird erstmals an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im MDR-Fernsehen ausgestrahlt. Filmemacher Michael Wech berichtet zuvor in der Tonart am Nachmittag über das Verhältnis von Udo Jürgens und der DDR.
Insgesamt viermal besuchte der Sänger das Land, meist nur für ein Konzert: 1964, 1967, 1976 und 1987. An der Grenze zwischen Schlager und politischem Liedermacher komponierte Jürgens auch immer wieder Lieder, die auf die besonderen Verhältnisse in der DDR gemünzt waren: "Sperr mich nicht ein (wenn Du mich wirklich liebst)", "Atlantis" oder "Bruder, warum bist Du nicht mein Bruder".
Im Spannungsfeld der Zensur
Jürgens bewegte sich bei seinen DDR Besuchen immer im Spannungsfeld der Zensur. "Am Anfang hat die DDR Führung verkannt, dass Jürgens sehr wohl eine politische Message hat", sagte Filmemacher Michael Wech in der Tonart am Nachmittag.
Der DDR Führung war er als Österreicher willkommen, dennoch wollte man kritische Bemerkungen von Jürgens auf der Bühne vermeiden. Immer wieder entschloss er sich daher für das aus seiner Sicht kleinere Übel, auf bestimmte Lieder in seinem Programm zu verzichten.
Musikalische Kritik
Besonders argwöhnisch reagierte die Stasi anlässlich des Jürgens Konzert im September 1976, nur wenige Monate nach der Ausweisung von Wolf Biermann. "Die DDR Führung versuchte, mit dem Jürgens-Konzert vom Ärger rund um Wolf Biermann abzulenken", so Wech. Die Stasi beschatte Jürgens im Vorfeld um herauszufinden, ob er sich über Biermann äußert. In diesem Fall wäre das 76er-Konzert abgesagt worden. Aber es fand statt, und Jürgens äußerte seine Kritik musikalisch - mit den Songs: "Wir singen für Dich" und "Es war einmal ein Luftballon".
Der Filmemacher sieht in Jürgens "eine Sehnsuchtsfigur für die DDR". Wech resümiert: "Der Film sagt viel über Jürgens, aber noch mehr über die DDR."