Udo Lindenberg: "Live vom Atlantik"

"Gib uns mehr Udopium!"

Udo Lindenberg steht auf dem Rahschoner Mare Frisium neben der Elbphilharmonie am Rande einer Pressekonferenz, auf der er Einblicke in sein neues Album gab
Udo Lindenberg hat sein zweites MTV-Unplugged-Album herausgebracht. © picture alliance / Georg Wendt / dpa
Von Raffaela Jungbauer · 13.12.2018
Alice Cooper, Gentleman oder Maria Furtwängler: Auf dem neuen Album "Live vom Atlantik" von Udo Lindenberg sind sie und andere bekannte Künstler gesanglich mit an Bord. Und von Ruhestand will Udo mit 72 Jahren noch nichts wissen.
Berlin. Ein imposanter Bau, Kategorie: Fünf-Sterne. Udo Lindenberg, der Mann, der selbst seit Jahrzehnten im Hotel Atlantic in Hamburg lebt, lädt mich passenderweise auch hier in ein Hotel ein. Wir wollen über sein zweites MTV Unplugged sprechen, auf dem er mit einer Vielzahl an Gästen insgesamt 27 Songs performt, unter anderem die Single "Durch die schweren Zeiten" aus seinem letzten Nummer 1 Album "Stärker als die Zeit".
Udo empfängt mich in einem recht kleinen Räumchen, zurückgelehnt, schön entspannt auf einer Ledercouch und macht alles, was ein Lindenberg so macht: mit dem Hut wackeln, ohne Sonnenschein eine Sonnenbrille tragen und in seiner gewohnt lässigen Art Anekdoten um sich werfen. Warum eigentlich gibt es nun ein zweites MTV-Unplugged-Album von ihm?
"Das war eben so ne Art Straßenbegehren, um nicht zu sagen 'Volksbegehren'. Wenn die Leute auf der Straße sagen: Ey, wir brauchen neuen Stoff, gib uns mehr Udopium! Und ach ja, ich wollte immer schon mal singen mit Marteria, Gentleman, und natürlich mit Alice Cooper und mit Maria Furtwängler und mit Julia und Angus Stone! Und dann hab ich gedacht, da ist ein großes Abenteuer – ich lass mich darauf ein, ich mach das mal!"

Gegen Ausgrenzung aller Art

Aufgenommen wurde das Spektakel in Hamburg auf Kampnagel, im großen Saal mit dennoch nur 600 Plätzen. Das ist für Lindenberg-Verhältnisse ganz schön klein. Und diese recht intime Atmosphäre füllt er mit Liedern, die man nicht zwangsläufig in der Auswahl erwartet hätte. Teilweise ganz frühe Stücke, aus den Anfängen seiner Karriere in den 70ern, teilweise allerdings auch sehr neue wie "Wir ziehen in den Frieden", seine diesjährige Single gegen Diskriminierung. Zu Beginn des Liedes lässt Udo Lindenberg den elfjährigen Jonathan von der Gruppe "KIDS ON STAGE" den Artikel 3 des Grundgesetzes verlesen. Dieser richtet sich klar gegen Ausgrenzung aller Art.
Neben politischen Anliegen wie diesem steht das Konzert aber vor allem für Unbeschwertheit und Abwechslung. Da kommt ein Popsänger wie Andreas Bourani dazu, dann rappt plötzlich Marteria. Tatortkommissarin Maria Furtwängler gibt ihr Gesangsdebüt im Udo-Look mit Hut und Brille. Das australische Songschreibergeschwisterpaar Angus und Julia Stone hat ein Lied von Lindenberg teilweise ins Englische übersetzt und interpretiert es mit ihm mit zartem Gesang und Mundharmonika. Und eine weitere herrliche Situation ist ein Duett mit Alice Cooper: "No More Mr. Nice Guy" singen sie da zusammen, zwei Schockrocker – wie sie einst beide betitelt wurden – heute gar nicht mehr so schockierend, sondern einfach nur sympathisch.
"Also das Abenteuer in der Musik, ne? Was passiert, wenn Alice Cooper und ich zusammen singen, wie das abgeht und so. Und den auch ein bisschen genauer kennenlernen und so. Wir kennen uns noch aus den nebeligen Zeiten früher, aus den alkoholischen. Sehr erfolgreicher Alkoholiker war er ja auch mal, genauso wie ich früher. Und da hat sich das so eingestellt. Also viele Parallelitäten so."

Gemeinsamer Lobgesang auf Norddeutschland

Viele Parallelen hat er inzwischen auch mit Deutschlands Vorzeige-Nasal-Stimme Jan Delay. Die beiden singen zusammen Udos ersten richtigen Hit aus den 70ern, einen Lobgesang auf Norddeutschland. Und als ich da so mit Udo Lindenberg auf dem Sofa sitze, stellt sich heraus, dass Udo Jan Delay virtuos und ungefragt immitieren kann.
"Ja Jan Delay, alles klar, was geht ab Alter, was geht ab," immitiert er Jan Delay, "Jan Delay ist ein alter Freund und Geheimrat. Wir treffen uns ja öfter mal und so. Und als er dann hörte, wir machen den Song 'Hoch im Norden' – das ist ja so seine Babykost."
Diese Babykost wird von den beiden herzlich und energiegeladen vorgetragen und ist damit einer der Höhepunkte dieses Konzertmarathons. Am Ende bleibt der Eindruck von einem Lindenberg, der immer noch will, der immer noch die Nähe zu seinen Fans genießt, und so wird man dann auf der DVD auch sehen, wie er teilweise im Liegen im Publikum singt und den Fans ganz, ganz nahe kommt.
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