"Hallo, Angela!"
Bei der SPD wird konsequent geduzt. Doch was unter Genossen eine Selbstverständlichkeit ist, ist zwischen Abgeordneten verschiedener Parteien und zwischen Politikern und Journalisten immer eine Frage von gebotener Distanz und vertretbarer Nähe.
Das Jakob-Kaiser-Haus in Berlin. Hier haben die meisten Abgeordneten des deutschen Bundestages ihre Büros, nicht nur von einer Partei, sondern fast von allen. Journalisten gehen ein und aus. An so einem Ort stellt sich ständig die Frage von Nähe und Distanz - zwischen Politikern verschiedener Parteien, aber auch zwischen Politikern und uns, den Journalisten. Wer nachfragt, kommt schnell zum Schluss, innerhalb der jeweiligen Systeme funktioniert das mit dem Duzen und Siezen fast wie in jedem Betrieb. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol:
"Es gibt hier, wie in jeder anderen Firma, in der man zum Beispiel arbeitet auch, die ganz natürliche Situation, dass, je länger man sich kennt, man auch über Parteigrenzen hinweg irgendwann das Du anbietet, wenn man sich gegenseitig sympathisch ist und wenn man der Meinung ist, das kann man tun."
Diese Nähe hilft dann auch im täglichen Geschäft, sagt Bartol, wenn es z.B. um schnelle Absprachen geht. Auf dem runden Tisch in der Mitte seines Büros stehen Wasser und Kaffee, in roten Tassen, irgendwie fast ein sozialdemokratisches Klischee – so wie das Genossen-Du. In der SPD gibt es nämlich im Vergleich zu anderen Parteien kein "Sie".
Bartol: "Ich kann mich noch erinnern, als ich jung war und Juso, wenn man dann auf Parteitage kommt und dann stehen da irgendwelche gestandene Ministerpräsidenten vor einem oder der Bundeskanzler damals und man kann dann einfach sagen, ‚Hallo Gerd‘, das ist natürlich auch etwas Besonderes, aber es erfordert auch am Anfang Überwindung."
"Es gibt hier, wie in jeder anderen Firma, in der man zum Beispiel arbeitet auch, die ganz natürliche Situation, dass, je länger man sich kennt, man auch über Parteigrenzen hinweg irgendwann das Du anbietet, wenn man sich gegenseitig sympathisch ist und wenn man der Meinung ist, das kann man tun."
Diese Nähe hilft dann auch im täglichen Geschäft, sagt Bartol, wenn es z.B. um schnelle Absprachen geht. Auf dem runden Tisch in der Mitte seines Büros stehen Wasser und Kaffee, in roten Tassen, irgendwie fast ein sozialdemokratisches Klischee – so wie das Genossen-Du. In der SPD gibt es nämlich im Vergleich zu anderen Parteien kein "Sie".
Bartol: "Ich kann mich noch erinnern, als ich jung war und Juso, wenn man dann auf Parteitage kommt und dann stehen da irgendwelche gestandene Ministerpräsidenten vor einem oder der Bundeskanzler damals und man kann dann einfach sagen, ‚Hallo Gerd‘, das ist natürlich auch etwas Besonderes, aber es erfordert auch am Anfang Überwindung."
Froh über das Sie
Unvorstellbar für Mitglieder anderer Parteien:
Connemann: "Ich bin unglaublich froh, dass ich nicht das Genossen-Du leben muss."
Sagt Gitta Connemann, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende. Sie kommt an diesem Morgen etwas gehetzt in ihr Büro mit vielen Taschen und Tüten. In einer halben Stunde beginnt die Debatte im Plenum. Es ist der letzte Tag der Sitzungswoche. Nach der Plenarsitzung geht es für sie in ihren norddeutschen Wahlkreis zurück.
Connemann: "Wo es noch ein bisschen anders ist. Da gibt es viele Menschen, die dann schon von weit rufen ‚Haalllooo Gitta, moin‘. Da denke ich, och, da bleibste lieber beim Du, obwohl ich die Person vielleicht gar nicht kenne."
Im Politikbetrieb gibt es für Connemann hingegen Grenzen:
Connemann: "Persönlich habe ich Duz-Freunde in allen Fraktionen. Mit einer Ausnahme, der AfD."
Connemann und ich sprechen an diesem Tag das erste Mal miteinander. Wir sind uns nicht unsympathisch, kommen sofort ins Gespräch. Trotzdem: Wir bleiben beim Sie. Mir wäre es sogar unangenehm, würde sie mir das "Du" anbieten. Denn sobald die Systeme Journalismus und Politik aufeinandertreffen, wechselt der Beziehungsstatus zu "es ist kompliziert":
Connemann: "Ja, ich glaube, dass ich mit Journalisten ein Stückchen anders umgehe als mit Fraktionskollegen und die wahrscheinlich auch mit mir. Wir machen viele Termine zusammen, aber wir arbeiten nicht zusammen, sondern ein Journalist, eine Journalistin hat die Aufgabe mich zu kontrollieren, das ist gut so."
Connemann: "Ich bin unglaublich froh, dass ich nicht das Genossen-Du leben muss."
Sagt Gitta Connemann, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende. Sie kommt an diesem Morgen etwas gehetzt in ihr Büro mit vielen Taschen und Tüten. In einer halben Stunde beginnt die Debatte im Plenum. Es ist der letzte Tag der Sitzungswoche. Nach der Plenarsitzung geht es für sie in ihren norddeutschen Wahlkreis zurück.
Connemann: "Wo es noch ein bisschen anders ist. Da gibt es viele Menschen, die dann schon von weit rufen ‚Haalllooo Gitta, moin‘. Da denke ich, och, da bleibste lieber beim Du, obwohl ich die Person vielleicht gar nicht kenne."
Im Politikbetrieb gibt es für Connemann hingegen Grenzen:
Connemann: "Persönlich habe ich Duz-Freunde in allen Fraktionen. Mit einer Ausnahme, der AfD."
Connemann und ich sprechen an diesem Tag das erste Mal miteinander. Wir sind uns nicht unsympathisch, kommen sofort ins Gespräch. Trotzdem: Wir bleiben beim Sie. Mir wäre es sogar unangenehm, würde sie mir das "Du" anbieten. Denn sobald die Systeme Journalismus und Politik aufeinandertreffen, wechselt der Beziehungsstatus zu "es ist kompliziert":
Connemann: "Ja, ich glaube, dass ich mit Journalisten ein Stückchen anders umgehe als mit Fraktionskollegen und die wahrscheinlich auch mit mir. Wir machen viele Termine zusammen, aber wir arbeiten nicht zusammen, sondern ein Journalist, eine Journalistin hat die Aufgabe mich zu kontrollieren, das ist gut so."
Journalisten und die kritische Distanz
Ja, das ist wirklich gut so. Sagt auch Sören Bartol. Wir kennen uns schon eine Weile. Bartol ist für das Thema Verkehr zuständig, über das ich vergangene Legislatur berichtet habe. Oft haben wir uns bei Kaffee aus roten Tassen über Maut und Diesel unterhalten. Die Gespräche driften aber auch manchmal ab ins Private, Kinder, Freizeit, etc.
"Wie ist denn das hier in Berlin mit Journalisten? Also muss man sich da Regeln setzen?"
Bartol: "Mit aller Kritik und allem Verständnis kommt es auch dazu, wenn man sich lange kennt, dass man sich mal duzt, das finde ich auch persönlich nicht schlimm. Aber die kritische Distanz, die darf natürlich nicht leiden. Also insofern darf das nicht in so einem, wir treffen uns jetzt jede Nacht und machen bis elf Uhr, trinken unser Bier und dann krieg ich einen schönen Bericht und du kriegst ein paar schöne Informationen. Das sollte nicht passieren."
Vielleicht ein Vorteil Berlins gegenüber des alten Regierungssitzes Bonn: Es ist so groß, die Wahrscheinlichkeit, sich abends in der Kneipe zu treffen ist ziemlich gering. Und auch wir Journalisten haben unsere Methoden. Ich habe mir mal selbst die Regel auferlegt, Politiker oder auch ihre Sprecher nicht zu duzen. Aber Regeln gibt es selten, ohne, dass sie gebrochen werden. Da gibt es die Politiker, die du schon lange kennst, da gibt es die Sprecher, die vorher im Journalismus waren, mit denen ich befreundet bin. Ich frage bei den Kollegen im Hauptstadtstudio nach.
"Wir duzen uns ja sehr schön, aber mich würde interessieren, wie ihr persönlich das in diesem Betrieb hier haltet?"
"Wie ist denn das hier in Berlin mit Journalisten? Also muss man sich da Regeln setzen?"
Bartol: "Mit aller Kritik und allem Verständnis kommt es auch dazu, wenn man sich lange kennt, dass man sich mal duzt, das finde ich auch persönlich nicht schlimm. Aber die kritische Distanz, die darf natürlich nicht leiden. Also insofern darf das nicht in so einem, wir treffen uns jetzt jede Nacht und machen bis elf Uhr, trinken unser Bier und dann krieg ich einen schönen Bericht und du kriegst ein paar schöne Informationen. Das sollte nicht passieren."
Vielleicht ein Vorteil Berlins gegenüber des alten Regierungssitzes Bonn: Es ist so groß, die Wahrscheinlichkeit, sich abends in der Kneipe zu treffen ist ziemlich gering. Und auch wir Journalisten haben unsere Methoden. Ich habe mir mal selbst die Regel auferlegt, Politiker oder auch ihre Sprecher nicht zu duzen. Aber Regeln gibt es selten, ohne, dass sie gebrochen werden. Da gibt es die Politiker, die du schon lange kennst, da gibt es die Sprecher, die vorher im Journalismus waren, mit denen ich befreundet bin. Ich frage bei den Kollegen im Hauptstadtstudio nach.
"Wir duzen uns ja sehr schön, aber mich würde interessieren, wie ihr persönlich das in diesem Betrieb hier haltet?"
Mit Mikrofon gibt es nur das Sie
Manche sagen, sie wollen die Distanz zu den Politikern wahren, ein "Du" gibt es – auch bei aller Sympathie – nicht.
"Ich mach das ehrlich gesagt auch sehr ungern."
Meint Nadine Lindner. Andere, dazu gehöre auch ich, versuchen es mit einer Art Persönlichkeitsspaltung. Falk Steiner erzählt:
"Tatsächlich versuche ich das immer zu vermeiden, dass ich on Air in irgendeiner Form per Du bin. Das ist tatsächlich etwas, also mit Politikern grundsätzlich immer im ´Sie`, also sobald ich selber das Mikrofon hinhalte, den Aufnahmeknopf drücke."
Am Ende ist es also dann doch wieder, wie in jedem Betrieb: Jeder muss selbst wissen, wie er oder sie es hält.
"Ich mach das ehrlich gesagt auch sehr ungern."
Meint Nadine Lindner. Andere, dazu gehöre auch ich, versuchen es mit einer Art Persönlichkeitsspaltung. Falk Steiner erzählt:
"Tatsächlich versuche ich das immer zu vermeiden, dass ich on Air in irgendeiner Form per Du bin. Das ist tatsächlich etwas, also mit Politikern grundsätzlich immer im ´Sie`, also sobald ich selber das Mikrofon hinhalte, den Aufnahmeknopf drücke."
Am Ende ist es also dann doch wieder, wie in jedem Betrieb: Jeder muss selbst wissen, wie er oder sie es hält.